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II. Parallelität von DSGVO und „Altgesetzen“
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Eine jedenfalls für eine längere Dauer fast noch komplexere Problematik besteht im Hinblick auf die nationalen Datenschutzregeln und Gesetze, die nach wie vor nicht an die DSGVO angepasst worden sind. Soweit solche nationalen Regelungen nicht entweder außerhalb des Anwendungsbereichs der DSGVO liegen oder spezialgesetzliche Richtlinienvorgaben umsetzen, sind sie nur noch in dem Umfang zugelassen und anwendbar, wie sie von Öffnungsklauseln der DSGVO gedeckt sind.
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Auch wenn in Deutschland durch das 1. und das 2. DSAnpUG und das BDSG viele Datenschutzvorschriften in Spezialgesetzen bereits angepasst worden sind, stehen manche Anpassungen noch aus (wie z.B. beim TMG, welches durch das 2. DSAnpUG nicht geändert worden ist). Das führt dazu, dass weiterhin nationale Rechtsvorschriften fortbestehen, die nicht an die neue europäische Rechtslage angeglichen sind.
Beispiel
In seinem Urteil vom 14.2.2019 hat sich der EuGH u.a. mit der datenschutzrechtlichen Bereichsausnahme für die Medien befasst und Hinweise zur Vereinbarkeit des Medienprivilegs nach nationalem Recht mit dem europäischen Datenschutzrecht gegeben.14 Art. 85 DSGVO sieht analog der RL 95/46/EG zwar generell eine datenschutzrechtliche Privilegierung der Medien vor, soweit personenbezogene Daten „zu journalistischen Zwecken“ verarbeitet werden. Nach Art. 85 Abs. 2 DSGVO dürfen die Mitgliedstaaten hiernach Abweichungen oder Ausnahmen von Kapitel II (Grundsätze) aber nur vorsehen, wenn dies erforderlich ist, um das Recht auf Schutz der personenbezogenen Daten mit der Freiheit der Meinungsäußerung und der Informationsfreiheit in Einklang zu bringen. Aus den Ausführungen des EuGH lässt sich ableiten, dass er eine umfassende Bereichsausnahme für zu weitgehend halten könnte, wenn dadurch z.B. sämtliche Rechte der betroffenen Personen ausgeschlossen sind.
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Nationale Vorschriften können seit dem 25.5.2018 somit nicht mehr bedenkenlos weiter angewendet werden, so dass für die Unternehmen eine gewisse Rechtsunsicherheit entsteht. Sie müssen in jedem Einzelfall prüfen, ob und in welchem Umfang die Regelung von einer Öffnungsklausel der DSGVO oder einer spezialgesetzlichen EU-Richtlinie gedeckt ist. Nur in diesem Rahmen kann die jeweilige Vorschrift weiter angewendet werden. Außerhalb dieses Rahmens gilt der Anwendungsvorrang des EU-Rechts, so dass dann ggf. auf die Vorschriften der DSGVO zurückgegriffen werden muss.
Praxishinweis
Sobald für eine konkrete Rechtsfrage Normen verschiedener Gesetze relevant sind, sollte in einem ersten Schritt die Wirksamkeit dieser Normen und ihr Verhältnis zueinander anhand der vorstehend aufgeführten Maßstäbe geprüft werden.
14 EuGH, Urt. v. 14.2.2019 – C-345/17, ECLI:EU:C:2019:122.