Читать книгу Tabu Bittere Erfahrungen - Ute Dombrowski - Страница 4
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ОглавлениеAm Montag begann das neue Schuljahr. Katja begrüßte die Kollegen und setzte sich auf ihren Platz.
Lena fragte: „Wie waren deine Ferien?“
„Ich war in Südfrankreich, habe mich gut erholt und über alles nachgedacht.“
Die Kollegin sah sie aufmerksam an.
„Wohnst du wieder bei Daniel?“
Katja schüttelte traurig den Kopf.
„Ich kann einfach nicht.“
Plötzlich sah sie in Lenas Gesicht ein Leuchten. Die Kollegin starrte mit offenem Mund in Richtung Tür. Nun drehte sich auch Katja um. Dort stand ein Mann, der die Hände in den Taschen seiner Jeans hatte und sich umsah.
„Oha, was für ein Schnuckelchen“, flüsterte Lena und starrte weiter.
Der Neue sah unheimlich gut aus. Seine halblangen schwarzen Haare waren gekonnt wild durcheinandergebracht. Genauso wild war sein Dreitagebart. Dazu hatte er geschwungene Augenbrauen, dichte Wimpern und dunkelblaue Augen, die sicher schon so manche Frau um den Verstand gebracht hatten, eine gerade schmale Nase und einen sinnlichen Mund mit vollen Lippen vollendeten sein perfektes Äußeres. Er sah aus wie Ende dreißig, Anfang vierzig.
Sein arroganter Blick streifte durch das Lehrerzimmer und blieb an den beiden Frauen hängen. Er nickte ihnen freundlich zu.
Lena war hin und weg. Katja schaute zu Boden, als sich ihre Blicke trafen. Ihr Herz klopfte, als er auf ihren Tisch zusteuerte.
„Hallo“, sagte eine tiefe angenehme Stimme. „Ich bin Maurizio. Darf ich mich zu euch setzen?“
Lena nahm ihre Tasche vom freien Stuhl und nickte mit rotem Kopf.
„Hallo, ich bin Lena, das ist Katja.“
Er reichte ihnen nicht die Hand, sondern grinste sie nur an. Sein Blick wanderte an Katja einmal hinauf und dann wieder hinunter. Sie wollte etwas sagen, aber jetzt kam Frau Janson und stellte die neuen Kollegen vor. Maurizio Rassioro war Lehrer für Mathematik und Sport. Außer ihm kamen noch zwei Kolleginnen neu dazu, die gegen den attraktiven Mann wie graue Mäuse wirkten. Maurizio stand kurz auf, nickte in die Runde und setzte sich wieder.
Katja verschwand in der Klasse und war froh, den intensiven Blicken des fremden Mannes zu entkommen. Nach Unterrichtsende eilte sie zum Auto, wo auch Lena soeben ihre Tasche in den Kofferraum legte.
„Oh Katja, was für ein Mann, oder?“, fragte sie mit einem breiten Grinsen. „Da kann man schon schwach werden.“
„Na dann, aber vergiss mal deinen tollen Mann nicht. Mir ist der Neue zu arrogant. Der weiß definitiv, wie gut er aussieht.“
Sie verabschiedeten sich und fuhren heim, wo Katja eine Stunde mit Daniel telefonierte. Er wollte zu ihr kommen, aber sie erklärte, dass sie noch arbeiten müsse. Das war nur die halbe Wahrheit. Katja musste noch Deutschunterricht vorbereiten, aber sie wollte auch einfach nur alleine sein.
Am nächsten Morgen stand Maurizio am Kopierer und tippte sinnlos auf den Knöpfen herum. Als Katja hereinkam, sah er sie nur mürrisch an und tippte weiter. Sie stellte sich neben ihn.
„Kann ich dir helfen?“
Er nickte und knurrte: „Warum geht denn das hier nicht?“
Katja erklärte: „Man braucht einen Code. Hast du den noch nicht bekommen?“
Sie griff unter seinem Arm hindurch auf die Tastatur und gab ihre vierstellige Nummer ein.
Statt sich zu bedanken, fragte er nur unfreundlich: „Wo gibt es so eine Nummer?“
Katja schüttelte den Kopf und dachte: Was bist du doch für ein eingebildeter Affe!
„Hausmeister“, sagte sie knapp und ließ ihn stehen.
Maurizio rief ihr hinterher, als sie an der Tür war: „He du …“
Katja drehte sich um und schaute ihn an.
Ein winziges Lächeln hing in seinem Augenwinkel, als er sagte: „Danke.“
Schnell lief sie davon. Oh mein Gott, dachte sie, was für ein Kerl. In der nächsten Nacht schlief Daniel bei ihr und sie hatte Maurizio schon fast wieder vergessen. Nachdem der sie immer wieder eindringlich beobachtete und verwegen anlächelte, ging sie ihm in der Schule aus dem Weg.
Katja mochte sich nicht vorstellen, was für ein Chaos es sein würde, wenn sie und Maurizio sich näherkommen würden. Sie hatte genug Probleme zuhause und auch Karim spukte in ihrem Kopf herum. Lena hatte sich schon gewundert, wo Katja in den Pausen war, aber sie gab immer vor, etwas aufräumen oder eintragen zu müssen. Auch zuhause musste sie an Maurizio denken. Es war schon schlimm genug, dass sie sich eine Beziehung mit Karim ausgemalt hatte, als Daniel einmal am Wochenende zu seinen Eltern geflogen war. Also dachte sie nur: Männer, raus aus meinem Kopf!
Katja traf Maurizio erst am letzten Dienstag im Monat wieder: Konferenztag. Er setzte sich ihr gegenüber in die andere Tischreihe und betrachtete sie von Kopf bis Fuß. Sie spürte seine Blicke und wusste nicht genau, was sie davon halten sollte. Lena saß neben ihr und stieß sie an.
Auf einen Zettel schrieb sie: „Er schaut dich an!!!“
Katja schrieb darunter: „Na und? Egal.“
Lena runzelte die Stirn, Katja zuckte mit den Schultern. Nach der Konferenz lehnte Maurizio lässig an der Beifahrertür ihres Autos. Sie zögerte kurz, ging dann aber auf ihn zu. Zuerst versuchte sie ihn zu ignorieren und öffnete den Kofferraum, um ihre Sachen hineinzulegen. Danach lief sie zur Fahrertür und wollte einsteigen. Maurizio hatte die Arme auf das Dach gelegt grinste sie darüber hinweg an.
„Ich habe noch kein Auto. Kannst du mich mit in die Stadt nehmen?“
„Warum ich? Da stehen noch andere.“
Sie zeigte auf die parkenden Autos ihrer Kollegen.
„Ich will aber mit dir fahren.“
Es hörte sich so überheblich an, dass Katja lachen musste. Sie lachte immer noch, als er bei ihr einstieg. Während der Fahrt hatte er nichts gesagt, bis er sie vor der Apotheke halten ließ. Dort drüber hatte er eine kleine Wohnung gemietet. Er sah sie von der Seite an und machte keine Anstalten, aus dem Auto zu steigen.
Stattdessen sagte er frech: „Du gefällst mir, vielleicht können wir essen gehen oder so.“
Katja schüttelte den Kopf.
„Oder so … Aha … Mal sehen. Und jetzt raus hier.“
Maurizio schenkte ihr ein umwerfendes Lachen, bei dem er makellos weiße Zähne zeigte und stieg aus. Am nächsten Morgen erzählte Katja Lena davon.
„Was? Er will mit dir ausgehen? Der geht aber ran, oh Mann.“
„Als ob ich nicht schon genug Stress mit den Männern hätte. Was will ich mit so einem Macho?“
Lena entgegnete lachend: „Och, ich wüsste da schon etwas …“