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Samstag, 30. Juli 1938

Berlin-Zehlendorf,

Am Großen Wannsee

»Na Fräulein, wie sieht es aus? Wollen wir noch einmal? Das hat doch gut geklappt mit uns beiden.«

Charlotte nickte und hoffte, dass er ihre Aufregung nicht bemerkte. Er schien Interesse an ihr zu haben, aber sie spürte auch die Anziehung, die er auf sie ausübte. War da wirklich was? Sie tanzten zu zwei Stücken, dann bat die Kapelle zur Pause.

»Darf ich Ihnen ein Getränk spendieren, Fräulein?«, fragte der junge Mann. »Dort im Clubhaus gibt es eine Bar. Und, nicht zu vergessen, das Buffet!« »Ja gerne, ich wollte mir sowieso etwas zu essen holen.«

»Na, das trifft sich ja gut«, lachte er, dann gingen sie zusammen zum Clubhaus. An der Bar bestellte er ihr ein Glas Weißwein und sich selbst ein Bier.

»Zum Wohl, mein Fräulein.« Er hob sein Glas und nickte ihr zu.

»Zum Wohl«, antwortete sie. Das Kribbeln in ihrer Bauchgegend verstärkte sich. Sie fühlte sich beschwingt. War sie gerade dabei, sich zu verlieben? »Haben Sie etwas dagegen, mir Ihren Namen zu verraten?«, fragte der junge Mann.

»Ich heiße Charlotte.«

»Oh, ein wirklich schöner Name. Ich werde von meinen Freunden Heinz genannt.«

»Sehr angenehm.«

Sie plauderten über Namen und andere belanglose Dinge. Charlotte spürte die Aura, die Heinz umgab. Wie akzentuiert er redete. Sie musste sich eingestehen, dass er sie faszinierte.

»So, jetzt muss ich aber mal zum Buffet«, entschied sie und stellte ihr Glas ab. Sie durfte jetzt nicht die Kontrolle über sich zu verlieren. »Selbstverständlich Charlotte, ich habe auch wieder Hunger bekommen«, entgegnete Heinz grinsend. »Dabei war ich vor einer Stunde schon einmal hier.«

Olaf hatte recht gehabt, das Buffet war üppig und sah lecker aus. Bouletten und Würste, Bratkartoffeln, Kartoffelsalat, Eier im Glas, Pellkartoffeln mit Quark und Leinöl, Schmalzstullen und Spreewaldgurken. Sie hatte selten zuvor eine solche Auswahl von Speisen gesehen und konnte sich nicht entscheiden. Als Charlotte und Heinz mit ihren Tellern auf dem Weg zurück zu den Tischen waren, drangen aufgeregte Stimmen vom Eingang des Geländes herüber. Charlotte erkannte vier junge Männer in braunen SA-Uniformen und schwarzen Schaftstiefeln, die lauthals Einlass begehrten und aufgeregt gestikulierten, aber von dem Jungen mit der Melone offensichtlich daran gehindert wurden.

Diese primitiven Schläger, dachte sie angewidert. Ihren Status als staatlich anerkannte Hilfspolizisten, den sie seit geraumer Zeit hatten, nutzen sie weidlich aus und tauchten überall dort auf, wo sie den dicken Mann markieren konnten. Mit Schaudern erinnerte sie sich an das Sturmlokal in der Rothenburgstraße, das auf ihrem Weg zum S-Bahnhof Steglitz lag. Schon am Nachmittag hockte die angetrunkene Horde in dieser finsteren Spelunke, aus der bier- und korndurchsetzte Luft auf die Straße drang, spielten Skat und warteten auf ihren nächsten »Einsatz« gegen die Roten. Nachdem sie einmal von zwei Braunhemden angepöbelt worden war, führte ihr Fußweg zum S-Bahnhof nur noch die Schlossstraße entlang.

»Hoffentlich lassen sie diese widerlichen Burschen nicht auf das Gelände«, grollte Charlotte und drängte Heinz, weiterzugehen.

»Ach, die haben doch nur zu viel getrunken«, beschwichtigte er, »ansonsten sind die doch harmlos.«

»Harmlos? Also ich weiß nicht, was Sie unter harmlos verstehen. Alleine wie sie sich dort benehmen ist doch skandalös.«

Als Charlotte zum Tisch zurückkehrte, empfing Rosa sie mit strahlendem Gesicht.

»Hallo Lotte, dich sieht man ja gar nicht mehr. Bahnt sich da was an?«

»Ach Rosa, du und deine neugierigen Fragen.«

»Aber mir kannst du es doch sagen, Schätzchen.« Rosa tätschelt ihre Wange.


Am Ende Der Dämmerung

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