Читать книгу Tabu Bittere Erfahrungen - Ute Dombrowski - Страница 10
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ОглавлениеAm Samstagnachmittag klingelte es und Katja öffnete die Tür. Vor ihr stand Karim mit einer roten Rose. Er kam herein, zog seine Jacke aus und hängte sie an den Haken. Katja nahm die Rose und stellte sie ins Wasser. Beide sagten nichts, aber die Luft um sie herum knisterte wie eine Silvesterrakete beim Explodieren. Karim begleitete Katja ins Wohnzimmer und setzte sich zu ihr auf die Couch, wo sie die Füße auf den Sitz gezogen hatte. Immer noch wortlos schauten sie sich an. Sie las in Karims Augen und es war eine Geschichte aus Liebe, Treue, Vertrauen und Verlangen.
Während Karim lächelte, leckte sich Katja über die trockenen Lippen und begann, langsam ihre Bluse aufzuknöpfen. Karim sog erregt die Luft ein und sah ihr gebannt zu. Katja löste den Haargummi und schüttelte die langen, seidigen Haare auf. Sie streifte die Bluse von den Schultern und stand auf. Karim folgte ihr die Treppe hinauf ins Schlafzimmer. Dort zog er sie weiter aus und ließ seine kräftigen Hände über ihre glühende Haut gleiten.
Sie legte sich hin und betrachtete ihn, als er seine Kleidung abstreifte. Ihr Blick musterte seinen muskulösen, schlanken Körper. Als er endlich zu ihr kam, küssten sie sich und liebten sich sanft. Sie ließen sich treiben, denn nun hatten sie alle Zeit der Welt für ihre neuen und doch so alten Gefühle.
Karim strich ihr anschließend eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie lag in seinen Armen und war zufrieden. Er konnte seinen Blick nicht von ihr lassen, denn er versuchte in ihren Augen und ihrer Haltung zu lesen, was sie für ihn empfand. Katja küsste ihn zärtlich.
„Ich habe dich sehr lieb und ich bin sehr glücklich, dass du bei mir bist.“
Karim schloss die Augen und lehnte sich erleichtert zurück.
„Du machst mich zu einem sehr glücklichen Mann. Ich träume schon so lange davon, mit dir ein …“
Er zögerte und Katja schaute ihn fragend an.
„Ein was?“
„Ein gemeinsames Leben mit dir zu führen. Und ich muss dir sagen, immer, wenn wir uns nähergekommen sind, habe ich in deinen Augen Daniel gesehen. Heute habe ich mich gesehen. Oder liege ich falsch?“
„Es stimmt, Daniel ist in meinem Herzen und du warst da auch schon immer. Aber er hat eine neue Frau gefunden und ich bin frei. Er ist glücklich und ich dachte, ich könnte nur mit EINEM Mann auch wieder glücklich sein. Dieser Mann bist du. Ich kann die Zeit mit Daniel nicht vergessen, aber ich will mit dir zusammen sein und ganz neu beginnen. Ich will mit dir einschlafen und wieder aufwachen, mich mit dir streiten und wieder versöhnen, mit dir lachen und mit dir weinen. Willst du dieser Mann sein?“
Statt sofort zu antworten, zog er sie an sich und küsste sie lange.
„Ja, ich will dieser Mann sein“, sagte er später. „Ich liebe dich mehr als alles andere auf der Welt. Daniel ist mein bester Freund, aber er hat eine andere Frau und du hast jetzt mich.“
Karim packte sie fester und sie liebten sich, bis sie atemlos zum Höhepunkt kamen. Katja schlief danach erschöpft in seinen Armen ein.
Am Sonntagmorgen wachten sie gemeinsam auf. Katja stand auf und sah aus dem Fenster, denn es war sehr still. Diese Stille konnte nur eines heißen: Schnee. Beim Blick aus dem Fenster begann sie zu grinsen.
Sie drehte sich zu Karim um und sagte: „Schnee, mein Bester. Und so viel …“
Karim sprang aus dem Bett und kam zu ihr ans Fenster. Seine Augen begannen vor Begeisterung zu leuchten. Es hatte über Nacht etwa zwanzig Zentimeter Neuschnee gegeben. Eilig zog er sich an und lief die Treppe hinunter. Er öffnete die Tür zur Terrasse und stand bis zu den Knöcheln versunken in dem kalten weißen Pulver. Er bückte sich, um das frische lockere Weiß in die Luft zu werfen.
Katja hatte sich angezogen, stand im Wohnzimmer, schaute zu und wusste das erste Mal, was Daniel damals damit gemeint hatte, als er sagte, Karim wäre verrückt nach Schnee. Sie fand bis dahin Schnee nicht so wichtig, aber als sie seine Begeisterung sah, ließ sie sich anstecken. Sie zog sich Jacke und Schuhe an und ging zu ihm auf die Terrasse.
Die Schneeballschlacht war für beide ein großer Spaß. Danach gingen sie zum Aufwärmen unter die Dusche und frühstückten mit Blick auf die weiße Pracht. Nach dem Frühstück lief Karim hinaus und suchte in der Garage den Schneeschieber. Er schippte die Einfahrt frei und dann gleich noch die halbe Straße. Katja sah ihm vom Fenster aus zu. Als er wieder hereinkam, war ihm heiß von der Arbeit. Seine eiskalten Hände aber schob er unter ihren Pullover.
„Nein! Nein, lass das! Das ist saukalt!“, schimpfte Katja.
Karim ließ sich nicht beirren. In seinem Übermut warf er sie sich über die Schulter und trug sie bis zum Wohnzimmertisch. Mit Blick auf den verschneiten Garten küsste er sie leidenschaftlich.
„Ich liebe Schnee“, sagte er. „Fast so sehr wie dich.“
„Der bleibt sicher liegen, wenn es weiter so schön kalt ist. Da wirst du noch viel Freude daran haben. Leider kommen wir hier erst wieder weg, wenn die Straßen geräumt sind.“
„Wir müssen nirgends hin. Ich beginne nun doch erst im Januar mit der Arbeit und du hast Ferien. Also bleiben wir hier. Bett und Schnee, alles gut.“
Bis zum Heiligen Abend schneite es nicht mehr und die Straßen waren auch bald geräumt. Ansonsten war genug Schnee liegengeblieben und sie gingen jeden Tag spazieren. Für einen Schneemann war der Schnee zu locker, aber eine Schneeballschlacht pro Tag musste einfach sein. Am Heiligabend fuhren sie in Karims Wohnung und saßen bis tief in der Nacht am Kamin. Er hatte sich von Daniel Holz geholt, ihm aber nichts davon gesagt, dass er jetzt mit Katja zusammen war.
Am ersten Feiertag waren sie zum Mittagessen mit Bea, Nick und Lauren verabredet. Lauren hatte im April den süßen Oliver zur Welt gebracht. Katja hatte bis jetzt nur Bilder gesehen. Sie musste an Jannis denken und es tat weh, aber sie freute sich für Nick, dass er mit Lauren und seinem Sohn glücklich war.
Die Möglichkeit, ein eigenes Kind zu haben, war mit Karim wieder greifbar, aber wollte sie mit vierzig noch ein Kind bekommen? Sie nahm seit März wieder die Pille, denn ihre Regel hatte verrückt gespielt und sie hatte sich bis zu fünf Tage mit Bauchschmerzen gequält.
Die Frauenärztin hatte ihr empfohlen, dass sie eine Pille wählen sollte, die man durchgehend nimmt. So bekam sie gar keine Regel mehr und die Bauchschmerzen blieben aus. Es hatte auch den Vorteil, dass sie immer störungsfrei Sex haben konnte. Bea öffnete mit dem Kleinen auf dem Arm die Tür. Katja blieb zurückhaltend, aber Karim freute sich sehr.
Der kleine Oliver lachte ihn direkt an. Er streckte die kleinen Ärmchen nach ihm aus und Bea gab ihn sofort weiter. Karim hielt ihn vorsichtig fest. Oliver zog an seiner Nase, an seinem Ohr und an seinen Locken.
Als der kleine, blonde Junge Katja über Karims Schulter hinweg anlächelte, wurde sie lockerer und schnitt ein paar Grimassen. Dann gingen sie ins Wohnzimmer. Nick stand auf und begrüßte Katja mit einem Kuss auf die Wange. Lauren war in der Küche und winkte ihr fröhlich zu. Nick nahm seinen Sohn und legte ihn auf die Spieldecke.
Sie aßen in diesem Jahr Steak mit Pfeffersoße, Kroketten und Gemüse. Karim lobte Beas Kochkünste und Katja hatte zum Dessert Zitronencreme mitgebracht. Alle gingen danach spazieren, spielten mit Oliver und tranken Kaffee. Katja konnte den Kleinen nicht auf den Arm nehmen, aber es fiel nicht weiter auf, denn Karim war Feuer und Flamme. Er trug ihn voller Begeisterung im Zimmer herum.
Am Abend daheim sagte Katja: „Du warst sehr süß mit dem kleinen Kerlchen. Jetzt erzähl mir nicht, dass du genauso verrückt nach Kindern bist wie Daniel.“
„Nein, nicht ganz so sehr. Es wäre toll, ein Baby zu haben, aber ich komme auch ohne Kinder klar. Wenn ich mir ab und zu so einen kleinen Engel wie Oliver ausleihen kann, ist das in Ordnung.“
Katja küsste ihn und war erleichtert, dass ein Kind keine Rolle in ihrer Beziehung spielen würde. Karim war nachdenklich geworden.
„Ich habe gesehen, dass du Distanz gehalten hast. Tut es noch sehr weh? Der Verlust von Jannis?“
„Ja, in solchen Momenten wie heute tut es weh. Auch, dass ich mit Daniel kein Kind haben kann, ist dann immer wieder in meinem Kopf. Ich hätte geheult, wenn ich ihn gehalten hätte. Ich habe erst Jannis verloren, dann Nick, dann Daniel …“
Sie schwieg traurig.
„Bitte lass mich nicht alleine!“
Eine Träne lief über ihre Wange.
Karim strich sie mit dem Zeigefinger weg.
„Niemals.“