Читать книгу TikTok, Snapchat und Instagram - Der Elternratgeber - Tobias Bücklein, @dieserdad - Страница 12
ОглавлениеVier Erziehungsgrundsätze für die sozialen Medien
Wenn Sie den Umgang Ihres Kindes mit den sozialen Medien regulieren und es dadurch in seinem Verhalten einschränken, sollten Sie dabei folgende pädagogischen Grundsätze berücksichtigen:
1. Kinder brauchen klare Regeln, an denen sie sich orientieren können
Die meisten Kinder möchten es gern richtig machen. Das können sie aber nur, wenn Sie als Eltern nicht „herumeiern“, sondern eindeutige Regeln aufstellen, beispielsweise: „Abends um 20 Uhr kommt das Handy auf den Küchentisch.“
Zur Klarheit von Regeln gehört auch, dass Sie sie durchsetzen. Anders gesagt: Ihr Kind wird immer wieder versuchen, die Regeln zu brechen oder zu ignorieren, damit es sicher sein kann, dass Sie es wirklich ernst gemeint haben. Eine nicht durchgesetzte Regel hat für das Kind keine Bedeutung oder sie sorgt im schlimmsten Fall für ein schlechtes Gewissen bei Ihrem Kind, weil es etwas tun kann, von dem es weiß, dass Sie es eigentlich nicht wollen.
2. Kinder müssen Sinn und Absicht hinter einer erzieherischen Maßnahme erkennen
Erziehung sollte nicht willkürlich sein oder auf Launen beruhen, sondern auf Haltung und Werten und dabei erkennbare Ziele verfolgen. Beispielsweise wollen Sie Ihrem Kind die Priorität von Lernen gegenüber Unterhaltung vermitteln oder dafür sorgen, dass es genügend Schlaf hat. Das heißt nicht, dass Ihr Kind diese Ziele teilen oder sie richtig finden muss. Aber es muss wissen, was Sie mit einer erzieherischen Maßnahme bezwecken oder sich erhoffen.
Tipp
Das Warum muss klar sein: Sie sollten Ihrem Kind immer wieder sagen, warum Sie eine Einschränkung vornehmen, zum Beispiel: „Bitte leg jetzt das Handy weg. Es ist wichtig, dass du auch ohne Musik einschlafen kannst und nicht vom Klassenchat immer wieder daran gehindert wirst.“ Dazu muss Ihnen das Warum Ihrer Maßnahmen natürlich zunächst selbst klar sein.
3. Kinder wollen Mitsprache und Flexibilität
Idealerweise stellen Sie Regeln gemeinsam auf. Das heißt nicht, dass Sie demokratisch mit gleichem Stimmrecht beschließen, wie viele Stunden Ihr Kind am Bildschirm verbringen darf. Im Aushandeln kann Ihr Kind aber seine eigenen Erfahrungen mit Ihnen diskutieren und einbringen.
Gerade wenn es um die sozialen Medien geht, bei denen Ihr Kind vermutlich einen Erfahrungsvorsprung vor Ihnen hat, ist es wichtig, auch seine Meinung zu hören.
Flexibilität und klare Regeln widersprechen sich nur auf den ersten Blick. Wenn Ihr Kind am Ende der täglich vereinbarten Stunde Bildschirmzeit das Video noch fertig schauen will, kommt es darauf an, ob das „Zu-Ende-Schauen“ noch 3 oder 15 Minuten dauert (Verhältnismäßigkeit) und ob das jeden Tag so ist. Ausnahmen bestätigen die Regel, nicht umgekehrt. Wichtig ist, dass die ursprüngliche Vereinbarung erkennbar bleibt und es einen guten Grund für die Flexibilität gibt.
4. Kritisieren Sie das Handeln, nicht das Kind
Irgendwann wird auch Ihr Kind vermutlich Dinge tun, die Sie nicht mögen. Möglicherweise setzt es sich über Regeln hinweg, enttäuscht Ihr Vertrauen oder handelt gegen gemeinsam getroffene Vereinbarungen. Dann ist es wichtig, dass Liebe als Grundlage Ihrer Erziehung erhalten bleibt.
Liebevoll, aber konsequent
Sie dürfen streng sein. Sie können dem Fehlverhalten Ihres Kindes Konsequenzen folgen lassen. Aber es muss weiterhin spüren, dass sich Ihr Ärger gegen sein konkretes Verhalten richtet und nicht allgemein gegen seine Persönlichkeit.
Im Wesentlichen kommt es dabei darauf an, wie Sie sich gegenüber Ihrem Kind äußern: „Du bist so dumm! Ständig hängst du an deinem Gerät und verblödest allmählich.“ Mit dieser Aussage hat Ihr Kind in erster Linie das Gefühl, nicht angenommen zu werden, und es wird sich vermutlich noch mehr in die tröstende Welt der sozialen Medien flüchten. Außerdem weiß es nach Ihrem Ausbruch nicht, was es konkret tun soll, um die Situation zu bereinigen. Die bessere Reaktion wäre zum Beispiel: „Wir hatten vereinbart, dass du erst die Hausaufgaben machst, bevor du in den Gruppenchat gehst. Ich bin sauer, dass du dich daran nicht hältst. Gib jetzt bitte das Handy ab. Du kannst es vor dem Abendessen noch mal eine halbe Stunde bekommen.“
Die Erziehungsgrundsätze in der Praxis
Wie genau die Regeln bei Ihnen zu Hause lauten und in welchen Bereichen es immer wieder zu Diskussionen kommt, ist individuell verschieden. Typische alltägliche Situationen, in denen die zuvor beschriebenen Erziehungsgrundsätze zur Anwendung kommen sollten, sind jedoch die folgenden Klassiker im Umgang mit sozialen Medien und Smartphones:
Tipp
Soziale Medien nicht als Belohnung nutzen: Häufig wird die Nutzung des Smartphones zur Belohnung eingesetzt. „Wenn du Mathe gemacht hast, darfst du eine halbe Stunde spielen.“ Damit wird eine Trennung des Alltags in angenehme Freizeit und unangenehme Pflichten etabliert, wie sie auch im Erwachsenenalter häufig als gegeben angenommen wird. Für die konsumorientierte Wirtschaft ist das zwar hervorragend, unterschlagen wird dabei jedoch, dass auch eine erfolgreich gelöste Aufgabe, eine bestandene Prüfung und das Ergebnis einer anstrengenden Tätigkeit erfreulich sein können. Versuchen Sie, das verbreitete Pflicht-Belohnungs-Schema möglichst zu vermeiden. Auch Anstrengung kann schön sein. Und Berieselung kann auch lustlos machen.
Soziale Medien und Schlaf: Jedes Kind braucht Schlaf, oft aber wird es daran durch Angebote und Verlockungen der sozialen Medien eher gehindert. Deshalb sollten Smartphones ab einer gewissen Uhrzeit nicht mehr benutzt und am besten sichtbar zum Beispiel auf dem Küchentisch abgelegt werden.
Soziale Medien und Lernen: Wenn Ihr Kind aus der Schule kommt, ist ein persönlicher Austausch über die Erlebnisse des Tages fruchtbarer als eine Erholungspause in den sozialen Medien. Manche Forscher vermuten sogar, dass Mediennutzung nach der Schule die Speicherung des dort gelernten Stoffes eher behindert und die Konzentrationsfähigkeit für die Hausaufgaben senkt.
Soziale Medien und Gemeinschaft: Die Smartphone-Nutzung darf nicht in Konkurrenz zu anderen Formen des sozialen Miteinanders treten. Also haben die Geräte nichts in einer analogen Gesprächssituation beim Treffen mit Freunden oder beim gemeinsamen Abendessen zu suchen. Damit sich in Familien auch die Erwachsenen an diese Regel halten, hat sich die Einführung eines „Handyturms“ bewährt, auf den alle ihr (ausgeschaltetes) Smartphone zu Beginn des Essens ablegen.