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2. Multilaterale Abkommen

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a) Erheblich größere Bedeutung haben multilaterale Abkommen.

Ein Hinweis zur Arbeitstechnik in der Praxis: Die amtliche Quelle, um für völkervertragliche, vor allem für multilaterale Abkommen die Geltung für die Bundesrepublik Deutschland sowie im Verhältnis zu bestimmten Staaten zu prüfen – beachte aber, dass zahlreiche Abkommen als „loi uniforme“ unabhängig von der Geltung in einem anderen am Fall beteiligten Staat anwendbar sind – ist der „Fundstellennachweis B zum Bundesgesetzblatt II“, in dem jährlich der Stand der Geltungsbereiche aller Abkommen, welche die Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt hat, chronologisch nach dem Zeichnungsdatum der Abkommen aufgelistet ist. Zwischenberichte finden sich regelmäßig in der IPRax. Nicht im Fundstellennachweis B finden sich naturgemäß Völkerverträge, denen Deutschland nicht angehört, die aber in der Rückverweisungsprüfung als IPR einer vom deutschen IPR verwiesenen Rechtsordnung anwendbar sein können. Für Haager Abkommen (Rn 96 ff) findet sich die aktuellste und nicht von der Geltung für Deutschland abhängige Information zu Zeichnung, Ratifikation und Vorbehalten auf www.hcch.net unter dem „status table“ der jeweiligen „convention“.

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b) Die Haager Abkommen sind das Ergebnis der Sitzungen der Haager Konferenzen, die, zurückgehend auf eine Initiative der niederländischen Regierung im Jahr 1874, seit 1893 auf 18 Sessionen in zunächst unregelmäßiger, seit 1956 in 4-jähriger Folge stattgefunden haben. Die von Regierungsdelegationen auf den Haager Konferenzen ausgehandelten Abkommen werden von den Mitgliedsstaaten nach dem jeweiligen für völkerrechtliche Verträge vorgesehenen Verfahren ratifiziert (in Deutschland bedarf es also eines Ratifikationsgesetzes des Bundes, Art. 59 Abs. 2 S. 1, 77 Abs. 1 GG). Haager Abkommen treten nach Ablauf einer bestimmten Frist, nachdem eine jeweils bestimmte Anzahl von Vertragsstaaten das Abkommen ratifiziert hat, in Kraft.[76] Soweit ein Haager Abkommen (oder ein anderes völkerrechtliches Übereinkommen) in die Gesetzgebungszuständigkeit der EU fällt, kann diese nach Art. 216, 47 EUV, Art. 335 AEUV selbst Vertragspartner sein; erforderlich ist jedoch, dass auch das Abkommen den Beitritt von Regionalen Verbünden souveräner Staaten gestattet (so Art. 24 Haager Unterhaltsstatutprotokoll 2007[77]). In anderen Fällen muss die EU die Mitgliedstaaten zur Ratifikation ermächtigen (so geschehen beim KSÜ). Nach Ansicht des EuGH[78] ist bei Abkommen, die in die Gesetzgebungszuständigkeit der EU fallen, auch dann, wenn die EU selbst nicht Vertragspartei ist, das Einverständnis der EU in Vertragsänderungen (zB Beitritt eines Drittstaats) erforderlich, so dass hierüber die EU-Organe beschließen müssen, ehe die Mitgliedstaaten völkerrechtlich zustimmen können.[79]

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Die Europäische Union hat derzeit folgende kollisionsrechtlich bedeutsame Haager Abkommen auch für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft gesetzt (zu Haager Abkommen im Internationalen Prozessrecht Rn 1645 ff):

Haager Protokoll über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 23.11.2007, ABl. EU 2009 L 331/17 (Haager Unterhaltsstatutprotokoll 2007).

Die Bundesrepublik Deutschland hat derzeit folgende kollisionsrechtlich bedeutsame Haager Abkommen in Kraft gesetzt:

Haager Abkommen zur Regelung des Geltungsbereichs der Gesetze auf dem Gebiete der Eheschließung v. 12.6.1902, RGBl 1904, 221 (Haager Eheschließungsabkommen); nur noch im Verhältnis zu Italien; dem neuen Eheschließungsübereinkommen v. 14.3.1978 ist Deutschland nicht beigetreten;
Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltsverpflichtungen gegenüber Kindern anzuwendende Recht v. 24.10.1956, BGBl. 1961 II 1013 (Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1956); wegen des Vorrangs des späteren Abkommens von 1973 und des späteren Protokolls von 2007 (jeweils Art. 18) nur noch im Verhältnis zu Liechtenstein;
Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit der Behörden und das anzuwendende Recht auf dem Gebiet des Schutzes von Minderjährigen v. 5.10.1961, BGBl. 1971 II 219 (Haager Minderjährigenschutzabkommen – MSA); wegen des Vorrangs des KSÜ von 1996 (Art. 51) nur noch im Verhältnis zu VR China (nur Macao als ehemals portugiesisches Gebiet);[80]
Haager Übereinkommen über das auf die Form letztwilliger Verfügungen anzuwendende Recht v. 5.10.1961, BGBl. 1965 II 1145 (Haager Testamentsformübereinkommen);
Haager Übereinkommen über das auf Unterhaltspflichten anzuwendende Recht v. 2.10.1973, BGBl. 1986 II 837 (Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1973); ersetzt nach seinem Art. 18 in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten das Haager Unterhaltsstatutübereinkommen 1956; wegen des Vorrangs des späteren Protokolls von 2007 (Art. 18) nur noch im Verhältnis zu Albanien, Japan, Schweiz und Türkei;
Haager Übereinkommen über die zivilrechtlichen Aspekte internationaler Kindesentführung v. 25.10.1980, BGBl. 1990 II 207 (Haager Kindesentführungsübereinkommen); ein vorwiegend die internationale Rechtshilfe regelndes Abkommen, das jedoch in Beziehung zum – kollisionsrechtlichen – MSA und KSÜ steht;
Haager Übereinkommen vom 29.5.1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption v. 29.5.1993, BGBl. 2001 II 1034 (Haager Adoptionsübereinkommen), das im Wesentlichen verfahrensrechtlicher Natur ist und nur über Regelungen, die sich an die befassten Behörden richten, die materiellen Voraussetzungen der Adoption, nicht aber das Adoptionsstatut berührt;
Haager Übereinkommen über die Zuständigkeit, das anzuwendende Recht, die Anerkennung, Vollstreckung und Zusammenarbeit auf dem Gebiet der elterlichen Verantwortung und der Maßnahmen zum Schutz von Kindern v. 19.10.1996, BGBl. 2009 II 603 (Haager Kinderschutzabkommen – KSÜ); ersetzt nach seinem Art. 51 in den Beziehungen zwischen den Vertragsstaaten das Haager Minderjährigenschutzabkommen 1961;
Haager Übereinkommen über den internationalen Schutz von Erwachsenen v. 13.1.2000, BGBl. 2007 II 323 (Haager Erwachsenenschutzübereinkommen).

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Nicht mehr in Geltung für die Bundesrepublik Deutschland sind:

Haager Ehewirkungsabkommen v. 17.7.1905, RGBl. 1912 II 453, gekündigt BGBl. 1986 II 505
Haager Ehescheidungsabkommen v. 12.6.1902, RGBl. 1904 II 231, gekündigt BGBl. 1934 II 26
Haager Entmündigungsabkommen v. 17.7.1905, RGBl. 1912 II 463, gekündigt BGBl. 1992 II 272
Haager Vormundschaftsabkommen v. 12.6.1902, RGBl. 1904 II 240, Vorrang des MSA bzw des KSÜ, Rn 97.

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Nicht ratifiziert hat Deutschland:

Haager Übereinkommen über das auf internationale Käufe beweglicher Sachen anwendbare Recht v. 15.6.1955
Haager Übereinkommen über die behördliche Zuständigkeit, das anzuwendende Recht und die Anerkennung von Entscheidungen auf dem Gebiet der Annahme an Kindes Statt v. 15.11.1965
Haager Übereinkommen über das auf Straßenverkehrsunfälle anzuwendende Recht v. 4.5.1971
Haager Übereinkommen über das auf die Produkthaftung anzuwendende Recht v. 2.10.1973
Haager Übereinkommen über das auf Ehegüterstände anzuwendende Recht v. 14.3.1978
Haager Übereinkommen über das auf die Stellvertretung anzuwendende Recht v. 14.3.1978
Haager Übereinkommen über das auf Trusts anwendbare Recht v. 1.7.1985.

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Zahlreiche weitere Haager Abkommen sind bisher mangels ausreichender Ratifizierung durch Mitgliedsstaaten (noch) nicht in Kraft getreten; weitere Abkommen befassen sich mit Fragen des IZPR.

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c) Ebenfalls auf multilateralen Übereinkommen (Genfer Abkommen zur Vereinheitlichung des Wechselrechts v. 7.6.1930[81] und des Scheckrechts v. 19.3.1931[82]) beruhen die erwähnten (Rn 85) Art. 91-98 WG und Art. 60-66 ScheckG.

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d) Für die Bestimmung des Personalstatuts von Flüchtlingen enthält Art. 12 Genfer Flüchtlingskonvention („GFK“; Abkommen über die Rechtsstellung von Flüchtlingen)[83] eine Kollisionsnorm zur Bestimmung des Personalstatuts (zum Begriff vgl Art. 5 Abs. 1, Rn 604 ff), die ursprünglich für den in Art. 1 der Konvention genannten Personenkreis (sog „Konventionsflüchtlinge“) gilt, deren Anwendungsbereich durch § 2 AsylG auf anerkannte Asylberechtigte ausgedehnt wurde.

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