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3. Hermeneutik kontextueller Theologien

a) Kontextuelle Theologien

Inkulturation und Pluralisierung der Theologie

Nicht nur der christliche Glaube, sondern auch die Theologie, d. h. die reflexive Rechenschaft des christlichen Glaubens, steht unter dem Sog moderner Pluralisierungstendenzen. So sind in den vergangenen Jahrzehnten verschiedene Formen einer kontextuellen Theologie entstanden. Wie man von einer Vielfalt von Christentümern sprechen kann, muß man heute auch von einer Pluralität von Theologien sprechen. Allen voran sei die auf dem lateinamerikanischen Kontinent entstandene Theologie der Befreiung erwähnt. Neben ihr haben sich spezifische Formen einer afrikanischen, einer afroamerikanischen („Black Theology“), einer asiatischen, speziell einer koreanischen (Minjung-Theologie) und einer indischen Befreiungstheologie (Dalit-Theologie) entwickelt (97). Sodann ist die feministische Theologie zu nennen, die ihrerseits einen befreiungstheologischen Anspruch erhebt, sich aber nochmals in sehr verschiedene und teilweise gegensätzliche Konzeptionen ausdifferenziert hat.

Die Frage nach dem Kontext von Theologie ist im Grunde so alt wie das Christentum, das sich seit dem Beginn seiner Missionsgeschichte in unterschiedliche Kulturen und sozioökonomische Kontexte inkulturiert hat. Letztlich ist alle apologetische Theologie kontextuelle Theologie. In der Vergangenheit galt jedoch die abendländische Gestalt des Christentums und seiner Theologie als normative Tradition für alle Kontinente und Kulturen. Eben diese Dominanz der abendländischen Tradition wird heute in Frage gestellt. Die neuen Theologien mit ihrem befreiungstheologischen Impetus begegnen der Tradition des abendländischen Christentums und seiner Theologie nicht länger mit einer Hermeneutik des Einverständnisses, sondern mit einer Hermeneutik des Verdachts, welche dekonstruktivistisch die gesellschaftlichen Hintergründe und Machtverhältnisse theologischer Theorienbildungen freilegt.

Kontextuelle Theologien, seien sie nun ökologisch, feministisch oder ethnisch-gruppenbezogen, messen Begriffen wie Pluralität oder Alterität eine große und positive Bedeutung zu. Pluralität und Pluralisierung sind nicht nur ein Kennzeichen moderner Gesellschaften, sondern auch des Christentums in Geschichte und Gegenwart. Gerade auf dem Gebiet der theologischen Hermeneutik ist das Bewußtsein gewachsen, daß der christliche Glaube und seine Botschaft immer nur in Gestalt partikularer, geschichtlich und soziokulturell begrenzter Interpretationen in Erscheinung tritt. Dabei darf jedoch der universale Wahrheitsanspruch des Evangeliums nicht aus dem Blick geraten.

Einführung in die theologische Hermeneutik

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