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Immer nur so, wie es am einfachsten erscheint?

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Eine entscheidende Konferenz Anfang der 1980er-Jahre war der Ausgangspunkt für vieles, was Neurowissenschaftler heute übers Lernen wissen – sie stellte nämlich die Frage: „Wie lernen wir eigentlich wirklich?“. Die Erkenntnisse, die infolge der damals diskutierten Ansätze gewonnen wurden, sind übrigens auch die Grundlage meines C7-/C9-Lernsystems. Unter den interessierten Teilnehmenden fanden sich nicht nur Forscher aus den damals noch jungen Disziplinen Neurobiologie, Neurophysiologie oder Neurowissenschaften, sondern auch Lehrer:innen, Dozent:innen, Biologen Coaches, Künstler:innen und Tänzer:innen – alles Menschen, die anderen etwas beibringen wollten.

Im Laufe dieser Konferenz kristallisierte sich nämlich heraus, dass es vier unterschiedliche, unbewusste innere Zielfragen gibt, mit denen Menschen sich einem neuen Thema nähern oder, anders ausgedrückt: lernen. Nämlich …

 Warum?

 Was?

 Wie?

 Was wäre, wenn?

Wenn wir lernen, stellen wir uns also unbewusst dabei eine der genannten Fragen – wobei sich jede:r von uns von einer ganz besonders angesprochen fühlt. Wir gehen also mit unterschiedlichen Ansätzen ans Lernen heran.

Das Spannende war, dass die teilnehmenden Lehrkräfte nach der Konferenz in ihre Schulen zurückgingen und sagten: „Da wir nun wissen, es gibt vier Lerntypen, teilen wir also unsere Schüler:innen jetzt in die entsprechenden Lerntyp-Lerngruppen ein.“ Das eigentliche Ziel war, homogene Gruppen zu bilden, nämlich eine für jeden Lerntyp.

Aber nicht jedes Kind machte mit.

Manche Kinder sagten: „Wunderbar, ich lerne mit Kindern, die derselbe Lerntyp sind wie ich.“ Diese Kinder bildeten eine Gruppe A und lernten eben genau so: ausschließlich mit ihrem Lerntyp.

Andere Kinder meinten: „Nee, nur mit Kindern, die derselbe Lerntyp sind, das möchte ich nicht. Ich möchte irgendwie wenigstens ab und zu mit meinen Kumpels zusammen sein.“ Diese Kinder gehörten zur Gruppe B, die man als „halb passend“ kategorisierte, diese Kinder lernten also mal nach Lerntyp, mal gemischt.

Und dann gab es noch Kinder, die sagten: „Kommt überhaupt nicht infrage, ich möchte mit meinen Kumpels lernen, ich pfeife auf Lerntypen.“ Diese Kinder also lernten immer mit anderen Kindern, die nicht ihrem eigenen Lerntyp entsprachen, man bezeichnete diese Gruppe C als „nicht passend.“

Nach einem Jahr wurde evaluiert und die Lernergebnisse und die Lernerfolge wurden gemessen. Am Ende stand ein äußerst spannendes Ergebnis, was zunächst so gar nicht dem entsprach, das alle erwartet hatten. Nicht Gruppe A, also die Schüler:innen in der homogenen Lerngruppe, schnitten mit den besten Ergebnissen ab. Gruppe C natürlich auch nicht, das hatte auch niemand erwartet. Was aber alle überraschte, war, wer wirklich die besten Ergebnisse hatte – nämlich die Kinder aus der Gruppe B. Also die Kinder, die sowohl mit Kindern des gleichen Lerntyps wie auch mit Kindern anderer Lerntypen lernten. Das war tatsächlich ein bahnbrechendes Ergebnis. Denn es zeigt, dass wir besser lernen, wenn wir abwechseln zwischen dem, was uns liegt und dem, was eine Herausforderung für uns darstellt – genau das führt zu den besten Lernerfolgen.

Kurz zusammengefasst: Es ist egal, ob du ein visueller oder auditiver Lerntyp bist, egal, welche Zielfrage dich zum Lernen motiviert, egal, ob du besser haptisch oder kinästhetisch Informationen aufnimmst – solange du beim Lernen ausschließlich in deiner Komfortzone bleibst und immer nur das tust, was dir am leichtesten fällt, nutzt du nicht dein volles Lern-Potenzial.

Schneller und besser lernst du, wenn du zwischen unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen wechselst. Also mal etwas machen, das ganz einfach geht, mal etwas, das ein bisschen schwieriger ist.

Digitales Lernen?

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