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Strukturierung des Falles

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Wesentliche Themen: Partei- und Prozessfähigkeit, Verbraucherzuständigkeiten in der Brüssel Ia-VO, Wohnsitz in der Brüssel Ia-VO, Substitution, Gesellschaftsstatut und Art. 49, 54 AEUV.

Frage 1:Eintragung der Komm kaufen wir‘s! GmbH

1.Ablehnung der Eintragung

–nach § 9c Abs. 1 S. 1 GmbHG wegen Formmangel?

2.Formstatut

–Ortsform nach Art. 11 Abs. 4 EGBGB ausgeschlossen (-)

–Analogie zu Art. 11 Abs. 4 EGBGB (-) (str.)

–Entsprechende Form für GmbH-Gründung in schweiz Recht vorrätig (+)

3.Ortsform

–Art. 777 OR notarielle Urkunde, Form gewahrt

4.Geschäftsformstatut

a)Sitztheorie-Gründungstheorie

–Gesellschaftsstatut: Gründungs- oder Sitztheorie

b)Einfluss der Art. 49, 54 AEUV

–Niederlassungsfreiheit (Art. 49, 54 AEUV)

–hier nicht relevant, da Sitz und Gründung in Deutschland

5.Substitution

a)Substituierbarkeit

–Form § 2 Abs. 1 S. 1 GmbHG substituierbar, § 17 BeurkG, aber verzichtbar (+)

b)Substitution bei Gleichwertigkeit

–Gleichwertigkeit Beurkundungsperson und -vorgang (+)

6.Ein-Gesellschafter-GmbH

–Zulässigkeit nach Gesellschaftsstatut (+)

Ergebnis:Das Amtsgericht München hat bei der Eintragung keinen Fehler gemacht.

Frage 2: Zulässigkeit der Klage zum Amtsgericht Passau (Variante London)

1.Parteifähigkeit der Komm-kaufen-wir‘s-GmbH

a)Anknüpfung

–Statut strittig:

–lex fori, damit § 50 Abs. 1 ZPO, Rechtsfähigkeit

–oder prozessuale Kollisionsnorm: Heimatrecht

–oder alternative Anknüpfung an Partei- oder Rechtsfähigkeit im Heimatrecht

b)Gesellschaftsstatut

–Identitätswahrender Sitzwechsel, wenn nach beiden Rechtsordnungen zulässig

c)§ 4a GmbHG

–rechtsformwahrender Wegzug nach § 4a GmbHG (-)

d)Niederlassungsfreiheit

–rechtsformwahrender Wegzug durch Niederlassungsfreiheit, Art. 49, 54 AEUV (-)

e)Rückverweisung durch neues Sitzrecht

–nicht entscheidungserheblich, wenn durch Rückverweisung kein Statutenwechsel eintritt: UK-Recht, Unteranknüpfung Art. 4 Abs. 3 EGBGB englisches Recht, also Rückverweisung wegen Gründungstheorie

f)Parteifähigkeit nach deutschem Recht

–Parteifähigkeit damit § 50 Abs. 1 ZPO iVm § 13 Abs. 1 GmbHG

2.Internationale Zuständigkeit deutscher Gerichte

a)Anwendbarkeit der Brüssel Ia-VO

–Intertemporal: Alle Klagen seit dem 10.1.2015, Art. 66 Abs. 1, 81 Brüssel Ia-VO (+)

–Materiell: Art. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO Zivil- oder Handelssache (+), Ausnahmen Art. 1 Abs. 2 Brüssel Ia-VO (-)

–Räumlich: Art. 5 Abs. 1 Brüssel Ia-VO: Beklagtenwohnsitz in Mitgliedstaat

–Begriff Mitgliedstaat: Erwägungsgründe Nr 40, 41 Brüssel Ia-VO

–Begriff Wohnsitz bei Gesellschaft: Art. 63 Brüssel Ia-VO; Verwaltungssitz England (+)

–Satzungssitz Deutschland (+)

b)Verbrauchersache Art. 17 Brüssel Ia-VO

–vertragliche Ansprüche, Kläger Verbraucher (+)

–Art. 17 Abs. 1 Brüssel Ia-VO Vertrags- und Abschlusssituationen

–Art. 17 Abs. 1 lit. c Brüssel Ia-VO „in irgendeiner Weise“ ausgerichtet; bei Internet aktive Ausrichtung (+)

c)Internationale Zuständigkeit

–Internationale Zuständigkeit Klage des Verbrauchers Art. 18 Abs. 1 Brüssel Ia-VO,

–Deutschland Wohnsitzstaat des Verbrauchers (Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 Brüssel Ia-VO), dabei Wohnsitz gemäß Art. 62 Abs. 1 Brüssel Ia-VO nach deutschem Recht (§ 7 BGB)

–Deutschland auch Wohnsitzstaat des Vertragspartners (Art. 18 Abs. 1 Alt. 1 Brüssel Ia-VO) nach Art. 63 Abs. 1 Brüssel Ia-VO

d)Örtliche Zuständigkeit

–Mitgeregelt in Art. 18 Abs. 1 Alt. 2 Brüssel Ia-VO also AG Passau (+)

–Bei Art. 18 Abs. 1 Alt 1. Brüssel Ia-VO: § 29c ZPO, wenn § 312b Abs. 1 BGB (-)

–§ 17 Abs. 1 S. 2 ZPO: nicht Verwaltungssitz, sondern Satzungssitz (+)

Ergebnis:Die Klage zum AG Passau ist zulässig; die Klage hätte auch vor dem AG München erhoben werden können.

Frage 3: Zulässigkeit der Klage zum Amtsgericht Passau (Variante Delaware)

1.Parteifähigkeit der Come let‘s buy it Inc.

–Gesellschaftsstatut Art. XXV Abs. 5 S. 2 des Freundschafts-, Handels- und Schiffahrtsvertrags v. 29.10.1954, also Gründungstheorie

–Unteranknüpfung direkte Verweisung auf Gründungsrecht, also Delaware

2.Zuständigkeit

a)Räumlicher Anwendungsbereich Brüssel Ia-VO

–Internationale Zuständigkeit Brüssel Ia-VO: Beklagtenwohnsitz in Mitgliedstaat (Art. 5 Abs. 1, 63 Brüssel Ia-VO)

b)Erweiterung bei Niederlassung Art. 17 Abs. 2 Brüssel Ia-VO

–In Verbrauchersachen aus Art. 17 Abs. 2 Brüssel Ia-VO

–Zweigniederlassung in Amsterdam, fraglich

–aber Anschein einer Zweigniederlassung (-)

c)Erweiterung nach Art. 18 Abs. 1 Hs. 2 Brüssel IA-VO

–Unabhängig vom Wohnsitz des Unternehmers für Klagen des Verbrauchers an dessen Wohnsitz (+), also internationale und örtliche Zuständigkeit gemäß Art. 18 Abs. 1 Brüssel Ia-VO in Passau.

Ergebnis:Die Klage zum AG Passau ist zulässig.

Frage 4: Zulässigkeit der Klage zum Amtsgericht Augsburg

1.Parteifähigkeit der FlyHigh Ltd.

a)Sitztheorie

–Sitztheorie führte zu deutschem Verwaltungssitz, damit nicht rechts-, nicht parteifähig

b)Niederlassungsfreiheit Art. 49, 54 AEUV

–Verstoß gegen Niederlassungsfreiheit Art. 49, 54 AEUV

Centros-Entscheidung: Nur Zweigniederlassungsgründung (-)

Überseering-Entscheidung: Nur Sitzverlegung in das Inland (-)

Inspire Art-Entscheidung: Auch bei Nichtanerkennung von Schein-Auslandsgesellschaften (-)

c)Rechtsmissbräuchliche Zielsetzung

–Rechtsmissbrauch nicht schon bei kostengünstiger Gründung

2.Zuständigkeit

a)Gegen Franz Flug

–Internationale Zuständigkeit gegen Franz Flug bei deutschem Wohnsitz (Art. 5 Abs. 1 Brüssel Ia-VO) nach Brüssel Ia-VO; Art. 4 Brüssel Ia-VO (+)

–Örtliche Zuständigkeit des AG Augsburg aus §§ 12, 13 ZPO (+)

b)Gegen FlyHigh Ltd

–Internationale Zuständigkeit gegen die FlyHigh Ltd. bei UK-Satzungssitz bzw deutschem Verwaltungssitz, (Art. 63 Brüssel Ia-VO) nach Brüssel Ia-VO; Art. 4 Brüssel Ia-VO nach Wahl des Klägers (+)

c)Örtliche Zuständigkeit

–Örtliche Zuständigkeit §§ 17, 12 ZPO

–Angemeldeter Satzungssitz (-)

–Notzuständigkeit AG Schöneberg analog § 122 Nr 6 FamFG (-)

–„Verlängerung“ Art. 63 Brüssel Ia-VO oder § 17 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 ZPO analog (+)

Ergebnis:Die zum AG Augsburg erhobene Klage ist also zulässig.

Frage 5:Umwandlung der FlyHigh Ltd. in eine GmbH

1.Anwendbares Recht

–Bisher UK-Gesellschaft

–Nach Umwandlung deutsche Gesellschaft

–somit Kumulation altes/neues Gesellschaftsstatut

2.Europarechtliche Garantie der Umwandlung aus Sicht des Wegzugsstaates

–UK-Recht nach MAT c nicht bekannt

–Verstoß eventueller Beschränkung gegen Art. 49, 54 AEUV?

Cartesio-Entscheidung: Kein Umwandlungsverbot, wenn Wegzug erlaubt (+)

3.Umwandlung im neuen deutschen Gesellschaftsstatut

a)Deutsches Umwandlungsrecht

–Normen zur Umwandlung ausländischer in deutsche Form § 1 UmwG (-)

b)Europarechtliche Garantie der Zuzugsumwandlung

–Verstoß fehlender Gleichbehandlung gegen Art. 49, 54 AEUV?

Vale-Entscheidung: Soweit deutsche Gesellschaft Umwandlung vornehmen kann (+)

c)Frist

–Wegfall der auf Art. 49, 54 AEUV beruhenden Freizügigkeit der UK-Gesellschaft mit dem Wirksamwerden des Brexit, sofern kein Übergangszeitraum oder Völkervertrag

–Art. 122m UmwG nicht anwendbar

Ergebnis:Der Rechtsformwechsel in eine GmbH ist in EU-Rechtskonformer Analogie zu § 1 Abs. 1 Nr 4 UmwG zulässig, wenn sämtliche sonstigen Voraussetzungen der §§ 190 ff UmwG erfüllt sind; der Rechtsformwechsel muss bis zum Ausscheiden des UK aus der EU vollzogen sein, sofern das UK nicht im EWR verbleibt. Eine Verschmelzung auf eine deutsche GmbH oder GmbH&Co KG wäre hingegen intertemporal durch § 122m UmwG begünstigt.

Frage 6: Umwandlung in luxemburgische Sárl ohne Verwaltungssitzverlegung

1.Anwendbares Recht

–Bisher GmbH nach deutschem Recht

–Umwandlung ohne Sitzverlegung ändert daran nichts

2.Europarechtliche Garantie der Umwandlung aus Sicht des Wegzugstaates

–Deutsches Recht sieht Sarl mit Sitz in Deutschland nicht vor

Polbud-Entscheidung: Kein Umwandlungsverbot, wenn aufnehmendes Recht Umwandlung erlaubt

Ergebnis:Der Rechtsformwechsel ist zulässig, da das Recht von Luxemburg nicht verlangt, dass der Verwaltungssitz nach Luxemburg verlegt wird und das deutsche Recht sich wegen der Niederlassungsfreiheit nach Art. 49, 54 AEUV dem nicht durch Auflösung der GmbH entgegenstellen darf.

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