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30. August 1978 - Hamburg, Deutschland

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Ben holte tief Luft. Er versuchte es sich nicht anmerken zu lassen wie sehr ihn diese Erkenntnis traf. Die deutsche Ärztin war seine Schwester. Nun war ihm klar, warum sein Vater so dringend versucht hatte ihn seit zwei Tagen zu erreichen. Andrea in den Händen von Entführern. Chaotisch jagten alle möglichen Szenarien durch seinen Kopf. Er kannte die Haltung der deutschen Regierung in Bezug auf Geiselnehmer und Forderungen gleich welcher Art. Von der Regierung unter Helmut Schmidt war außer diplomatischer Hinhaltetaktik nicht mit Hilfe zu rechnen.

„Du glaubst ich bin dafür der Richtige?“, fragte er seinen Vater.

„Du bist Familie und du sprichst die Sprache“, sagte Albert Karst. „Du kannst dort Dinge bewegen, die Fremden nicht erlaubt würden“.

„Aber ich bin kein Action Held oder Kämpfer, und ich glaube nicht, dass man da einfach so rein spazieren und bei den Rebellen anklopfen kann. Davon abgesehen, dass wir gar nicht wissen wo ich klopfen sollte“.

„John wird dich unterstützen“, entgegnete der Vater. „John lebt seit Langem in Costa Rica, und er ist kampferprobt. Er gehörte einer Eliteeinheit an und ist vor ein paar Jahren als einer der Letzten aus Vietnam zurückgekommen. Wenn sich einer mit Guerillas auskennt, dann er“.

„Schön, dann habe ich wenigstens einen Aufpasser, falls er mir nicht in einem Post Traumatischen Anfall die Kehle durchschneidet“, entgegnete ihm Ben sarkastisch. „Warum stellst du nicht eine Truppe aus lauter Johns zusammen und schickst sie dahin?“.

Der Alte seufzte und erklärte mit einer Stimme mit der man zu einem Kind spricht.

„Du bist ihr Bruder. Möglicherweise wird man dir mehr Einsicht in Unterlagen gewähren und offizielle Hilfe zuteilwerden lassen als einer Truppe von Söldnern. Ich habe ja nicht gesagt, dass du da als kriegerischer Stoßtrupp einmarschieren sollst. Eventuell werdet ihr euch eurer Haut wehren müssen, aber vielleicht gibt es ja auch einen unblutigen Weg. Außerdem werde ich dir eine große Summe Geldes für ein eventuelles Lösegeld oder Bestechungen mitgeben, und das sehe ich lieber innerhalb der Familie“.

„Das wird ja immer besser“, knurrte Ben missmutig. „Ich gehe in einen Bürgerkrieg und die Dollarbündel schauen aus meinen Taschen heraus. Was glaubst du welche Überlebenschance wir haben?“

Albert Karst gab John einen Wink mit dem Kopf und dieser verließ das Büro.

„Du wirst eine Safarijacke bekommen“, eröffnete er seinem Sohn. „In deren Futter sind 250.000 Dollar eingenäht. Zusätzlich 50.000 Dollar Handgeld in einem speziellen Gürtel versteckt. Ich schlage vor, du behältst das für dich; auch John gegenüber. 600.000 Mark sind kein Pappenstiel. Es wurden Menschen für viel weniger ermordet. Und nun sei so nett und hole John wieder herein“.

Ben stieß die Luft aus und ging zur Tür. Nachdem John wieder da war fuhr Albert Karst fort.

„Zurzeit ist das Land durch einen Generalstreik lahmgelegt. Es gibt schwere Unruhen und Protestkundgebungen. Am 22. August besetzte eine Gruppe der FSLN den Nationalpalast in Managua und nahm das anwesende Parlament sowie mehrere Minister und Familienangehörige Somozas, insgesamt 1500 Menschen, als Geiseln. Die den Terceristen angehörigen FSLN-Mitglieder trugen Uniformen einer Infanterieschule der Nationalgarde und nannten sich Kommandogruppe „Rigoberto Lopez Perez“. Mit der Geiselnahme gelang es ihnen, 60 Gefangene freizupressen. Außerdem hat die Frente Amplio de Oposición zum Generalstreik aufgerufen. Die FAO ist ein gewaltfreies Oppositionsbündnis, aber lange werden die Regierungstreuen die Massendemonstrationen, Unruhen und Streiks nicht mehr hinnehmen. Der Flughafen von Managua ist kein sicherer Einreiseort mehr. Ihr müsst über Honduras oder Costa Rica einreisen, und ihr müsst euch beeilen“.

„Und dann, was schlägst du vor wie es dann weitergeht?“, fragte Ben.

„Nun, dann müsst ihr Kontakt zu den Rebellen aufnehmen und dann wird sich dein Verhandlungsgeschick zeigen“, sagte der Ältere.

Ben knurrte: „wahrscheinlich muss ich nur deinen Namen nennen und alle überschlagen sich vor Ehrerbietung“.

„Und das Lösegeld wird dadurch wohl auch weniger.“

Albert Karst zog scharf die Luft ein und sagte schneidend „solche Verbalattacken sind kontraproduktiv“.

„Außerdem bestehe ich auf mehr Respekt deinem Vater gegenüber“.

Nun war es an Ben tief durchzuatmen. Als er anfing zu sprechen wusste er, dass er es besser nicht tun sollte. Aber er konnte nicht anders.

„Respekt“, schnaufte er, „Respekt, mein lieber Vater, muss man sich verdienen“.

„Den kann man nicht kaufen und auch nicht erpressen. Wenn du jemals Respekt für deine Kinder gezeigt hättest, oder auch nur Interesse an dem was deine Kinder wollen, was deine Kinder bewegt, dann hättest du nicht eine Tochter die sich nach Strich und Faden betrügen lässt und die zur Alkoholikerin wurde weil sie unglücklich ist, und weil sie dieses Unglück im Vergleich mit dir noch für erträglich hält. Du hättest keinen Sohn, der zu feige ist, dir zu sagen, dass er kein Interesse an deinem Imperium hat, dass er seinen rechten Arm für ein Lob von dir hergeben würde, und dass er auf dem besten Weg ist ebenfalls dem Alkohol zu verfallen. Und deine jüngste Tochter wäre jetzt nicht dort wo sie ist. Nein, Albert Karst, Respekt muss man sich verdienen. Und ich habe vor mir jetzt meine eigene Achtung zurückzuholen. Und jetzt besuche ich meine Mutter. Morgen früh um 09:00 Uhr bin ich hier, und wir besprechen die Vorgehensweise“.

Als er das Büro verließ fiel die schwere Eichentür mit einem Kanonenschlag ins Schloss und sein Vater sank mit hochrotem Kopf in seinen Sessel.

La Liberación

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