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Bei den Marinetauchern handelte es sich um echte Profis. Zwei von ihnen waren damals als erste zur »Estonia« hinuntergestiegen. Die Bergung der Leichen aus dem Flugzeug war nicht schwierig, und sie machten sich sofort an die Arbeit.

Inzwischen war es halb sieben, aber es würde noch mindestens anderthalb Stunden hell bleiben. Man ging davon aus, daß die Zeit reichen würde. Und sie reichte tatsächlich.

Sieben Leichen wurden hochgezogen. Fünf Männer, eine Frau und ein Junge von zwölf oder dreizehn Jahren. Die Identifizierung war problemlos, außer dem Jungen hatten alle ihre Ausweispapiere bei sich.

Kristina und Maria notierten Namen und Adressen für die Telefonate mit den Angehörigen.

Der Pilot Fredrik Stolle, wohnhaft in Ängelholm, war zweiunddreißig Jahre alt.

Anders Lalleholm, wohnhaft in Stockholm, fünfunddreißig Jahre.

Lars Fältgård, Djursholm, einundfünfzig.

Erik Jönsson, Söderköping, einundzwanzig.

Ninni Larsson, Stockholm, fast siebzehn.

Und dann der Junge. Ohne Ausweis, offenbar auch ohne Gepäck.

Ein schwarzhaariger Junge mit regelmäßigen Zügen, seine Haut war viel zu dunkel für einen Europäer und zu hell für einen Afrikaner. Vermutlich stammte er aus Asien, vieles sprach für Indien.

Wie war der Junge in das Flugzeug geraten? War er allein gereist? Und wenn nicht, mit wem?

Hatten die Verunglückten etwas mit der Firma zu tun, die das Flugzeug gemietet hatte? Hatten sie etwas miteinander zu tun? Fragen über Fragen.

Die Bedingungen waren nicht gerade ideal für weitere Nachforschungen. Längst hatten die Medien sich am Unglücksort eingefunden, denn die Opfer waren keine Unbekannten. Um etwas herauszubekommen, mußte man nicht die Polizei fragen; man zog es vor, sie zu ignorieren.

Beata Viklund, genannt »das Loch«, die Starreporterin des Abendblattes, tat so, als hätte sie Kristina nicht gesehen. Für sie war die Sache klar. Prominente, Beinahe-Prominente und ein alleinreisender Junge, das roch auf tausend Meter Entfernung nach Pädophilie.

Kristina begriff, daß sie es nicht schaffen würde, mit den Angehörigen zu sprechen, bevor die Medien sich auf sie stürzten. Das hatte auch sein Gutes, wenn es in dieser Situation überhaupt etwas Gutes gab.

Sie würde dann ganz in Ruhe mit den Hinterbliebenen reden. Das war ihre Aufgabe. Es war der einzige Weg, etwas über den unbekannten Jungen herauszufinden, dessen Leiche, mit einer Plastikplane bedeckt, auf den Abtransport zum Krankenhaus Huddinge wartete.

Trotzdem bat sie Maria, ihr die Telefonnummern der Opfer zu besorgen. Das ging schnell. Sie versuchte, die Angehörigen zu erreichen, hörte aber bei allen nur das Besetztzeichen. Schließlich meldete sich die Ehefrau von Fredrik Stolle. Der Pilot war weniger bekannt und weniger interessant als die anderen Toten. Aber auch hier kam Kristina zu spät. Kaum hatte sie ihren Namen genannt, als die Frau, deren harter Akzent die Müdigkeit in ihrer Stimme noch verstärkte, ihr antwortete, sie sei bereits informiert. Dann wurde der Hörer aufgelegt.

Die Mediengesellschaft hat jedenfalls den Vorteil, daß man sich als Überbringer schlechter Nachrichten nicht mehr einsam zu fühlen braucht.

Der sechste Passagier

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