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30 | Spezies Mitmensch

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Handelt nach dem wahrhaft königlichen Gesetz, wie es in den Heiligen Schriften steht: „Liebe deinen Mitmenschen wie dich selbst!“ Dann tut ihr recht.

JAKOBUS 2,7 (GUTE NACHRICHT)

Sie sind keine Seltenheit. Ich finde sie überall dort, wo Menschen sind. Meine potenziellen Mitmenschen. Die potenziellen Herausforderer meiner Nächstenliebe … Sie können mir nahestehen, aber auch Unbekannte sein. Meinen Weg zur Arbeit kreuzen, mir beim Einkauf begegnen oder jeden Tag mit mir zusammen essen.

Meinen Mitmenschen suche ich mir in den meisten Fällen nicht aus. Das macht es umso schwieriger. Denn mein Nächster kann ganz schön unbequem, kompliziert, launisch, überheblich und nervtötend sein. Er kann mir meinen Parkplatz klauen, mich auf der Straße anrempeln, im Wartezimmer laut telefonieren, mich an der Supermarktkasse ankeifen … Kein Problem – ich liebe ja. Und zwar jeden! Die Nächstenliebe ist mein Schutzpanzer. Pustekuchen!

In Wirklichkeit muss ich mich zusammenreißen. War irgendwie klar, dass das mal wieder so ein Gebot ist, das mein Ego herausfordert. Und obwohl das Gebot keine Bestandsaufnahme ist, sondern eine Aufforderung, ziehe ich Bilanz. Ernüchternd. Eine klaffende Lücke zwischen Möchtegern und Realität.

Das Gebot ist radikal. Es heißt nicht: Reg dich nicht über andere auf, schlucke einfach, geh Tunichtguten aus dem Weg, poche nicht auf dein Recht, bleib trotzdem freundlich und steh drüber. Das wäre schon herausfordernd genug. Auf dem Status quo zu verbleiben. Aber meinen Nächsten zu lieben geht weit darüber hinaus. Typisch Jesus. Es heißt, tatsächlich zu lieben.

Muss ich dafür kämpfen, andere lieben zu können? Kann man Nächstenliebe herbeizwingen? Echte Nächstenliebe kann man jedenfalls nicht einfach aufsetzen, nach dem Motto: Gott verlangt von mir, den Blödmann da zu lieben, also strenge ich mich jetzt mal an! Und sicher heißt es auch nicht, leidgeplagt (aber dabei in voller Überzeugung, demütig zu sein) ständig das Nachsehen haben zu müssen.

Mitmenschen lieben ist nichts für Opfertypen, die ihren eigenen Vorteilen nachtrauern. So was hat nichts mit echter Nächstenliebe zu tun. Ich glaube nämlich, dass echte Nächstenliebe nicht bedeutet, dass man sich eingeschränkt fühlt. Es ist vielmehr eine Befreiung aus dem Ego-Käfig.

Was muss passieren, damit ich wenigstens annähernd nach diesem Gebot leben kann? Etwas auf meiner Verhaltensebene zu ändern bringt da wohl rein gar nichts. Ich schätze, das kommt aus einer veränderten inneren Haltung heraus – und die kann ich nicht von jetzt auf gleich bekommen. Da bin ich auf Gott angewiesen. Er macht, dass mein Herz mitgeht, wenn mein Blick von mir selbst weg auf andere Menschen geht. Und dann macht es hoffentlich „klick“.

Natalie Enns

Keine halben Sachen

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