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35 | Barmherzigkeit tut not

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Seid barmherzig, wie auch euer Vater barmherzig ist.

LUKAS 6,36 (LUTHER 1984)

Barmherzigkeit wird von allen großen Religionen und Weltanschauungen gefordert. Aber was ist Barmherzigkeit? Barmherzigkeit heißt doch, dass ich mein Herz dem Menschen öffne, dem es nicht so gutgeht wie mir. Der Barmherzige gibt etwas von dem ab, was ihm gehört. Er gleicht einen Mangel aus. Aber passt das überhaupt noch in die heutige Welt?

Der Lieblingsspruch eines ehemaligen Kollegen lautete: „Wenn jeder für sich selbst sorgt, ist für alle gesorgt.“ Aber stimmt das? Ich denke, es ist ein ganz großes Geschenk, wenn wir für uns selber sorgen können. Aber kein Mensch weiß, wie sein Leben weiter verlaufen wird. Manchmal kann es ganz schnell gehen, dass wir auf Hilfe angewiesen sind. Und dann sind wir froh, wenn andere für uns da sind.

Nicht nur für sich leben ist befreiend, weil wir dadurch das Kreisen der Gedanken um uns selbst durchbrechen können. Barmherzig sein muss gar nicht mit großen Dingen einhergehen, sondern kann oft im Verborgenen stattfinden. Schon eine kleine Geste, ein Lächeln, kann manchmal Wunder bewirken. Die Grundlage für Barmherzigkeit ist Respekt. Respekt für den Menschen, mit dem es das Leben nicht so gut meint wie mit mir. Gerade in unserem Umgang mit Kranken, alten oder wirtschaftlich schwachen Menschen können wir erkennen, wie viel Respekt wir für andere haben. Oft sind wir voller Vorurteile, wenn wir Dinge bemerken, die wir nicht einordnen können. Ein Beispiel: Ein älterer Mann geht morgens schwankend auf der Straße und fällt hin. Schnell denkt man: Der Alte hat aber früh angefangen zu trinken. Die Wirklichkeit ist aber ganz anders. Da ist Diabetes, Fehlsichtigkeit oder ein miserabler Zustand mancher Bürgersteige die Ursache.

Barmherzigkeit fängt im Kopf an. Wie sehen und begegnen wir anderen Menschen? Statt schnell unseren Vorurteilen nachzugehen, lohnt es sich, genauer hinzusehen und anderen Menschen mit Respekt zu begegnen. Dann ist es auch nur noch ein kleiner Schritt zur praktizierten Barmherzigkeit.

Ulrich Römer

Keine halben Sachen

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