Читать книгу Die Liebe ist das Ende - Ute Dombrowski - Страница 9
7
Оглавление„Nein, ich werde ihn ganz sicher nicht abholen!“, rief Manja Hürsch empört, als sie Delia gebeten hatte, zum Präsidium zu kommen und ihren Freund abzuholen.
„Frau Hürsch, Sie sind doch die Freundin von Jakob Wildmann?“
„Ich WAR die Freundin von Jakob, aber das ist Geschichte. Ich will ihn nie wiedersehen. Er kann von mir aus bei Ihnen verrotten.“
„Was ist passiert?“
„Was passiert ist? Der miese Typ vögelt mit seinen Schülerinnen. Ich habe es ja immer vermutet, aber dank des Fotos, dass er mir auch noch selbst geschickt hat, ist es Gewissheit. Jetzt wissen Sie, was passiert ist. Sie denken doch wohl nicht allen Ernstes, dass ich so ein Schwein auch noch bei der Polizei abhole?“
Delia antwortete ruhig, obwohl sie gerne den Hörer gegen die Wand geworfen hätte, denn sie hasste es, wenn man Fragen mit neuen Fragen beantwortete: „Frau Hürsch, ich verstehe Ihre Reaktion, aber ob Herr Wildmann das wirklich getan hat, ist noch nicht klar. Es kann auch sein, dass er das Opfer ist.“
„Was? Er soll das Opfer sein? Der arme Mann, dem sich die Mädchen an den Hals werfen? Niemals! Das Schwein hat sie sicher auch getötet, um seine Tat zu verschleiern.“
Delia hörte die Frau noch eine Weile schimpfen, am Ende willigte sie ein, Jakob abzuholen. Sie erklärte, dass sie seine Sachen packen würde, er könne sich sofort eine andere Bleibe suchen.
Jakob saß indessen im Verhörraum des Präsidiums in der Hochgasse und hatte den Kopf in die Hände gestützt. Das ist ein Alptraum, dachte er, womit habe ich das verdient? In diesem Moment betrat die Kommissarin den Raum. Sie knabberte an der Unterlippe und nickte.
Roberto wandte sich wieder dem Lehrer zu.
„Fahren wir fort, Herr Wildmann. Sie sagen, Sie können sich an den Abend, an dem das Foto entstanden ist, nicht erinnern. Vielleicht wollen Sie sich nur nicht erinnern.“
„Oh Mann“, flüsterte der verzweifelte Lehrer und raufte sich die Haare, „bitte glauben Sie mir: Ich habe weder das Mädchen noch sonst irgendjemanden angefasst. Niemals! Ich bin ein guter Lehrer und sehr korrekt und niemals würde ich mit einer Schülerin etwas anfangen. Ich flirte nicht mal mit Kolleginnen, obwohl ich weiß, dass die eine oder andere nicht abgeneigt wäre. Aber … ich liebe Manja. Haben Sie sie erreicht? Kommt sie her?“
„Herr Wildmann, Ihre Freundin kommt sie abholen …“
„Gott sie Dank. Wenn ich sie nicht hätte.“
„Es … ich … sie kommt, um Sie in ein Hotel zu bringen. Es hat mich alle Überzeugungskraft gekostet, dass sie das überhaupt tut. Sie hat das Foto geschickt bekommen und denkt, dass Sie ihr damit wehtun wollten.“
Jakob sah die Kommissarin entsetzt an. Dann liefen Tränen über seine Wangen und er sank noch weiter in sich zusammen.
„Das kann nicht wahr sein“, jammerte er, „Manja wird mich nie wieder ansehen. Aber … aber so überlegen Sie doch! Wenn ich eine Affäre mit einer Schülerin hätte, würde ich meiner Freundin keine Bilder schicken, oder?“
Delia und Roberto sahen sich an. Irgendwie klingt er glaubwürdig, dachte sie und ahnte, dass ihr Kollege es ähnlich sah.
„Wir werden der Sache nachgehen, Herr Wildmann“, sagte Roberto in neutralem Ton. „Schließlich stehen wir ja erst am Anfang unserer Ermittlungen. Warum sollten die Mädchen Sie denn beschuldigen, wenn nichts an der Sache dran wäre? Damit hätten die drei ja die Polizei belogen und das traue ich denen nicht zu.“
„Die vier … drei sind mit allen Wassern gewaschen, Sandy war die Schlimmste. SIE hat mich ständig angemacht und nicht ich sie. Ich weiß nichts von dem Foto, also müssen die mir etwas ins Getränk getan haben.“
„Und was? Wie sollen die da drangekommen sein?“
„Was weiß ich denn? Sie sind doch die Polizei. Beweisen Sie meine Unschuld, sonst ist mein Leben zerstört! Genau das hat anscheinend jemand vor. Diese Mädchen lügen, wenn sie den Mund aufmachen. Fragen Sie meine Kolleginnen und Kollegen: Ich bin ein guter Mensch!“
„Wir werden jeden Einzelnen befragen, keine Sorge“, meldete sich Delia zu Wort. „Haben Sie Freunde im Kollegium, die Sie besser kennen? Hatten Sie mal zu einer Kollegin eine Beziehung, vielleicht vor Manja? Wie lange sind Sie zusammen?“
Jakob sah Delia traurig an und erzählte: „Manja und ich, das ist etwas ganz Besonderes. Wir sind jetzt drei Jahre ein Paar. Auf einer Fortbildung sind wir uns begegnet, es war Liebe auf den ersten Blick. Und mein bester Freund ist gleichzeitig mein Kollege. Johannes und ich haben zusammen studiert und in einer Studenten-WG gelebt. Er wird meine Aussagen bestätigen. Johannes weiß auch von Sandys Versuchen mich ins Bett zu kriegen.“
„Wer zählt noch dazu?“
„Stefanie.“
„Ihre Kollegin, mit der Sie auf der Klassenfahrt waren?“
„Ja, genau die. Ich habe ihr am ersten Abend zu verstehen gegeben, dass nichts laufen wird. Dabei war ich sehr höflich. Sie stand mit einer Flasche und zwei Gläsern vor meiner Tür.“
„Seit wann wurden Sie von Sandy bedrängt?“
„Ich bin mir nicht sicher, aber es begann vor etwa elf Monaten. Sie kam zuerst ständig nach dem Unterricht an meinen Tisch oder wartete wegen unwichtiger Fragen vor der Tür oder am Auto. Ich war stets freundlich und eines Tages kam der erste Liebesbrief. Er klemmte hinter meinem Scheibenwischer. Ich habe ihn genommen und mit ihr gesprochen. Sie war sehr einsichtig, jedenfalls dachte ich das. Ich habe sie niemals angerührt.“
„Wusste dieser Johannes davon?“
Jakob nickte.
„Manja?“
„Nein! Nicht so genau. Sie ist höllisch eifersüchtig. Ich habe ihr nichts davon gesagt, denn sie hätte verlangt, dass Sandy bestraft wird. Aber das wollte ich nicht.“
„Warum nicht?“
„Warum nicht? Na, weil das sehr peinlich für uns beide gewesen wäre. Sie hatte mir versprochen, mir nicht mehr nahezukommen.“
„Wusste sonst jemand davon?“
„Nein. Doch! Ich habe mit meiner Mutter geredet, weil ich einen Rat brauchte.“
„Gut, somit sind wir jetzt fertig. Sie müssen nur noch das Protokoll unterschreiben und dann können Sie gehen. Halten Sie sich zur Verfügung.“
„Ja, das mache ich.“
Mit hängenden Schultern verließ er den Raum und folgte Roberto nach unten, wo Manja auf den Lehrer wartete. Sie schaute an ihm vorbei und gab ihm nicht einmal die Hand.
„Ich habe dir deine Sachen gepackt, du ziehst in eine Ferienwohnung. Es ist kein Hotelzimmer frei gewesen.“
Jakob hatte nicht den Mut auf sie zuzugehen und ihr Vertrauen einzufordern. Er hatte gehofft, dass wenigstens sie ihm glauben würde, aber anscheinend ging sein ganzes Leben gerade zu Bruch.
Delia hatte sich die Adresse des Kollegen aufgeschrieben und schlug vor, ihn und Jakobs Mutter als nächste zu befragen. Roberto nickte. Delia sah in seinen Augen, was er dachte, sie spürte seine Zweifel und eine riesige Traurigkeit, die sie nicht zuordnen konnte.
Jakobs Mutter war zuhause und ließ die Kommissare eintreten. Gisela Wildmann war seit fünf Jahren Witwe. Sie schaute ängstlich drein, obwohl sie eine stattliche Frau war. Ihre grauen Haare trug sie kurz und ihre Beine steckten in engen Jeans.
„Kommen Sie schnell herein. Oh Mann, was hat mein Sohn nur gemacht? Mein Telefon läutet alle zwei Minuten und irgendwelche Leute beschimpfen mich und nennen ihn Kinderficker. Entschuldigung. Dieses Wort ist so … so … so böse. Ich habe Angst um Jakob. Hat er das wirklich getan?“
Delia legte eine Hand auf den Arm der Frau und sagte sanft: „Das wissen wir nicht. Es steht Aussage gegen Aussage. Denken Sie, er hatte ein Verhältnis mit seiner Schülerin?“
„Nein! Er war immer korrekt und wusste die professionelle Distanz sehr wohl einzuhalten. Niemals hätte er sich einer Schülerin genähert. Oder habe ich ihn falsch eingeschätzt?“
„Sie sind seine Mutter“, begann Roberto, „da will man sicher vieles nicht sehen. Gab es irgendwann mal Anzeichen, dass er vielleicht doch nicht der korrekte und distanzierte Lehrer war?“
„Nein, das sagte ich aber schon. Dieses Mädchen, ist sie tot?“
„Ja, aber wir haben bisher keinen Verdacht gegen Ihren Sohn.“
„Jetzt wird der Hund in der Pfanne verrückt. Sie denken doch nicht auch noch, dass er das Mädchen ermordet hat.“
„Woher wissen Sie, dass sie ermordet wurde?“
„Einer der Anrufer sagte, Jakob sei ein Ki … - Sie wissen schon - und ein Mörder. Bitte hören Sie nicht auf zu ermitteln! Mein Junge war das bestimmt nicht! Ich weiß gar nicht, was ich denken soll.“
Sie begleitete die Kommissare an die Tür und sah ihnen nachdenklich hinterher. Delia und Roberto machten sich auf den Weg zur Schule. Sie hatten angerufen und den Schulleiter gebeten, die Kollegen zusammenzurufen.