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Roberto hatte die Jungen befragt und noch einmal in der Gruppe mit den aufgeregten Eltern geredet. Die Anschuldigungen gegen Jakob Wildmann wurden direkt laut ausgesprochen. Der Kommissar hatte zugehört und jetzt saß er auf der Bank unter dem schattigen Blätterdach und grübelte.

Sagten die drei Mädchen die Wahrheit? Sein Eindruck vom Klassenlehrer war sehr positiv gewesen, aber jetzt hatten sich Zweifel in seinem Kopf ausgebreitet. Der Lehrer sah gut aus und er war sehr charmant. Die Mädchen betonten ihre Weiblichkeit und geizten nicht mit ihren Reizen. Konnte Jakob Wildmann dem Reiz von Sandy erlegen sein?

Gleichzeitig war ihm schlecht. Seiner Schwester hatte man damals auch vorgeworfen, dass sie mit ihrer Kleidung und der betonten Lässigkeit den Täter aufgefordert hatte, sich an ihr zu vergreifen. Diese Gedanken spukten immer wieder in seinem Kopf herum, denn auch wenn sie nackt durch die Gegend gerannt wäre, hätte das niemand als Einladung auffassen dürfen, sie zu berühren. Endlich trat Delia auf den jetzt stillen Hof und setzte sich neben ihn.

„Ist der Lehrer einer, der kleine Mädchen verführt?“

Roberto erhob sich, streckte sich und antwortete: „Das müssen wir jetzt herausfinden. Da kommt er. Fragen wir ihn.“

Jakob Wildmann kam arglos zu ihnen herüber und lächelte.

„Alle Kinder und Eltern sind jetzt heimgefahren. Brauchen Sie mich noch? Oder meine Kollegin?“

Delia erklärte, dass sie mit Stefanie reden würde und bat Roberto, das Gespräch mit Jakob zu führen. Er nickte und bat den Lehrer ins Haus. An der Tür prallte er mit einem düster aussehenden und komplett tätowierten Mann zusammen.

„He! Pass auf, du Penner!“, fuhr dieser den Kommissar an.

Roberto hielt ihm seinen Ausweis vor die Nase und fragte den Mann, wer er sei. Der gab an, der Hausmeister dieses Jugendheimes zu sein.

Der Mann Mitte dreißig sagte mit lauter Stimme: „Paul Ohek. Die Kleine ist wirklich hin?“

„Was meinen Sie mit hin?“

„Na tot oder etwa nicht? Die kleine Schlampe hat das echt verdient. So eine diebische Elster habe ich lange nicht mehr erlebt.“

„Was meinen Sie damit?“

„Die hat geklaut wie ein Rabe.“

Roberto, dem das großkotzige Getue auf dem Nerv ging, dachte: Ich denke, sie ist eine Elster? Aber dann wischte er den Gedanken weg und fragte, was Sandy gestohlen haben sollte.

„Beim Essen hat die immer mal ein paar Getränke eingesteckt. Und dann hat sie den Automaten mit dem Süßkram aufgeknackt.“

„Woher wissen Sie das?“

„Ich habe sie erwischt.“

„Und dann?“

„Nichts.“

„Was nichts?“, fragte der Kommissar und blieb ganz ruhig.

„Da hat man eh keine Chance. Die kleinen Pisser nehmen sich doch heute, was sie wollen. Ich hasse diese miese Brut und dann kommen die in unser Haus und haben keinen Respekt. Kein bisschen!“

Zum Ende hatte Paul Ohek fast geschrien und tiefe Zornesfalten zeigten sich auf seiner Stirn. Seine Augen blitzten bösartig und die Lippen waren ein Strich.

„Kann es sein, dass Sie das Mädchen dafür bestraft haben?“

Nun hob Paul abwehrend beide Hände und begann zu fluchen.

„Sie spinnen sich ja verdammt dämliches Zeug zusammen. Das ist eine verdammte Frechheit. Ich hätte sie verdammt nochmal zerquetschen können wie eine Fliege, aber ich habe die nicht angerührt, das müssen Sie mir verdammt nochmal glauben.“

„Beruhigen Sie sich, Herr Ohek. Wo waren Sie denn heute Nacht?“

„Spielhalle.“

„Welche? Von wann bis wann?“

Der Hausmeister nannte den Ort und erklärte, dass er die ganze Nacht mit Kumpels gespielt hatte.

„Danke Herr Ohek, wir werden ihr Alibi überprüfen und melden uns bei Ihnen.“

Jakob Wildmann hatte wie angewurzelt daneben gestanden und folgte dem Kommissar jetzt ins Besprechungszimmer. Dort setzten sie sich einander gegenüber und Roberto sah den Lehrer regungslos an.

„Wo ist Ihr Handy, Herr Wildmann?“

Jakob runzelte die Stirn, tastete seine Taschen ab und hielt es einen Augenblick später in die Höhe.

„Haben Sie heute schon damit fotografiert?“

Der Lehrer schüttelte den Kopf und erklärte, dass das Akku seit gestern fast leer war und er es noch nicht hatte aufladen können, also hatte er es zwischendurch ausgeschaltet, aber immer dabei.

„Darf ich mal?“, fragte Roberto und hielt seine Hand hin.

„Bitte. Was suchen Sie denn?“

Der Kommissar hatte nicht geantwortet und das Gerät eingeschaltet. Es war nicht mit einem Pin gesichert, darum dauerte es nur einen Moment und Roberto starrte ein Foto an, auf dem Sandy nackt auf dem Lehrer saß, seine Hände waren an ihrer Brust. Sandy hatte das Selfie selbstgemacht. Ihr Gesicht verriet Angst und Sorge, sein Gesicht war nicht genau zu erkennen, weil er den Kopf wohlig zurückgebeugt und ins Kissen gedrückt hatte.

Roberto schob das Telefon schweigend über den Tisch. Jakob griff danach, dann wurde er weiß wie eine Wand. Seine Augen zuckten, er schluckte und als er wieder hochschaute, sprach das blanke Entsetzen aus ihm.

„Was ist das?“, flüsterte er.

„Sagen Sie es mir!“

„Ich habe keine Ahnung, wie dieses Foto auf mein Handy kommt. Ich … ich … kann … gar nichts mehr sagen. Oh mein Gott? Was ist das?“

Er sprang auf und lief verzweifelt vor dem Fenster hin und her. Roberto war äußerlich ruhig, aber innerlich brodelte es in ihm. Was sollte er denken? War dieser Mann Täter oder war er das Opfer einer bösartigen Intrige? Gehörte das Foto zu dem Spiel der Mädchen oder war es echt?

Jetzt stand er auch auf und sagte leise: „Wir holen jetzt Ihre Sachen und dann müssen Sie uns auf das Präsidium begleiten.“

Jakob stoppte, nickte mechanisch und sie gingen seine Tasche holen. Unten warteten Delia und Stefanie.

Die ging sofort auf Jakob los und fauchte ihn an: „Jetzt weiß ich, warum du abends nicht mit mir zusammensitzen wolltest! Du Schwein, du blöder Arsch! Kinderficker! Ich werde es allen sagen und dann bist du erledigt!“

Delia hatte Mühe, sie von ihrem Kollegen wegzuziehen.

Der flüsterte niedergeschlagen: „Ich habe nichts getan, Stefanie, ich dachte, du kennst mich. Ich war es nicht. Nichts habe ich getan. Gar nichts.“

Seine Kollegin warf ihm noch einen wütenden Blick zu, dann ging sie zum Auto, wo ihre Sachen schon im Kofferraum lagen. Ohne sich nochmal umzudrehen, fuhr sie davon.

Roberto zeigte Delia das Foto und zuckte mit den Schultern. Schweigend machten sie sich auf den Weg in die Stadt.

Die Liebe ist das Ende

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