Читать книгу Allgemeines Verwaltungsrecht - Thorsten Siegel - Страница 426

d) Rechtsfolgen der Rücknahme

Оглавление

622

Nimmt die Behörde einen VA, der nicht unter § 48 Abs. 2 fällt, zurück, so hat nach Maßgabe des § 48 Abs. 3 S. 1 der Betroffene einen Anspruch auf Vermögensausgleich. Dieser Anspruch ist ein verwaltungsrechtlicher, vom Verschulden der Behörde unabhängiger Anspruch sui generis; neben ihm können andere Ansprüche, zB der Amtshaftungsanspruch, bestehen (s. dazu § 27). Der Anspruch ist antragsbedingt; für den Antrag besteht keine bestimmte Form.

623

Voraussetzung für den Anspruch ist, dass der von der Rücknahme des VA Betroffene auf den Bestand des VA vertraut hat und sein Vertrauen schutzwürdig ist, § 48 Abs. 3 S. 1. Hierbei geht es nicht um das Rücknahmeinteresse, sondern um das Interesse, den VA ohne Verpflichtung zum Nachteilsausgleich zurücknehmen zu dürfen[70]. Nach § 48 Abs. 3 S. 2 ist Abs. 2 S. 3 anzuwenden; auf die dazu gemachten Ausführungen ist zu verweisen, s.o. Rn 614 ff[71]. Ein etwaiges Mitverschulden führt nicht zur Anspruchsteilung: Überwiegt die Verantwortung der Behörde, so ist der Anspruch zu gewähren; überwiegt das Mitverschulden, so entfällt er insgesamt[72].

624

Der Anspruch ist auf Geldersatz gerichtet; naturgemäß entfällt die Naturalrestitution. Dem Betroffenen ist das Vertrauensinteresse zu ersetzen, also der Schaden, der ihm dadurch entstanden ist, dass die Behörde falsch gehandelt hat und der Betroffene in seinen Dispositionen vom Fortbestehen des VA ausgegangen ist. § 48 Abs. 3 S. 3 begrenzt das Vertrauensinteresse durch das dem positiven Interesse des Zivilrechts entsprechende Bestandsinteresse; dieses kann im Einzelfall geringer als das Vertrauensinteresse sein. Sind über das Bestandsinteresse hinausgehende Vermögensdispositionen getroffen worden und sind diese rückgängig zu machen, so können Schäden, die durch die Rückabwicklung entstehen, Ansprüche aus Amtspflichtverletzung begründen.

Beispiel:

A erhält die Erlaubnis, ein Haus zu bauen. Er lässt die Baugrube ausschachten und schließt Verträge mit Handwerkern ab. Die Baugenehmigung wird zurückgenommen. Die insoweit entstandenen Schäden sind nach § 48 Abs. 3 S. 1 zu ersetzen. Zur Finanzierung des Baus hat A darüber hinaus Wertpapiere „flüssig“ gemacht; für den Rückkauf dieser Wertpapiere muss A höhere Beträge aufwenden; dieser Schaden wird vom Bestandsinteresse nicht mehr erfasst, A hat insoweit möglicherweise einen Anspruch wegen Amtspflichtverletzung.

625

Nach § 48 Abs. 3 S. 4 setzt die Behörde den Anspruch dem Grunde und der Höhe nach in einem Festsetzungsbescheid fest. Der Anspruch kann nach § 48 Abs. 3 S. 5 nur innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden; die Frist beginnt zu laufen, sobald die Behörde den Betroffenen auf sie hingewiesen hat.

Allgemeines Verwaltungsrecht

Подняться наверх