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29. Oliver

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Erleichtert drückte Oliver die Entertaste. Der Bericht über den Selbstmord war fertig geschrieben. Ratternd nahm der Drucker seine Arbeit auf. Oliver hatte sich eine persönliche Deadline gesetzt. Er würde die Nummer erst wieder wählen, wenn einer seiner aktuellen Fälle aufgeklärt war. Er schüttelte über sich selbst den Kopf. Als Kind hatte er mit diesem Spiel angefangen. Wenn in den nächsten zehn Minuten ein rotes Auto die Straße langfährt, würde er seinen Eltern beichten, dass er in Mathe eine Fünf hatte, wenn im Schwimmbad einer der nächsten vier Springer eine Arschbombe vom Einer macht, würde er Mona fragen, ob er sie küssen dürfe.

War der aktuelle Fall überhaupt ein echter Fall? Es war ja nur ein Selbstmord, und er hatte nichts aufgeklärt. Schluss jetzt! Er wählte ihre Nummer, räusperte sich und wartete auf das Freizeichen.

„Hallo ... “

„Ähm … Frau Mika?“ Noch während er so geschäftsmäßig wie möglich ihren Namen sagte, sprach die Stimme weiter:

„… es gibt sicher Wichtiges. Namen und Nachrichten bitte nach dem Piep.“

Völlig überrumpelt legte er den Hörer auf.

„Ich bin so ein Depp“, murmelte Oliver vor sich hin.

Robert machte die Tür auf und schaute ihn erstaunt an: „Na, erzählst du dir Neuigkeiten? Sollte ich die auch kennen?“

„Nein. Es reicht, wenn ich die ganze Arbeit mache.“ Oliver griff sich einen Aktendeckel aus der Schublade, nahm den Bericht aus dem Drucker und setzte seine Unterschrift darunter. Auf einen kleinen Zettel schrieb er sich noch Livs Mobilnummer auf und schob sein Telefon in die Tasche. „Ich bringe das nur schnell zum Alten.“

„Weiß deine Journalistin schon, dass ihr Friedenshund entlastet ist?“

„Es ist nicht meine Journalistin und nein, sie weiß es noch nicht.“

„Na, dann ruf ich sie doch mal an und sag es ihr.“ Robert griff nach dem Schwenkarm des Telefons und zog es zu sich rüber.

„Das kannst du gleich bleiben lassen. Ihr Telefon ist ausgeschaltet.“

„Wusste ich es doch …“

„Was? Dass ich Verdächtige oder Zeugen über für sie relevante Neuigkeiten informiere?“

„Oliver …“ Robert zog den Namen in die Länge und grinste.

„Du spinnst. Ich hab dir doch gesagt, dass die Frau merkwürdig reagiert hat, als ich mit ihr sprach. Unschuldige Menschen sind bei Anfragen der Polizei hilfsbereit. Nur Verdächtige geben einsilbige Antworten. Sie hat nur bestätigt, was schon bewiesen war oder wo sie mir nicht ausweichen konnte. Ich habe da ein ganz komisches Gefühl.“

„Ist klar.“

„Wenn ich es dir doch sage.“

„Weißt du was? Am besten mache ich mir selbst mal ein Bild von der Frau. Vier Augen und Ohren bemerken doch mehr als zwei. Oder was meinst du?“

Oliver brauste auf. „Das ist ja nun totaler Blödsinn. Vertraust du meinen Instinkten nicht mehr?“

„Doch. Aber meinen auch. Vor allem, wenn es um dich geht“, antwortete Robert trocken.

„Blödmann. Ich bin weg.“ Er fühlte, wie er rot anlief, sprang auf und riss den Zettel mit Livs Nummer vom Block ab.

Wenn die Sekretärin des Staatsanwalts heute wieder diese mörderischen schwarzen Pumps trägt, dann rufe ich noch mal an und hinterlasse eine Nachricht. Oliver klopfte an die Vorzimmertür.

„Herein, bitte“, rief eine fröhliche Frauenstimme.

Er drückte die Tür auf, und ein von blonden Kringellocken umrahmtes Gesicht lächelte ihm entgegen. „Hey, Oliver, du bist es. Wie schön. Was kann ich für dich tun?“

„Ich hab was für den Alten.“ Er trat näher, gab ihr die Mappe, und sein Blick huschte zu ihren Füßen. Mist! Schwarz und schwindelerregend hoch! Also war es Schicksal. Er verabschiedete sich mit klopfendem Herzen und ging auf den Parkplatz. Niemand in der Nähe? Nein, dann los. Kurzes Räuspern, Nummer eingetippt, und schon erklang die Ansage, auf die er eben noch peinlicherweise reingefallen war.

„Tag, Frau Mika, Klauenberg hier. Bitte rufen Sie mich unter der Nummer zurück. Es gibt Neuigkeiten zum Tod von Herrn Szumanski.“ Er trennte die Verbindung und schüttelte den Kopf. Er hätte ihr nur sagen müssen, dass der Speicheltest ihren Hund entlastet hatte. So musste sie ihn zurückrufen. Aber das wiederum fühlte sich gar nicht blöd an. Oliver ging zurück ins Polizeirevier.

Weggeworfen / Vergangen: Zwei Romane in einem Band

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