Читать книгу Die dritte Ebene - Ulrich Hefner - Страница 52

Baltimore, Maryland

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Der Blick über den Lake Montebello Drive auf den See erinnerte Suzannah Shane an ihr Zuhause in Racine. Sie saß auf einem bequemen Liegestuhl und genoss den Sonnenuntergang. Auf dem Grill schmorten saftige Steaks, und der Geruch ließ ein heimeliges Gefühl in ihr aufkeimen. Beinahe so wie früher, als ihr Vater noch lebte. Der laue Frühsommerabend war wie gemacht für einen geselligen Abend. Peggy hatte ein paar Nachbarn und Freunde zum Barbecue eingeladen. Suzannah verfolgte mit den Augen den roten Ball am Himmel, der langsam der Erde zustrebte, und hing ihren Gedanken nach. Sie hatte Smalltalk mit den Gästen gemacht, doch nun suchte sie abseits des Rummels etwas Ruhe.

Als sie Schritte hinter sich hörte, horchte sie auf. Peggy stapfte über den Rasen. Ein mitleidiges Lächeln lag auf ihren Lippen.

»Es ist dir zu viel?« Peggy setzte sich neben Suzannah auf einen gepolsterten Stuhl.

Suzannah schüttelte den Kopf, doch es gelang ihr nicht, überzeugend zu wirken. Zu halbherzig war ihre Geste, wusste sie doch, dass sie Peggy nichts vormachen konnte.

»Gleich können wir essen: Die Steaks sind fast durch und die Maiskolben schön knusperig. Du hast es bald überstanden.«

Suzannah lehnte sich zurück und betrachtete versonnen, wie sich die rote Scheibe hinter den Horizont schob. »Denkst du manchmal auch über den Tod nach?«

Peggy riss die Augen auf. »Was ist los mit dir, was soll der Unfug?«, fragte sie besorgt.

»Keine Angst«, beeilte Suzannah sich zu sagen. »So schlimm sind meine Depressionen nicht. Die untergehende Sonne hat mich auf den Gedanken gebracht. Es sieht so aus, als ob die Sonne verglüht und in die Erde stürzt. Und am nächsten Tag steht sie wieder auf und zieht am Himmel ihre Bahn, als ob nichts gewesen wäre.«

»Sie stirbt nicht, sie geht unter«, berichtigte Peggy.

»Ja, ich weiß. Ich denke nur … glaubst du, dass sich für uns Menschen alles wiederholt? Dass wir, wenn wir sterben, einfach eine Stufe weiter wandern, um dort neu zu beginnen?«

Peggy atmete auf. »Ich weiß nicht. Vielleicht ist auch alles nur zu Ende.«

»Für immer?«

»Over and out«, erwiderte Peggy. »Ausgelöscht, beerdigt und verfault. Und irgendwann vergessen. Ich glaube, mehr ist da nicht.«

»Ich habe ein Buch gelesen. Von einer Autorin mit indianischem Namen. Ich komm nur gerade nicht drauf. Sie meint, der Geist ist viel zu stark, um einfach zu vergehen. Nur der Körper ist schwach. Sie nennt es Parallelexistenz. Es gibt Tausende von Welten, in denen sich unser Leben ständig wiederholt. Wie ein Perpetuum mobile. Man stirbt, und alles beginnt wieder von vorn.«

»Und du glaubst diesen Schwachsinn?«

Suzannah warf ihrer Schwester einen verträumten Blick zu. »Ich möchte es gern glauben. Der Gedanke gefällt mir: Dann kann ich so manches in meinem Leben das nächste Mal besser machen.«

Peggy lachte. »Und was würdest du tun, wenn du ihm noch einmal begegnetest? Ich meine in der Parallelwelt, im selben Alter und unter gleichen Voraussetzungen?«

Suzannah richtete sich auf. Ihr Blick wurde ernst. »Ich würde ihm Handschellen anlegen. Und anschließend den Schlüssel wegwerfen.«

Die beiden Schwestern brachen in schallendes Gelächter aus. Suzannah spürte, wie sich der Knoten in ihrer Brust löste und einer angenehmen Leichtigkeit Platz machte.

Peggy erhob sich und reichte ihrer Schwester die Hand. »Komm jetzt, die Steaks sind bestimmt fertig.«

»Gut, ich habe nämlich einen mächtigen Appetit.«

Sie gingen hinüber zur Veranda. Doch gerade als sie sich setzen wollten, kam ihre Mutter mit dem Telefon in der Hand aus dem Haus.

»Suzi, ein Anruf für dich. Es ist offenbar wichtig.«

»Wer ist es?«

»Professor Huxley.«

Suzannah griff nach dem Telefon. Wenn ihr Vorgesetzter sie im Urlaub anrief, dann musste es wichtig sein. Sie meldete sich.

»Hallo, Suzannah, entschuldigen Sie die Störung«, sagte Huxley. »Ich habe einen Anruf von Professor James Paul von der NASA erhalten. Sie haben ein Problem. Es geht offenbar um die Erforschung einer Art Raumkrankheit bei Astronauten. Ich werde daraus nicht schlau. Jedenfalls wollen sie Sie als Verstärkung für ihr Forschungsprojekt haben. Sie, Suzannah, und niemand sonst. Tut mir leid, Ihnen den Urlaub zu vermasseln.«

»Mich?«

»Sie sollen sich morgen bei Professor Paul melden«, bestätigte Huxley und nannte ihr Pauls Telefonnummer.

Die dritte Ebene

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