Читать книгу Bis die Gerechtigkeit dich holt - Ute Dombrowski - Страница 15
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Оглавление„Guten Morgen, meine Schöne.“
Sascha hatte Lisa am Sonntag zum Frühstück eingeladen und nun stand sie aufgeregt mit einer Tüte Brötchen vor seiner Tür. Er bat sie ins Haus und nahm ihr die Jacke ab. Sie stand in einem indirekt beleuchteten Flur. An den Wänden hingen Fotos von Bäumen aus den verschiedensten Ländern der Welt.
Sascha hängte Lisas Jacke an die helle Holzgarderobe und schob sie in die lichtdurchflutete Küche. Die große Tür zur Terrasse stand offen, Lisa sah das satte Grün der Weinberge und den strahlend blauen Frühsommer-Himmel. Als sie ans Fenster trat und hinausblickte, schlang er von hinten die Arme um sie und küsste sie in den Nacken, nachdem er die blonden Haare zur Seite gestrichen hatte.
„Schön ist es hier, dieser Ausblick ist gigantisch. Nur blauer Himmel und Wein, da hast du doch jeden Tag gute Laune, oder?“
„Na klar, komm, ich zeig dir das Haus, der Kaffee ist noch nicht durchgelaufen.“
Sascha lief voraus und öffnete die Tür zum Wohnzimmer. Es war leuchtend gelb gestrichen und hohe Bücherregale bedeckten eine ganze Wand, gegenüber war eine graue Sitzecke mit vielen bunten Kissen, davor war ein kleiner Tisch mit Zeitschriften bedeckt.
„Wir befinden uns hier im ursprünglichen Altbau, die linke Hälfte, die du von vorne gesehen hast, haben die Vorbesitzer vor einigen Jahren angebaut. Eigentlich ist es ein altes Fachwerkhaus, aber hier im Erdgeschoss konnte es nicht erhalten werden. Man hat dann einige alte Balken gerettet und in der Innenwand eingebaut. Oben ist mehr vom alten Charakter zu sehen.“
Wie immer, wenn ihn etwas sehr begeisterte, sprach Sascha voller Hochachtung und Energie darüber. Er zeigte ihr das kleine Gäste-Bad unten und zog sie dann an der Hand ins obere Stockwerk. Dort führten sowohl das Schlafzimmer als auch das Arbeitszimmer auf einen großen Balkon hinaus. Lisa lehnte sich an das Geländer und schloss die Augen. Der Atem von Sascha, den sie in ihrem Nacken spürte, erregte sie ungemein. Ein leichtes Zittern lief durch ihren Körper. Sie hatte schon mit zwei Männern geschlafen, aber es war alles andere als schön gewesen. Die Vorstellung, dass es mit Sascha auch missglücken könnte, ließ sie ein Stück abrücken. Er runzelte die Stirn und sah sie von der Seite an.
„Habe ich etwas falsch gemacht?“
Lisa lehnte sich nun an Sascha und flüsterte: „Nein, gar nicht, ich habe nur ein wenig Angst, dass ich das alles hier nicht richtig mache und du vielleicht enttäuscht bist.“
„Oh, nein, mach dir keine Sorgen, es ist gut so, wie es ist. Wir haben doch alle Zeit der Welt, um zueinander zu finden. Ich werde dich zu nichts drängen. Dazu bist du mir viel zu wichtig, ich würde dir niemals wehtun.“
„Danke. Und jetzt habe ich Hunger!“
Sie liefen die Treppe hinunter und setzten sich in der Küche an den liebevoll gedeckten Tisch. Lisa fühlte sich nun locker und entspannt, denn sie wusste, dass hier der Mann saß, der sie in eine neue Zeit führen würde. Nach dem Frühstück zeigte Sascha Lisa noch die andere Haushälfte mit dem Fotolabor und dem kleinen Laden. Wie im gesamten Haus war auch dort alles voller aussagekräftiger Fotos, aber hier dominierten Gesichter von Menschen die Ausstellung. Alte Menschen, Kinder, Zwillinge, Frauen und Männer sahen aus wie gute Bekannte des Fotografen, der es schaffte, jedes Gesicht in seiner ganzen Schönheit darzustellen.
„Ich sehe die Menschen, ich fotografiere sie nicht nur. Wenn die Welt um sie herum im Vergessen versinkt, dann drücke ich auf den Auslöser, das bringt diese faszinierende Natürlichkeit zutage. Es war wie bei dir. Weißt du, ich mag gar keine Models fotografieren, deren Schönheit ist nicht ehrlich. Schau hier, die alte Frau, die ihren Hund küsst, das ist Leben, nicht das gekünstelte Posieren.“
Lisa war vor dem Bild stehengeblieben. Die Frau musste um die Siebzig sein und hatte weiße Haare und eine Menge Falten, trotzdem war sie wunderschön, denn die Liebe zu dem kleinen Hund war deutlich in ihren Augen zu lesen. Lisa lobte Sascha für die Kunstwerke. Dann erschrak sie, denn auf einem Bild war sie selbst zu sehen, natürlich schön auf der kleinen Mauer zu Füßen des Schlosses Johannisberg. Ihre Augen leuchteten, sie schaute hinunter zum Rhein. Lisa erinnerte sich gar nicht daran, dass er sie in dem Moment fotografiert hatte und verstand nun, was er damit meinte: „… wenn die Welt um sie herum im Vergessen versinkt …“
Am Abend war Lisa wieder zuhause und sie telefonierten noch einmal, um sich ein letztes Mal für diesen Tag Gute Nacht zu sagen.