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Tibull im Vergleich mit Properz
ОглавлениеWährend die römischen Leser Horaz in der Lyrik und Vergil in der Epik einhellig zum Maß aller Dinge erklärten, verteilten sie in der Liebeselegie ihre Gunst ungleich auf Tibull und Properz. Die meisten stuften Tibull höher ein, einige aber zogen Properz ihm vor.15 Quintilian pflichtete in seinem Leitfaden über die Rednerausbildung der Mehrheit bei, weil er nach den beiden Stilmerkmalen urteilte, wie geschliffen die Sprache und geschmackssicher die Wortwahl wirkte. Nur nach den Feinheiten der Form, nicht nach der Vielfalt der Stoffe fragte er kurzum. Hätte er beide Messlatten angelegt, forderte schon eher zum Widerspruch heraus, mit welchem Ergebnis er ein Gesamtwerk von nicht einmal 1250 Versen mit einem von 4010 verglich.
Von Anbeginn gabelte sich der Werdegang der beiden nahezu gleichaltrigen Liebesdichter. Der eine wie der andere stammte zwar aus gutem Hause, verlor schon in jungen Jahren den Vater und büßte als Halbwaise einen nicht unbeträchtlichen Teil seines Erbeigentums ein16; aber Properz musste sich mit noch schmerzlicheren Einbußen an Hofland, Vieh und Hausbesitz abfinden17, da Octavian 41 v. Chr. im umbrischen Assisi wie in vielen Gemeinden von Brixia im Norden bis Benevent im Süden wehrlose Grundeigentümer enteignete, um auf ihren Ländereien die 50–60.000 Veteranen aus der Schlacht von Philippi anzusiedeln. Vor dem gleichen Schicksal blieb Tibull entweder völlig oder so weit verschont, dass er auf dem Land ein behagliches Leben führen konnte.18
Beiden verschaffte ihr herausragendes Können die ausgleichende Gerechtigkeit, dass hochrangige Gönner sie bereits im frühen Mannesalter zu fördern begannen. Tibull, den Sohn eines römischen Ritters, entdeckte Messalla, der nachgewählte Konsul vom Jahr 31 v. Chr., schon, bevor er die 1., 3., 5. und 7. Elegie seines ersten Buchs dichtete. Properz, den auf seine Elternhaus stolzen Sohn der umbrischen Kleinstadt Assisi19, nahm Maecenas, der Freund und Ratgeber des Staatsoberhaupts Augustus, erst nach dem Erfolg seines ersten Buchs in denselben Kreis wie Horaz und Vergil auf. Nach Aussage des Verses 2,1,73 sah er nun, da er so hoch aufgestiegen war, die neidvoll gehegte Hoffnung seiner Jugend erfüllt.
Mit seinem ersten Buch, der Monobiblos, fand Properz großen Anklang, ohne auf Schritt und Tritt in Neuland vorgestoßen zu sein. Die meisten seiner 22 Gedichte beschäftigen sich in wechselvollen Rollen mit Cynthia. Bald beglückt sie ihn als ebenso schöne wie kunstsinnige Geliebte, bald enttäuscht sie ihn mit ihren Launen und Schlichen oder leidet er unter der Fron, sich wie ein Sklave ihrem Willen beugen zu müssen. Je länger er in diesen von seinen römischen Vorläufern vorgezeichneten Bahnen fortgefahren wäre, desto eher drohte er sich zu wiederholen. Musste er da nicht fürchten, dass sich der Vorrat an Motiven über kurz oder lang erschöpfte?
Davor bewahrte ihn schon allein sein brennender Ehrgeiz, vor Maecenas und Augustus zu bestehen. Nur musste er nach Wegen suchen, um ihn mit anspruchsvoller Verskunst zu stillen. Die Gedichtgattung zu wechseln, um beide im Versmaß der Heldendichtung zu preisen, schloss er in der Einsicht aus, dass ihn eine so hohe Messlatte überfordert hätte. In dieser Erkenntnis näherte er sich nur zaghaft nach Inhalt und Umfang der großen Form.
Das weitschweifige Programmgedicht, mit dem er sein zweites Buch einleitet, gibt davon einen Vorgeschmack. Im zweiten Block, V. 17–42, vereint er Praeteritio und Recusatio zu einem Streifzug durch die griechischen Götterund Heldensagen und einem Rückblick auf römische Kriege und Bürgerkriege bis hin zu den jüngsten Triumphen des Augustus. In den übrigen singt er das Lied von Freud und Leid der Liebe bis hin zum bitteren Ende.
Seinen Gönner musste Properz auf andere Weise ehren. Einen Schöngeist wie Maecenas hätte er beim besten Willen nicht als siegreichen Feldherrn feiern können. Ihm rühmt er nach, Augustus als treuer Freund und erfolgreicher Friedensvermittler zur Seite gestanden zu haben, und widmet er als krönenden Abschluss die acht Verse:
»Wann immer also die Schicksalsmächte von mir das Leben zurückfordern werden und ich nur ein kurzer Name auf einem kleinen Marmorbruchstück werde sein,
halte, Maecenas, du neidvoll gehegte Hoffnung meiner Jugend und mir im Leben wie im Tod gebührender Ruhm,
wenn dein Reiseweg dich zufällig dicht vorbeiführen sollte an meiner Grabstätte, deinen zweirädrigen Einspänner, das britannische Gig mit dem gedrechselten Kummet, an
und lasse, während du auf meine stumme Asche Tränen vergießt, solche Worte fallen wie: Diesem Armen ist ein hartherziges Mädchen zum Verhängnis gewesen.«20
So nahe stand Properz seinem Gönner noch nicht, dass er mit ihm im gleichen Ton wie Tibull mit Messalla hätte verkehren können. In dem Ehrgeiz, mit den anderen Dichtern seines Kreises zu wetteifern, veröffentlichte er sein zweiten Buch ohnehin zu rasch, um sämtliche Elegien so durchdacht aufzubauen und so sorgsam zu durchfeilen, wie Tibull es meisterhaft verstand. Doch seien als Kleinode, die noch heller strahlen, wenn sie von sinnwidrigen Texteingriffen verschont bleiben, zwei so augenfällige Gegenbeispiele wie die 29. und 31. Elegie seines zweiten Gedichtbuchs herausgegriffen.
In der 29. Elegie schildert Properz, wie ihn die Eroten, die Cynthia wutentbrannt losschickte, als Nachtschwärmer aufgreifen, um ihn zu ihr nach Hause zu geleiten. Den Hergang erzählt er in einem Ton, zu dem der versöhnliche Ausklang passt:
»Als ich, mein Augenstern, in der gestrigen Nacht betrunken umherzog, ohne dass mich eine Dienerschar geleitete,
war mir ein kleines Häuflein von ich weiß nicht wie vielen jungen Burschen entgegen gekommen – sie zu zählen verbot mir die Angst –,
von denen, schien mir, einige Fackelchen, andere Pfeile mitführten und ein Teil sogar Fesseln bereithielt.
Doch waren nackt sie gewesen. Von ihnen rief einer, der hemmungslosere: ›Nehmt ihn fest! Denn genau wiedererkannt habt ihr ihn ja.
Er war’s. Ihn zu ergreifen hat uns die Frau wutentbrannt beauftragt.‹ Sprach’s, und schon hatte um meinen Hals sich die Schlinge gelegt.
Dieser eine von beiden befiehlt, mich in die Mitte zu stoßen. Doch entgegnet der andere von beiden: ›Zum Teufel schere sich, wer nicht meint, dass wir Götter sind!
Sie wartet, ohne dass du es verdientest, schon ganze Stunden auf dich. Doch suchst du, Dummkopf, ich weiß nicht welche Tür.
Wenn sie die Bänder ihrer Nachthaube aus Sidon löst und bewegt ihre vom Schlaf schweren Augen,
werden dir entgegenwehen nicht Düfte von Spezerei der Araber, sondern Düfte, die Amor persönlich herstellte mit seinen eigenen Händen.
Lasst ihn schon in Ruhe, Mitbrüder! Schon gelobt er ja, einen verlässlichen Liebhaber abzugeben, und schon sind wir doch, seht her, an dem Haus angekommen, zu dem ihn zu bringen beauftragt wir wurden.‹
Und mit dieser Weisung geleiteten sie mich, nachdem sie mir wieder übergeworfen hatten den Mantel, zur Tür: ›Geh’ nun, und lerne, die Nächte über zu Hause zu bleiben!‹
Früher Morgen war’s, und ich wollte nachsehen, ob sie allein schlafe. Doch im Bett lag Cynthia wirklich allein.
Verblüfft starrte ich sie an: Noch nie war sie mir schöner vorgekommen, auch nicht, als ich in einer scharlachroten Tunika sie antraf
und sie von hier fortging, um der keuschen Vesta von ihren Träumen zu erzählen, da sie befürchtete, ihr oder mir könnten sie Unheil verheißen.
So kam sie mir vor, vom Schlaf frisch entlassen, die sie war. Ach, wie stark wirkt schon von allein ein blendendes Aussehen!
›Wozu spielst du dich‹, fragte sie, ›als frühmorgendlichen Bespitzeler deiner Freundin auf? Glaubst du etwa, ich führte einen ähnlichen Lebenswandel wie euresgleichen?
Ich bin so leichtlebig nicht. Genügen wird mir, bewährt er sich als Liebhaber, einer, entweder du oder sonst einer, wenn jemand es ehrlicher meinen kann als du.
Zu sehen sind keinerlei Spuren, die von einem zerdrückten Kopfkissen hinterlassen wären, und auch keine Anzeichen dafür, dass zwei hier gelegen und sich herumgewälzt hätten.
Schau, wie mir im ganzen Körper unhörbar hochsteigt der Atem, der mich doch verraten hätte, hätte mit einem anderen Mann ich mich eingelassen.‹
Sprach’s, wehrte ab mit vorgehaltener Rechten meine Küsse und sprang, ohne die Sandalen zu schnüren, in die sie geschlüpft war, vom Bett.
So werde ich bloßgestellt als Wächter über eine so unantastbare Liebe. Seitdem aber hat nicht ungnädig sie mir sich gezeigt.«
So überraschend, wie die Leser wähnten, die non gegen nox auswechseln zu müssen meinten, endete dieses Gedicht keineswegs. Die Eroten hatte Cynthia ja nur angewiesen, den Nachtschwärmer einzufangen und zu ihr nach Hause zu geleiten. Diesen Auftrag hatte der besonnere ihrer beiden Wortführer in dem Geist erledigt, ihr als Schutzengel zu ihrem Glück zu verhelfen. Weshalb sollte ihr Zorn nicht verflogen sein, als Properz zerknirscht an ihr Bett trat und sie mit bewundernden Blicken anschaute? Diese Wende fiele fort, würde non, die zuverlässigere Lesart aller älteren Handschriften, vorschnell verworfen.
In der 31. Elegie leitet Properz glatter von Cynthia zu Augustus über als im beinahe fünfmal so langen Einleitungsgedicht seines zweiten Buchs. In diesem Gelegenheitsgedicht würdigt er das Ereignis, dass der Stifter, der nach der Ermordung des Diktators Gaius Iulius Caesar seinen Namen angenommen hatte, am 9. Oktober des Jahres 28 v. Chr. den von drei Säulenhallen umstandenen Tempel einweihte, den er seinem Lieblingsgott Apollon auf dem Palatin erbaute:
»Du fragst, warum ich später als sonst zu dir komme: Die goldene Wandelhalle zu Ehren des Phoibos ward vom großen Caesar eröffnet.
So ausgiebig zu betrachten war sie, wohlgegliedert durch punische Säulen, zwischen denen die weibliche Schar des greisen Danaos Platz fand.
Schöner als der echte Phoibos, öffnete dieser marmorne, so kam er mir jedenfalls vor, den Mund, um zur stummen Leier zu singen,
und um den Altar herum gestanden hatten Rinder des Bildhauers Myron, vier wie des Künstlers lebensechte Standbilder gestaltete Kühe.
Dann erhob sich in der Mitte des Innenhofs der Tempel aus hellem Marmor, Phoibos teurer noch als seine Heimatinsel Ortygia,
und woraus über dem Giebel der Wagen des Sonnengottes war, waren auch die Türflügel, das edle Kunstwerk aus libyschem Elfenbein, dem Stoßzahn des Elefanten:
Der eine von beiden zeigt das traurige Ende der vom Gipfel des Parnass hinuntergestoßenen Gallier, der andere die Trauer der Tochter des Tantalos um den Tod ihrer Kinder.
Danach lässt zwischen der Mutter und zwischen der Schwester der pythische Gott höchstselbst in wallendem Gewand Lieder erklingen.«
Mit elegischer Liebespoesie vertrug sich dieser Ausflug in die Baukunst schon deswegen, weil der Besucher des Heiligtums Apollon in seiner Doppelrolle als Schlachtengott und Leierspieler bewundern konnte. Zur Gänze verstanden hat der Leser die Beschreibung des Tempels freilich erst, wenn er durchschaut, dass im 11. Vers die jüngere Lesart in quo mit ihrer unsinnigen Einfügung der Präposition in in die Irre führt. »Auf« dem Tempel, seinem Dach, stand zwar der Vierspänner des Sonnengotts, nicht aber die Eingangstür mit ihren beiden Flügeln. Sein weißer Schwanenwagen war vielmehr aus dem Werkstoff gefertigt, aus dem auch ihre Flügel gefertigt waren, sprich: aus Elfenbein, das eigens aus Nordafrika eingeführt werden musste. Sein Gefährt war kurzum ein ebenso »edles Kunstwerk« wie die Flügeltür, zu deren halberhabenen Bilddarstellungen die Stoßzähne libyscher Elefanten verarbeitet wurden.
Wie sehr äußere Anstöße den dichterischen Ehrgeiz beflügelten, den Properz von Jugend auf verspürte, trat verstärkt zutage, als Horaz 23 v. Chr. seine gesammelten Oden in drei Büchern veröffentlichte. Dieses literarische Ereignis hinterließ in seinem dritten Buch noch tiefere Spuren als in seinem zweiten die Berufung in den Maecenaskreis.21 Horaz regte ihn nicht nur an, Lebensweisheiten wie die Einsicht, dass der Tod Arm und Reich oder Hoch und Niedrig gleichmache, in wechselnde Fassungen einzukleiden, sondern spornte ihn vor allen Dingen an, sein Selbstverständnis als Dichter neu zu bestimmen. Vernehmbarer noch als in dem Bekenntnis zur paupertas und der Absage an die avaritia äußert sich in seinem Anspruch, Bahnbrecher zu sein, wie stark ihn Horaz mit seiner Lyrik prägte.22 Der Zyklus der Römeroden sprach ihn so sehr an, dass er das dritte Buch mit einer vergleichbaren Folge von fünf programmatischen Elegien eröffnete. Noch merklicher aber fachte die Sphragis, mit der Horaz das dritte Buch seiner Oden abgeschlossen hatte, das eigene, aus seiner Verskunst erwachsene Selbstgefühl an. Die Botschaft, die sein älterer Zeitgenosse in der Ode 3,30 verkündet hatte, flößte ihm die Zuversicht ein, in der kleinen Form Erfolge von bleibendem Wert erringen zu können, die den Vergleich mit den Schöpfungen der großen nicht zu scheuen brauchten.
Im zweiten Buch gab Properz sich noch damit zufrieden, an römischen Vorläufern wie Varro Atacinus, Catull, Calvus oder Gallus gemessen zu werden.23 Sich als alleiniger Nachlassverwalter zu verstehen, der den Koer Philetas und den Kyrener Kallimachos wiederentdeckte, um in ihre Fußstapfen zu treten, muss ihm vorerst ferngelegen haben. Sonst hätte er dem Freund, dem er das letzte Gedicht des zweiten Buchs widmete, schwerlich geraten, sich »besser den sich den Musen erkenntlich zeigenden Philetas und den ›Traum‹ des nicht schwülstigen Kallimachos« zum Vorbild zu nehmen.24 Im dritten aber eiferte er Horaz darin nach, als Neuerer vor seine Leser zu treten, dem der unsterbliche Ruhm eines Bahnbrechers winkt. Jetzt erst, da seinen Ehrgeiz entfachte, dass Horaz die aiolischen Rhythmen des Alkaios in Rom eingeführt zu haben sich rühmte25, brüstete er sich damit, als Erster italische Mysterien in die griechischen Rhythmen der Vorreiter Philetas und Kallimachos gekleidet zu haben.26
Horaz bereicherte die römische Lyrik in der Tat um ein neues Versmaß. Mit welchem Recht aber pochte Properz darauf, sich in ihrer Nachbargattung, der Liebeselegie, das gleiche Verdienst erworben zu haben? Zeigte er sich wenigstens vom kallimacheischen Geist tiefer als noch im zweiten Buch durchdrungen, wenn er schon kein neues Versmaß in Rom einbürgerte?
In der Liebespoesie, von der er sich unvergänglichen Ruhm versprach, zeichnen sich im dritten Buch noch keine neuen Züge ab, die es gerechtfertigt hätten, ihn als römischen Kallimachos zu sehen. In Ton und Stil bleibt er sich treu, wenn er mit dem Stolz des erfolgsverwöhnten Dichters verkündet27:
»Glücklich preise sich eine, wenn sie gefeiert wurde in meinem Gedichtbändchen! So viele Denkmäler deiner Schönheit wie Lieder werden das Ergebnis sein.
Denn weder die mit großem Aufwand zu den Sternen hochgezogenen Pyramiden noch das dem Himmelsgewölbe nachgebildete Haus des Zeus von Elis
noch die reiche Pracht des für Mausolos erbauten Grabmals sind von dem schließlichen Los des Untergangs ausgenommen.
Ihnen werden Feuersbrünste oder Regengüsse ihr ehrwürdiges Aussehen stehlen, oder sie werden, von der Bürde der Jahre bezwungen, durch einen Blitzschlag einstürzen.
Doch der durch die Dichtergabe erworbene Name wird nicht vor Alter in Vergessenheit geraten. Der Dichtergabe bleibt unvergänglich erhalten ihr Glanz.«
Kürzer und schlichter hatte Horaz im Schlussgedicht seines dritten Buchs, V. 1–5, sein Werk zu einem Denkmal erklärt, das den Naturgewalten und dem Zahn der Zeit trotzt:
»Vollendet habe ich ein Denkmal langlebiger als Erz und erhabener als der königliche Bau der Pyramiden; ein Werk, das nicht der zerfressende Regen, nicht der ungestüme Nord könnte zerstören oder der Jahre unzählbare Reihe und das Verfliegen der Zeiten.«
Um den Anspruch zu untermauern, ein langlebigeres Werk als Bildhauer oder Baumeister geschaffen zu haben, überbot der Elegiker den Lyriker. Während Horaz von den Sieben Weltwundern nur die ägyptischen Königspyramiden zum Vergleich nahm, führt Properz mit dem Zeustempel in Olympia und dem Mausolosgrabmal in Halikarnass zwei weitere als Beispiele an, um die endliche Dauerhaftigkeit von Bauwerken zu verbildlichen. Nicht genug damit, steigert er die schlichtere Wortwahl, bloß von einem regalis situs pyramidum zu sprechen, zu kühneren Sprachbildern und Wortballungen wie pyramidum sumptus ad sidera ducti, Iovis Elei caelum imitata domus oder Mausolei dives fortuna sepulcri.
Je nach Stilgeschmack mochte der Leser diese Gebilde als eindrucksvoll oder überladen empfinden. Doch setzt sich Properz spätestens von V. 23 an feinfühliger und sinniger mit der Ode 3,30 auseinander. Während Horaz dem Regen und dem Wind die Sprengkraft zuschreibt, Kunstwerke aus Erz und Bauwerke aus Stein »einreißen« oder »zerstören« zu können, schwächt Properz diese Aussage so ab, als wolle er Horaz berichtigen. Jedenfalls lässt er es nicht dabei bewenden, von den beiden Naturgewalten »Schauer« und »Sturm« die zweite herauszunehmen und die erste, den Regenguss, mit einer dritten, dem Feuer, zu einem Gegensatzpaar zusammenzustellen, sondern vermeidet er es unübersehbar, Wolkenbrüchen oder Feuersbrünsten die Sprengkraft zuzuschreiben, Bauwerke wie die Pyramiden zerstören zu können. Diesen beiden Naturgewalten sagt er vielmehr lediglich die Wirkung nach, ihnen ihre Ansehnlichkeit oder Würde zu stehlen. Die Gefahr, dass sie nicht bloß verwittern, sondern einstürzen, sieht er erst gekommen, wenn ein Blitz, lateinisch ictus, in sie einschlägt, und auch nur dann, wenn sie von der Bürde der Jahre, dem pondus annorum, bereits »überwunden«, sprich: baufällig geworden sind. Diese Deutung läuft zwar der herrschenden Meinung zuwider, lässt sich aber mehrfach absichern. Dafür ins Feld geführt werden können die Belege, dass Ovid, Metamorphosen 9,437–438, das Sprachbild von den »Bürden des Greisenalters«, den senectae pondera, wählt, Cicero, De officiis 3,94, Lukrez, De rerum natura 6,386, und Julian, Digesten 14,2,6, den Blitzschlag mit ictus fulminis bezeichnen und Ovid, Metamorphosen 15,871, den Blitz – mit Iovis ira dichterisch als Iuppiters Wutausbruch umschrieben – gemeinsam mit dem Feuer als zerstörerische Naturgewalt aufführt.
In einem lockereren Ton als im zweiten Buch verkehrt Properz im dritten mit Maecenas. Von der elegischen zur epischen Gedichtgattung überzuwechseln weigert er sich in der Elegie 3,9 geschmeidiger und verschmitzter als in dem unförmigen Programmgedicht 2,1. Dazu, ihn gleich zu Beginn mit Maecenas, eques Etrusco de sanguine regum anzureden, gab ihm Horaz zwar die Stichwörter eques und regum. In keiner der Anreden, die er in den Oden 1,1, 1,20, 3,16 und 3,29 wählte, war aber angelegt, Maecenas mit den eigenen Waffen zu schlagen. Mit diesem Hintergedanken zieht erst Properz die Herkunftsmerkmale »Ritter von etruskischem Königsgeblüt« aus den vier Versen Maecenas, atavis edite regibus (1,1,1), clare Maecenas eques (1,20,5), Maecenas equitum decus (3,16,20) und Tyrrhena regum progenies (3,29,1) heraus, um sie mit dem Namen Maecenas zu einem sechsfüßigen Vers zu verknüpfen. Weshalb, fragt er sich und seinen Gönner, sollte ich den Kurs verlassen, den mir meine Begabung vorzeichnet, und mich auf das entsetzlich weite Meer der Heldendichtung hinauswagen, wo du mir doch das Gegenteil vorlebst?28 »Denn obwohl es dir freistünde«, hält er ihm entgegen, »in Ausübung eines römischen Staatsamtes hoheitliche Beile und mitten auf dem Forum Rechtsregeln aufzustellen«29, »verzichtest du und engst dich bescheiden auf ein schlichtes Schattendasein ein. Die prall gebauschten Segel reffst du von dir aus.«30 Daraus schöpft er das Grundvertrauen, dass ihm Maecenas als feinfühliger Förderer der Anfänge seines Mannesalters den richtigen Weg weisen wird.31
In den Fehler zu verfallen, zu dem ihn bereits die Berufung in den Maecenaskreis verleitete, vermied Properz allerdings nicht, so großen Gewinn er auch aus den vielfältigen Denkanstößen zog, die Horaz ihm mit seiner reichhaltigen Neuerscheinung gab. Wie schon im zweiten Buch trieb ihn sein Ehrgeiz dazu, sein dichterisches Schaffen übereilt zu veröffentlichen. Auf welch verschlungenen Wegen er in den Liebesgedichten 2,16 und 3,11 dazu vorstößt, über Mark Anton und Kleopatra Gericht zu halten, legt davon beredtes Zeugnis ab.
In der Elegie 2,16 warnt er Cynthia davor, sich an einen grobschlächtigen Praetor zu verkaufen. Von den schändlichen Geschenken, mit denen dieser neureiche Nebenbuhler sich ihre Gunst erkauft, springt er zu dem Allgemeinplatz über, dass schändliche Liebe nach dem Volksmund auf beiden Ohren taub ist.32 Über diese Notbrücke schlägt er, ohne ihre Namen zu nennen, den Bogen zu Mark Anton und Kleopatra. Vergebens fragt sich der Leser, welche Lehren Cynthia aus einem Skandal von dieser weltgeschichtlichen Tragweite ziehen soll, wenn er ihr aus heiterem Himmel anrät33:
»Halte dir den Heerführer vor Augen, der mit nichtigem Kriegsgetöse kürzlich erfüllte Aktiums Meer, als dem Tod er geweiht hatte seine Soldaten!
Ihm gebot eine schmachvolle Liebschaft, dem Feind auf Schiffen, die er hatte wenden lassen, den Rücken zu kehren und am Ende der Welt sein Heil zu suchen in der Flucht.«
In der Elegie 3,11 nimmt er einen zweiten Anlauf, über Mark Anton und Kleopatra Gericht zu halten, ohne den Rahmen der Liebespoesie zu sprengen. In diesem Gedicht wehrt er sich gegen den Vorwurf, ein Feigling zu sein, weil er sich der Macht seiner Geliebten beuge. Von ihr unterjocht zu sein, bestreitet er zwar nicht, führt aber, um sein Verhalten zu rechtfertigen, aus Sage und Geschichte eine Reihe von Beispielen an, die beweisen sollen, dass von einer Frau beherrscht zu werden keine Schande sei. Davon schwenkt er jäh ab, wenn er sich, ohne ihren Namen zu nennen, empört darüber ereifert, dass Kleopatra sich erdreistet habe, über ein so stolzes Volk wie die Römer die Oberhand gewinnen zu wollen34:
»Kaum zu glauben, die Dirnenkönigin des unzüchtigen Kanopos hat sich, unverwechselbares, von der Blutsverwandtschaft mit Philipp eingebranntes Schandmal,
tatsächlich zugetraut, unserem Iuppiter entgegenzustellen den kläffenden Anubis und den Tiber zu zwingen, des Niles Drohungen zu ertragen,
die römische Tuba mit dem rasselnden Sistron zu vertreiben, mit den Bootshaken einer ägyptischen Barke den Schiffsschnäbeln der Liburnerflotte nachzujagen,
scheußliche Mückennetze auf dem Tarpeischen Felsen aufzuspannen und Recht zu sprechen zwischen den Standbildern und Beutewaffen eines Marius!«
Den Schönheitsfehler im Gedichtaufbau, im zweiten Anlauf wie schon im ersten die Richtung des Gedankengangs verwinkelt zu wechseln, hätte Properz leicht vermeiden können, hätte er sich etwa davon leiten lassen, wie Horaz sich in der Ode 1,37 zu Kleopatra äußert. Horaz verhehlt zwar nicht, dass er sie für verkommen, vermessen und verblendet hält, versagt ihr aber nicht die Achtung vor dem mutigen Entschluss, sich mit heiterer Miene den Tod zu geben, um der Schmach römischer Gefangenschaft zu entgehen. Doch drängte es Properz zu sehr, sein drittes Buch vorzulegen, um sich die Zeit zu nehmen, sämtliche Gedichte gründlich zu überarbeiten.
Wie überhastet er Horaz nacheiferte, verrät kein Nachhall so deutlich wie seine Kehrtwendung, von Cynthia und der Liebespoesie, die ihr und ihm zu Ruhm verholfen hatte, brüsk Abschied zu nehmen. Mit der 24. Elegie schloss er sein drittes Gedichtbuch nur ab, um mit den drei Büchern römischer Lyrik Schritt zu halten, mit denen Horaz als Bahnbrecher Triumphe feierte. Auf dieser Stufe seines Werdegangs dichtete Properz noch zu unausgewogen, um einen so geschmackssicheren Elegiker wie Tibull nach Form und Inhalt zu überflügeln. Da er im zweiten Buch genauso feinfühlig an seinen Elegien feilte wie im ersten, behauptete Tibull in der Gunst der Leser seinen Spitzenplatz bis zu seinem Tod.
Doch reifte Properz, als er entdeckte, welche Chancen ihm Vergil mit dem achten Buch seiner Aeneis eröffnete, sich von einem voreilig selbsternannten zu einem wahren römischen Kallimachos fortzuentwickeln. Mit seinen fünf Aitien über die Ursprünge römischer Sagen, Kulte und Feste – den Elegien 4,2, 4,4, 4,6, 4,9 und 4,10 – wurde er im vierten Buch doch noch dem Anspruch gerecht, den er im dritten vorschnell erhoben hatte. Diesmal verfiel er nicht wieder in den Fehler, zu zeitig vor den Leser zu treten, sondern ließ er mindestens sechs Jahre vorübergehen, bis er sein nächstes und letztes veröffentlichte. Diese Spanne nutzte er zugleich zu der Kehrtwende, seinen überhasteten Abschied von Cynthia und der Liebespoesie zu widerrufen. Nun nimmt er nicht mehr ein Zerwürfnis mit ihr zum Vorwand seiner Abkehr, sondern ihren Tod zum Anlass einer einfühlsamen Totenklage, die er ihr selbst in den Mund legt.35
Welcher der elf Elegien seines vierten Buchs der Rang einer Königin gebührt, ist schwer zu entscheiden. Von der elften sah Joseph Justus Scaliger, von der achten Ulrich von Wilamowitz-Moellendorff das vielgestaltige Schaffen des späten Properz gekrönt. So hoch konnten sie zwei nach Inhalt und Tonlage so grundverschiedene Gedichte nur einstufen, wenn der eine den Ernst, der andere den Unernst zum Gradmesser nahm. Nach diesen beiden Maßstäben urteilte jeder von beiden aus seinem Blickwinkel mit feinem Gespür. In der letzten Elegie des vierten Buchs, in der Cornelia, die Stieftochter des Augustus, in der Unterwelt die Grabrede auf sich selbst hält, schimmert seine weitgespannte Belesenheit durch36, in der letzten, in der Cynthia, wie sie leibt und lebt, nach einem Vorspiel die Bühne betritt, blitzt sein hintergründiger Humor auf. Mit Selbstironie gewürzt schildert er als reuiger Sünder, wie es ihm erging, als sie unerwartet von ihrem nächtlichen Ausflug zurückkehrte und ihn im Garten seines Stadthauses auf frischer Tat ertappte. Je besser es gelingt, diesen Ton einzufangen, desto genauer ist herauszuhören, wie vergnüglich er das altvertraute Rollenspiel zwischen Herrin und Sklave auflockert. Wie im zweiten Buch die 29. klingt diese letzte, die er ihr widmete, versöhnlich aus, so dramatisch er sie auch einleitet:
»Vernimm, was den Esquilin, das mit Wasser wohlversorgte Stadtviertel, in dieser Nacht aufgescheucht hat, als die Anwohner in Scharen gerannt kamen über des Neulands Gärten!
Lanuvium ist der alte Hort eines bejahrten Drachens, der Ort, wo man die Stunde nicht vergeudet, die man zu einem so außergewöhnlichen Halt nutzt,
wo der heilige Bergpfad eines Steilhangs abreißt mit einem finsteren Schlund, wo vordringt – Jungfrau, nimm vor einem solchen Weg dich von Anfang bis Ende in Acht! –
bis zu der hungrigen Schlange das ihr zu Ehren gestiftete Opfer, wenn sie das Futter fordert für ihren Jahresbedarf und Zischlaute kringelt aus der Tiefe des Erdbodens.
Zur Darbringung solcher Opfer hinabgelassen, erbleichen vor Angst die Mädchen, wenn blind auf das Schlangenmaul sich verlässt ihre Hand.
Er schnappt sich von der Jungfrau die ihm hingehaltenen Bissen; in der Jungfrau Handflächen zittert selbst das Körbchen.
Wenn sie sich als keusch erwiesen haben, kehren sie, um ihnen um den Hals zu fallen, zu ihren Eltern zurück, und rufen die Bauern: ›Ein ertragreiches Jahr wird es geben.‹
Hierher fuhr meine Cynthia mit kurzgeschorenen Ponys davon. Ihre Begründung war Iuno, doch ihr Grund eher Venus.
Appiusstraße, sag’ mir bitte, welch großen Triumph hat mit dir als Augenzeugin sie gehalten, als über dein holpriges Pflaster ratterten die Räder
und hässlicher Wortstreit erschallte in einer Hinterhofkneipe, zwar ohne mein Beisein, aber nicht ohne Beeinträchtigung meines Rufs.
Ein Spektakel – selber auf dem Bock sitzend, hing sie über die Spitze der Deichsel gebeugt, als sie es wagte, die Zügel durch die dreckige Gegend zu lenken.
Dabei verschweige ich ja noch die seidebeschlagene Kutsche des Jüngelchens mit ausgerupftem Barthaar und seine Molosserhunde mit spangenumhängtem Hals,
das dreingeben wird seine käuflichen Lebensziele für schmutzigen Gladiatorenfraß, sobald ein Bartwuchs, dessen es sich zu schämen hat, die Oberhand gewinnen wird über seine glattgeschabten Wangen.
Da so viele Male Unbill widerfuhr meinem Bett, wollte ich mich in Marsch setzen mit meinem übel zugerichteten Lager.
Die eine, eine gewisse Phyllis, ist Nachbarin der Diana vom Aventin – nüchtern nicht sonderlich anziehend, wenn sie trinkt, gefällt aber alles an ihr.
Die andere, eine Teia, wohnt in der Senke ZWISCHEN DEN TARPEISCHEN WALDUNGEN – ein gutherziges Menschenkind, doch wird ihr, ist sie betrunken, ein Mann allein nicht genügen.
Diese beiden beschloss ich zu mir zu laden, um mit ihnen mir die Nacht zu versüßen und mit bis dahin nicht gekannter Liebeslust um neue zu bereichern meine Bettgeheimnisse.
Das eine Bettchen für uns Drei fanden wir auf lauschigem Gras. Du fragst nach der Regelung des Beischlafs? Zwischen beiden habe ich gelegen.
Lygdamus stand zum Einschank bei den Schöpfkellen, aus Glas war das Sommergeschirr, und das griechische Bukett stammte von methymnischem Wein.
Nil, dein Sohn war der Pfeifer, die Kastagnettentänzerin eine Thrakerin vom Volke der Königin Phyllis und gerne bereit, adrett ohne Schminke sich besprühen zu lassen mit Rosenwasser.
Ein Zwerg, der auch noch zusammengeschrumpft war bis zu seinen eigenen Rippen, schwang zum Klang des zur Flöte ausgehöhlten Buchsbaumholzes die verkrüppelten Hände.
Doch flackerte das Flammenlicht, obwohl nachgefüllt worden waren die Öllampen, und fiel auf den Rücken der Tisch mit den Beinen nach oben.
Als auch ich eine ›Venus‹ zu würfeln versuchte durch einen Glückswurf, sprangen immer hoch die verfluchten ›Hunde‹.
Sie sangen ihre Lieder für einen Tauben, entblößten ihre Brüste für einen Blinden. Bei Lanuviums Toren war ich, weh mir, ausschließlich mit meinen Gedanken,
als plötzlich heiser klangen vom Quietschen ihres Zapfens die Türpfosten und leichtes Murren und Knurren aufkam am Eingang des Hauses.
Doch als, ohne zu zögern, Cynthia wie eine Freistilringerin voll auf den Rücken legte die Flügel der Tür, nicht sorgsam gekämmt, aber rasend vor Wut hübsch anzuschauen,
da fiel mir der Becher zwischen den unachtsamen Händen zu Boden und erbleichten meine vom Wein schon erschlafften Lippen.
Blitze sprüht sie aus funkelnden Augen und tobt, wie eine Frau es nur kann – der Schauplatz sah nicht weniger schlimm aus als eine eroberte Stadt.
Phyllis fährt sie vor Zorn ins Gesicht mit ihren Fingernägeln; vor Schreck ruft Teia die Nachbarn nach Löschwasser um Hilfe.
Die Fackeln, die man hinaustrug, stören im Schlaf die Bürger, und von Anfang bis Ende hallt die Gasse wider vom Lärm der verrückten Nacht.
Jene beiden nimmt mit zerzaustem Haar und zerrissener Tunika die erstbeste Taverne einer dunklen Straße auf.
Cynthia freut sich beim Anblick der Beute, die sie vom Leib ihnen riss, eilt siegreich zurück und verletzt mein Gesicht mit der flachen Hand.
Auch prägt ein Mal meinem Hals sie als Denkzettel auf und blutet er von dem Biss, und schlägt vornehmlich auf meine Augen, die es verdienten, sie ein.
Und in dem Augenblick, wo schon ermüdet sie hat ihre Arme von den Schlägen, die mir sie versetzte, wird Lygdamus, der sich verborgen hält an des Kopfendes linkem Pfosten,
aufgestöbert und fleht, als sie ihn aus seinem Versteck hervorzerrt, meinen Schutzgeist an. Lygdamus, nichts habe ich tun können; mit dir zusammen war ich gefangengesetzt.
Mit flehentlich erhobenen Handflächen bin ich dann erst zu einem Abkommen gelangt, als sie mir die Gnade gewährte, gerade einmal berühren zu dürfen ihre Füße,
und sprach: ›Wenn du willst, dass ich dir verzeihe die Verfehlung, die du dir zuschulden kommen hast lassen, vernimm, wie der Text meines Gesetzes lauten wird!
Du wirst weder herausgeputzt lustwandeln in der Schatten spendenden Säulenhalle des Pompeius noch dich, wenn Sand seinen Boden überstreut, auf dem lüsternen Forum ergehen.
Hüte dich, dir den Hals schief zu biegen zu den obersten Rängen des Theaters, oder darauf zu lauern, dass Sänftenträger sich abschwitzen, die offen sind für eine dir gelegen kommende Verschnaufpause!
Lygdamus vor allem, der mir allen Grund zur Beschwerde gibt, soll verkauft werden und an seinen Füßen jeweils zwei Ketten hinter sich herschleifen.‹
Verkündet hat sie ihr Gesetz. Erwidert habe ich: ›Seine Bestimmungen will ich befolgen.‹ Gelacht hatte sie da vor Stolz über die Verleihung des Oberbefehls.
Dann räucherte all die Räume sie aus, die betreten haben die auswärtigen Mädchen. Doch nicht genug damit, schrubbt sie die Schwelle zum Schlafgemach mit sauberem Wasser
und befiehlt mir, von Kopf bis Fuß zwei Mal zu wechseln die Schlafmäntel, und umnebelte drei Mal mit brennendem Schwefel mein Haupt.
Und nachdem ich so Mantel für Mantel meine Bettkleidung gewechselt hatte, beglich ich meine Schuld und entledigten wir uns der Rüstung übers ganze Lager verstreut.«
Mit dem Genuss gelesen, den sie verdient, schlägt diese Königin der Liebeselegien in dem alten Meinungsstreit, ob der ehrgeizigere Properz mit all den Ecken und Kanten seines Stils dem ausgeglicheneren Tibull vorzuziehen ist, von Anfang bis Ende zu Buche.
15 Quint. inst. 10,1,93.
16 Prop. 4,1,121 und 127–128; Tib. 1,1,3. 19–22. 33–34. 37–38 und 1,3,5–8.
17 Prop. 4,1,128–130.
18 Tib. 1,1,41–48.
19 Prop. 4,1,121–126.
20 Prop. 2,1,71–78.
21 Darüber eingehender Flach, Horaz und Properz, passim.
22 Dazu Flach, Horaz und Properz, 36–40. 70–80.
23 Prop. 2,34,85–94.
24 Prop. 2,34,31–32.
25 Hor. c. 3,30,10–14.
26 Prop. 3,1,1–4.
27 Prop. 3,2,17–26.
28 Prop. 3,9,2–4.
29 Prop. 3,9,23–24.
30 Prop. 3,9,29–30.
31 Prop. 3,9,57–58.
32 Prop. 2,16,36.
33 Prop. 2,16,37–40.
34 Prop. 3,11,39–46.
35 Prop. 4,7.
36 Becker, Hermes 99, 1971, 454–455.