Читать книгу Tabu Bittere Erfahrungen - Ute Dombrowski - Страница 8
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ОглавлениеKatja rief Bea an, als sie wieder einigermaßen denken konnte. Die machte sich sofort auf den Weg. Sie kam herein und nahm Katja in den Arm. Katja konnte noch immer nicht weinen, sie saß nur da und starrte vor sich hin. Bea setzte sich zu ihr.
„Was ist passiert? War Daniel hier? Was hat er gesagt?“
Katja flüsterte: „Isabelle … er … verliebt … alles aus.“
Bea schaute sie entsetzt an. Das durfte doch nicht wahr sein!
„Daniel und diese Isabelle sind zusammen? Verstehe ich das richtig? Und er hat mit dir Schluss gemacht?“
„Ja“, sagte Katja plötzlich ganz deutlich und mit einem unergründlichen Lächeln. „Wir haben uns eben getrennt. Er ist weg. Für immer. Aus und vorbei. So, wie ich es gesagt hatte: Er wird wieder glücklich.“
Sie sah Bea an und lächelte abermals. Bea kam es so vor, als wäre ihre Freundin verrückt geworden. Sie schüttelte den Kopf, ging in die Küche und kochte Kaffee. Fragen über Fragen drängten sich auf. Wie konnte Katja jetzt lächeln? Wie konnte sie Daniel gehen lassen? Glaubte sie selbst, was sie da sagte? Mit den Tassen in der Hand ging sie zurück auf die Couch. Katja hatte sich noch nicht bewegt. Sie saß lächelnd dort und starrte vor sich hin. Jetzt schaute sie Bea an, als würde sie aus weiter Ferne von irgendwoher zurückkommen.
„Es ist ein Ende und ein Neubeginn. Ich muss das als Chance sehen. Vielleicht können Daniel und ich ja Freunde bleiben. Was denkst du?“
„Wenn du das sagst. Jaja, fang mal neu an.“
Sie zögerte, zeigte Katja dann einen Vogel und rief empört: „Ich möchte dich am liebsten schütteln! Sag mal, bist du bescheuert? Ich dachte, ihr liebt euch? Und nun redest du hier so ein wirres Zeug?“
„Ja, es mag sich merkwürdig anhören. Aber ich denke, es ist gut so. Daniel ist nun wieder glücklich. Wenigstens einer von uns beiden.“
Sie hob mit ruhiger Hand die Tasse an die Lippen und trank.
In den nächsten Tagen ging Katja wie üblich zur Schule, korrigierte nachmittags Arbeiten, bereitete Unterricht vor, traf sich mit Bea zum Kaffee und erwähnte Daniel mit keinem Wort. Sie gingen mal zusammen shoppen oder ins Kino und Katja flirtete mit dem Kellner im Restaurant. Bea wartete immer noch auf den totalen Zusammenbruch ihrer Freundin, aber er kam nicht. Von Daniel hörten sie auch nichts mehr.
Am Sonntag rief Katja Karim an und erzählte ganz beiläufig, dass sie sich nun endgültig getrennt hatten und Daniel eine neue Freundin hatte, die Isabelle hieß und nett war. Katja machte einen äußerst entspannten Eindruck.
Karim glaubte seinen Ohren nicht zu trauen.
„So einfach ging das jetzt?“
„Wir hielten es beide für das Beste. Wir waren doch nur noch unglücklich mit der Situation.“
„Na dann“, sagte Karim verwundert. „Ich hätte dich auch noch angerufen, es gibt Neuigkeiten.“
Katja war neugierig geworden.
„Was denn?“
„Ich … ich habe den Helikopter verkauft. Im November ziehe ich nach Deutschland. Ich habe einen neuen Job bei der Flugrettung in Koblenz als Pilot und fange dort am ersten Dezember an.“
„Wow! Das ist ja das Beste, was ich seit langer Zeit gehört habe. Super, dann können wir uns wieder öfter sehen. Ich freue mich so für dich.“
„Ich mich auch, meine Süße. Ich freue mich vor allem, in deiner Nähe sein zu können.“
Sie redeten noch eine Weile über den bevorstehenden Umzug. Karim hatte eine Wohnung in der Stadt gemietet und Katja versprach, ihm beim Auspacken zu helfen.
Als Karim danach Daniel anrief, erzählte der ihm in ähnlicher Art von ihrer Trennung und Karim dachte, dass es dann wohl so richtig wäre. Auch Daniel wollte beim Umzug helfen und freute sich, dass Katja ebenfalls zugesagt hatte.
Karim fragte: „Werde ich deine neue Freundin dann auch kennenlernen?“
„Isabelle ist viel unterwegs. Sie arbeitet als Technikerin in einer großen Firma, die auch viele Aufträge bei Weinhändlern im Ausland hat. Wenn sie gerade in Deutschland ist, wirst du sie sehen. Dann kommt sie natürlich zum Helfen. Du wirst sie mögen, meine Isabelle ist sehr nett.“
Daniel klang so überzeugend, dass Karim ihm alles glaubte. Dass es diese Isabelle gar nicht gab, kam ihm nicht in den Sinn.
Nachdem sie aufgelegt hatten, klingelte Karims Handy erneut. Es war Bea.
„Wenn du mich jetzt nicht angerufen hättest, hätte ich es getan“, sagte er und lachte.
„Katja und Daniel sind so bescheuert, dass es nicht zu fassen ist. Kennst du diese Isabelle?“
„Er sagt, er kenne sie von der Ausbildung und da war er angeblich mit ihr zusammen. Aber ich habe sie nie gesehen. Ich glaube, wir denken beide dasselbe. Sie machen sich was vor, denn in ihrem Herzen sind sie eins und gehören zusammen. Daniel glaubt tatsächlich, dass er mit Isabelle glücklich wird.“
„Katja und er sind noch nicht geschieden“, erklärte Bea, „also denke ich, wir sollten nicht aufhören zu hoffen. Lassen wir ihm die kleine Eskapade mit der anderen. Vielleicht … vielleicht kann Katja auch mal einen anderen … du weißt schon.“
Karim musste schlucken, denn im selben Moment war ihm einer eingefallen, der Katja über den Verlust von Daniel hinwegtrösten könne: er selbst! Doch diesen Gedanken zu Ende zu denken, hatte er nicht den Mut.
„Sie wird auch wieder einen netten Mann finden und dann können Daniel und sie auch Freunde sein. Bea, wir sehen eventuell Gespenster und sie haben ein Recht auf einen Neuanfang.“
Verwirrt verabschiedeten sich die beiden und blieben mit ihren Gedanken alleine. Karim hatte noch nicht einmal mit Marie darüber reden können, denn die war immer noch unterwegs. Bea saß ebenfalls daheim allein und konnte nur mit Cora reden, aber diese verstand gar nichts.
„Irgendetwas stimmt mit den beiden nicht!“, hatte sie gerufen. „Und diese dumme Nuss meldet sich nicht mal bei mir. Pass auf sie auf!“
Bea hatte das gerne versprochen, sie ahnte, dass Cora recht hatte, denn ein Gefühl der Zufriedenheit hatte sich nicht einstellen wollen.
Zuhause saß Daniel unter der Kastanie und fand seine Idee grandios. Er hatte Katja freigegeben und so konnte sie sich neu verlieben. Vielleicht gefiel ihr der neue Kollege doch noch und so wäre sie nicht an Daniel gebunden. Als Liselotte Daniel auf die neue Entwicklung ansprechen wollte, fuhr er sie wütend an und die Sekretärin biss sich auf die Lippe. Eingeschnappt nahm sie sich vor, sich nicht mehr in die Familienangelegenheiten von Daniel einzumischen. Sie hatte René gebeten, das Thema Katja ruhen zu lassen und so war der Alltag eingekehrt. Daniel arbeitete, aß, schlief und lebte ein Leben mit seiner eingebildeten neuen Freundin Isabelle. In seinem Kopf war sie eine nette, gute Frau, die hinter ihm stand, ihn unterstützte, wo sie konnte, ihn liebte und ihm vielleicht mal einen Sohn schenken würde. Hätten Karim, Bea oder die anderen gewusst, was los war, wären sie alles andere als still gewesen. Aber Karim war im Augenblick sehr gut abgelenkt, denn er bereitete seinen Umzug vor.