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III. Grundstrukturen der §§ 48, 49 VwVfG

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Die §§ 48, 49 unterscheiden vier Grundfälle der Aufhebung eines VA; Ausgangspunkt für diese Grundfälle ist die Wirkung des VA für den Betroffenen:

die Rücknahme eines rechtswidrigen belastenden VA, § 48 Abs. 1 S. 1;
die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden VA, § 48 Abs. 1 S. 2;
den Widerruf eines rechtmäßigen belastenden VA, § 49 Abs. 1;
den Widerruf eines rechtmäßigen begünstigenden VA, § 49 Abs. 2, 3.

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Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit beziehen sich auf den ursprünglich erlassenen VA[13]. Tritt die Rechtswidrigkeit später ein, wirkt sie aber auf den Zeitpunkt des Erlasses des VA zurück, so handelt es sich um den Fall eines ursprünglich rechtswidrigen VA[14]. Die Rücknahme eines VA dient der Korrektur eines ursprünglichen Fehlers. Der Widerruf eines VA dient der Anpassung an eine veränderte Sach- oder Rechtslage; teilweise geht es auch einfach darum, den Fortbestand eines VA wegen mangelnden Interesses zu beseitigen[15].

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Abweichendes gilt bei Dauerverwaltungsakten, wie etwa einem Versorgungsfestsetzungsbescheid (zum Begriff des Dauer-VA s.o. Rn 381). Ändern sich hier nachträglich die Umstände und wird ein zunächst rechtmäßiger VA rechtswidrig, so kommt ab Eintritt der Rechtswidrigkeit die Bestimmung des § 48 zur Anwendung[16]. Hingegen ist bei Planfeststellungsbeschlüssen, welche oftmals die Errichtung und den Betrieb größerer Infrastruktureinrichtungen (wie etwa Flughäfen) zum Gegenstand haben, der Zeitpunkt des Erlasses maßgebend[17].

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Rücknahme und Widerruf betreffen nicht nur einen vollständigen VA, sondern können sich auch auf Teile eines VA beziehen. Voraussetzung ist die sachliche Teilbarkeit eines VA (dazu bereits Rn 564 und Rn 570).

Beispiele:

Ein Leistungsbescheid in bestimmter Höhe wird um einen bestimmten Betrag widerrufen. Eine Baugenehmigung für den Bau eines zehngeschossigen Hauses wird zurückgenommen; es dürfen nur fünf Geschosse gebaut werden.

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Bei Dauer-VAen können Rücknahme und Widerruf zeitlich beschränkt sein. Die Aufhebung kann den gesamten Geltungszeitraum des VA betreffen; sie wirkt dann ex tunc. Sie kann aber auch erst ab einem bestimmten Zeitpunkt wirksam werden; die Aufhebung wirkt dann ex nunc.

Beispiel:

Ein Leistungsbescheid, der eine monatliche Leistung festsetzt (zB BAföG), kann vollständig für die Vergangenheit und die Zukunft zurückgenommen werden, aber auch ab einem bestimmten Zeitpunkt nur für die Zukunft widerrufen werden (Student S gewinnt den Jack-Pot im Lotto[18]).

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Umstritten ist, ob auch ein unwirksamer, insbes. nichtiger VA aufgehoben werden kann. Zwar entfaltet ein unwirksamer VA gemäß § 43 Abs. 2 und 3 keine Wirksamkeit mehr (s.o. Rn 455). Eine Aufhebung mit der ihr immanenten Gestaltungswirkung ist daher eigentlich nicht erforderlich. Im Interesse der Rechtssicherheit ist die Behörde jedoch gehalten, den mit dem unwirksamen VA verbundenen Rechtsschein zu beseitigen. §§ 48, 49 sind daher auf diese Fälle analog anzuwenden[19]. Zu beachten ist auch, dass ein rechtswidriger VA geheilt werden kann; liegt eine Heilung vor, entfällt die Rücknahme. Widerrufen werden kann ein VA auch dann, wenn er rechtswidrig ist; die Rücknahmegründe erweitern die Widerrufsmöglichkeiten[20]. Im Falle eines Widerrufs kann deshalb die Frage, ob der VA rechtmäßig oder rechtswidrig ist, unentschieden bleiben – jedenfalls bei nicht begünstigenden VAen[21]. Allerdings muss (auch) in einer solchen Konstellation ein Widerrufsgrund nach § 49 Abs. 2 bzw. Abs. 3 vorliegen[22].

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Rücknahme und Widerruf sind selbst VAe[23]. Die sachliche Zuständigkeit für die Rücknahme und den Widerruf richtet sich zunächst nach dem jeweiligen Fachrecht[24]. Trifft dieses keine Regelung, so ist diejenige Behörde sachlich zuständig, die zum Zeitpunkt der Aufhebung auch für den Erlass des originären VA zuständig wäre[25]. Die örtliche Zuständigkeit bestimmt sich nach § 3, auf den sowohl § 48 Abs. 5 als auch § 49 Abs. 5 verweisen.

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Der Erlass dieser VAe bildet den Endpunkt eines neuen Verwaltungsverfahrens i.S.d. § 9[26]. Rücknahme und Widerruf müssen selbst rechtmäßig sein – also den formellen Anforderungen eines VA genügen und materiell-rechtlich von den §§ 48 oder 49 gedeckt sein. §§ 48, 49 sind materiell-rechtliche Ermächtigungsgrundlagen[27]; als Annexmaterie zum Erlass eines VA haben sie ihre Stellung im VwVfG gefunden. Rechtswidrige Rücknahmen oder Widerrufe können nach § 43 Abs. 2 wirksam werden, unterliegen aber wie jeder VA dem Widerspruch und der Anfechtungsklage. Stellt ein Gericht die Rechtswidrigkeit eines Widerrufs oder einer Rücknahme fest und hebt es den Bescheid auf, gilt der ursprüngliche VA weiter[28].

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