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d) Grundsätze bei der Anwendung des Unionsrechts
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Werden die zuvor aufgezeigten Grundsätze beachtet und auch sonstiges primäres Unionsrecht eingehalten, so genießt das Sekundärrecht der Union – ebenso wie das Primärecht – einen Anwendungsvorrang gegenüber etwaig widersprechenden Regelungen des nationalen Rechts[37]. Die betreffende Regelung des nationalen Rechts wird also – anders als grundsätzlich beim Verstoß eines Gesetzes gegen das Grundgesetz[38] – nicht ungültig, bleibt aber unanwendbar. Seine rechtsdogmatisch konsequente Fortentwicklung findet der Anwendungsvorrang im Äquivalenzprinzip und im Effektivitätsprinzip: Nach dem eher unproblematischen Äquivalenzprinzip dürfen unionsrechtlich begründete oder angereicherte Sachverhalte nicht ungünstiger als rein innerstaatlich begründete Sachverhalte behandelt werden. Das – in der Praxis sehr bedeutsame – Effektivitätsprinzip besagt, dass das Unionsrecht bei der Anwendung nicht praktisch unmöglich oder erheblich erschwert werden darf. Anders ausgedrückt, das Unionsrecht muss auch möglichst wirksam angewendet werden. Seine Abrundung findet der Anwendungsvorrang schließlich im Gebot unionsrechtskonformer Auslegung: Belässt das innerstaatliche Recht entsprechende Spielräume, so ist in solchen Konstellationen diejenige Auslegung vorzuziehen, die in Einklang mit dem Unionsrecht steht[39].