Читать книгу Gott singt - Ulrike Gadenne - Страница 10
ОглавлениеNoch bevor dieses Buch veröffentlicht werden konnte, legte der Avatar Sri Balasai Baba (geboren 14. Januar 1960 in Kurnool) am 27. November 2018 in Hyderabad Seinen physischen Körper ab.
Während der täglichen »Runden« – so genannt, weil die Besucher gewöhnlich mit Balasai Baba einen Kreis bildeten –, saß Baba wie alle auf dem Boden. So, immer »auf Augenhöhe« mit den Menschen, erlebte ich den Avatar, der inkarniert hatte, um die Menschen wieder an ihr göttliches Erbe zu erinnern. Jeden Tag der 21 Jahre, die ich in Seinen Ashrams in Kurnool und Hyderabad lebte, durfte ich dabei sein, wenn Balasai Baba den Besuchern die Wahrheit des Göttlichen zeigte: unbegrenzte Geduld, die nicht der Zeit unterworfen ist; statt menschlicher Antipathie und Sympathie bedingungslose universelle Liebe, die nicht wertet, weil Er jenseits der Dualität der Schöpfung steht; eine menschliche Form, die weder Abhängigkeiten noch Bindungen kennt, weil sie niemals mit etwas identifiziert war – nicht einmal mit dem eigenen Körper. Wenn Er mit uns aß oder Tee trank, war das eine Verbeugung vor unseren menschlichen Bedürfnissen.
Das höchste Licht nahm das Gefängnis des menschlichen Körpers an – um der erste Diener der Menschen sein zu können und in unendlicher Demut tief auf die menschliche Ebene herabzusteigen. Die immerwährende Nähe Gottes zu erfahren, die Angst vor Gott aufzugeben, das, was jeder als sein Höchstes Göttliches erfährt, in den Bereich der Sehnsucht eintreten zu lassen und als bedingungslose Liebe anzunehmen, war der Sinn der täglichen Treffen. Fragen nach Seiner Göttlichkeit wich Balasai Baba gewöhnlich aus oder machte einen ablenkenden Witz.
Über viele Jahre saß Balasai Baba von den späten Vormittagsstunden oft bis in die frühen Morgenstunden mit uns zusammen. Er nutzte jede Minute, um mit den Besuchern auf allen Ebenen zu arbeiten. Äußerlich erschien das spielerisch und unterhaltsam, innerlich betrat Er alle Bewusstseinsfelder der Besucher und transformierte, was jeweils möglich war. Der Devotee musste seinen Teil dazu tun. Bei der Arbeit am eigenen Charakter oder Bewusstsein durfte selbst der Avatar nicht eingreifen, aber helfen, wenn er gebeten wurde.
Schon vor vielen Jahren hatten die Ärzte Ihm geraten, nicht viel zu sitzen oder zu stehen, aber in Seine strenge Disziplin, Seine »regelmäßige Routine«, ließ Er sich nicht hineinreden. In den letzten Jahren beschränkte Balasai Baba Seine Treffen auf die drei- bis vierstündigen täglichen »Singabende«, die seit 1998 mit seltenen Ausnahmen den ausländischen Besuchern vorbehalten waren. Balasai Baba war ein Weltklassesänger und die Abende vibrierten vor Energie. Vierzig Jahre lang (21 davon kann ich bezeugen) ging Er täglich weit über die Grenzen dessen, was ein physisches System ohne gesundheitliche Folgen ertragen kann. Seit Jahren wurde deutlich, dass diese übermäßige Belastung nicht folgenlos blieb: Am 27. November 2018 fand Ihn frühmorgens Sein langjähriger Devotee und Manager der Projekte, Mr. Rama Rao. Balasai Baba hatte Seinen Körper schon verlassen.
»Die großen spirituellen Führer aller Zeitalter haben ihren Teil an menschlichen Katastrophen auf sich genommen und ihn durchlebt, ohne willkürlichen Gebrauch von den ihnen zur Verfügung stehenden kosmischen Kräften zu machen. Die höchste Funktion der großen spirituellen Wesen liegt nicht in dem, was sie außerhalb der Gesetze unserer physischen Welt tun, sondern was sie innerhalb leisten.« (Meher Baba: »Der göttliche Plan der Schöpfung«, S.34, Lotos Verlag, 2004)
Zwei Tage vorher, am Sonntag, den 25. November 2018, gab Balasai Baba den letzten Singabend in gewohnter fröhlicher Stimmung. Auffallend war, dass Er eine Gruppe Devotees, die danach anreisen wollten, benachrichtigen ließ, früher im November zu kommen. Niemandem fiel etwas auf, als Er an diesem Abend den oft gesungenen Song mit dem Refrain »Don`t care!« sang, erst später wurde die doppelte Bedeutung verstanden: »Kümmert euch nicht darum, wenn mein Körper nicht mehr bei euch ist!« Schon am nächsten Tag wurde im Mandir des Ashrams von Kurnool das Grab ausgehoben und nach den notwendigen Riten der Körper des Avatars, nur in ein Tuch gehüllt, hineingelegt.
Die Form war wieder zum göttlichen
Ozean geworden.