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Tränen im Sommer

Nelly lernt die Liebe kennen

Ute Dombrowski

3. Auflage 2017

Copyright © 2017 Ute Dombrowski

Umschlag: Ute Dombrowski mit www.canvas.de

Lektorat/Korrektorat: Julia Dillenberger-Ochs

Satz: Ute Dombrowski

Verlag: Ute Dombrowski Niedertiefenbach

Druck: epubli


Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Autors und Selbstverlegers unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.


Das ist die Geschichte von Nelly Hardeg, der Tochter von Katja und Christian. Erleben Sie mit ihr die erste Liebe, den ersten Kummer und begleiten Sie sie in die Welt der Erwachsenen.

„Alles Gute zu deinem fünfzehnten Geburtstag. Ich bin sehr stolz auf dich, mein Kind.“

Katja umarmte Nelly und küsste sie auf die Wange. Nun trat Christian zu ihnen und nahm beide in den Arm.

„Auch von mir alles Gute, mein Engel, ich bin so froh, dich zu haben, dass ich es dir gar nicht beschreiben kann. Aber ich bin auch traurig, denn du wirst langsam erwachsen und bald bist du weg und hast eine eigene Familie.“

„Ach, nein, Papa, so ein Quatsch, ich werde für immer bei euch bleiben und hier wohnen und wenn ihr alt seid, dann sorge ich für euch, so wie ihr jetzt immer für mich sorgt. Ich habe euch beide sehr lieb.“

Christian musste grinsen, Katja hielt kichernd die Hand vor den Mund. Nelly schüttelte nur den Kopf. Sie hatte die besten Eltern der Welt, auch wenn sie sich manchmal wunderte, dass ihre Mutter schon so alt war. Sie nahm sich vor, nun endlich genauer nachzufragen. Mit ihrer Freundin Simona hatte sie in den Mädchengesprächen schon oft überlegt, was das Geheimnis ihrer Mutter war. Vielleicht konnte Katja keine Kinder bekommen und hatte es bei Nelly mit einer künstlichen Befruchtung versucht. Wenn Simona sagte, dass Katja und Christian sie auch adoptiert haben könnten, dann schüttelte sie nachdrücklich den Kopf. Das war in ihren Augen unmöglich, denn sie sah ihrer Mutter sehr ähnlich. Sie hatte lange, braune Haare, eine zarte Figur, die gleichen Augen wie Katja und auch in ihren Bewegungen ähnelten sie sich. Bei Diskussionen gab keine von ihnen nach, bis Christian meist schlichtend eingriff.

„Was gibt es zum Frühstück?“

„Komm mit in die Küche, Nelly, Papa hat alles vorbereitet. Und da findest du auch dein Geschenk.“

Die Eltern zwinkerten sich zu und als sie in der Küche angekommen waren, standen sie vor einem reichlich gedeckten Tisch. Vor Nellys Teller stand ein Tulpenstrauß, durch das große Fenster zur Terrasse hin bahnten sich freundliche Sonnenstrahlen den Weg. An der Vase lehnte ein Briefumschlag mit ihrem Namen darauf. Die Familie setzte sich und Nelly öffnete den Umschlag. Sie faltete das innenliegende Blatt auseinander und brach in einen lauten Jubel aus.

Sie sprang auf, umarmte Mutter und Vater und setzte sich mit Tränen in den Augen zurück auf ihren Stuhl.

„Mann, Mama, Papa, ihr seid verrückt. Ich freue mich so, danke, danke, danke … oh Mann, das ist total krass. Ein Sommer mit meiner Freundin alleine im Urlaub meiner Wahl. Ich darf wirklich ganz alleine wegfahren?“

Katja sagte sanft: „Das hast du dir doch gewünscht, mein Schatz. Immer mit uns nach Südfrankreich in den Ferien ist schon toll, aber du sollst auch andere Ecken der Welt kennenlernen. Du darfst Simona gerne mitnehmen, wir haben schon mit ihren Eltern gesprochen.“

Aufgeregt sprang Nelly wieder auf und lief zum Fenster. Sie überlegte, wohin sie mit Simona reisen könnte. Nelly drehte sich um, griff nach ihrem neuen Handy, das ihr Tante Cora gestern schon geschenkt hatte, und schaute Christian an. Er hasste es, wenn sie bei Tisch mit dem Handy beschäftigt war, also hatten sie vereinbart, dass es beim Essen auf dem kleinen Schränkchen am Fenster liegen musste. Heute war ihr Geburtstag, also nickte Christian freundlich. Er musste auch nicht zur Arbeit ins Weingut, denn Onkel Benni hatte ihm freigegeben. Sonst frühstückten Katja und Nelly sonntags meist alleine, denn die Arbeit im Weingut musste auch am Wochenende getan werden.

Nelly wählte Simonas Nummer und dann hörten Katja und Christian nur noch Gekreische und Gelächter. Am Ende verabschiedete sich Nelly bis zum Nachmittag von ihrer Freundin. Die beiden wollten zur Feier des Tages ins Kino und dann essen gehen. Nach dem Frühstück zog sie sich an und dann machte die Familie einen langen Spaziergang, der im Weingut endete. Benjamin kam ihnen aus dem Keller entgegen, er umarmte Nelly und küsste sie auf beide Wangen.

„Alles Gute zum Geburtstag, mein kleines Mädchen, ach, was sage ich … mein großes, schönes Mädchen. Weißt du, dass du deiner Mutter immer ähnlicher wirst? Sie war … ist genauso hübsch.“

Katja hatte Benjamin in die Seite geboxt und gelacht. Im letzten Sommer war sie sechzig geworden, daran durfte sie gar nicht denken. Die ersten Falten hatten von ihrem Gesicht Besitz ergriffen, seit drei Jahren trug sie eine Lesebrille und vor ein paar Monaten hatte sie die silbernen Strähnen in den langen, braunen Haaren akzeptiert. Trotz oder gerade wegen der Zeichen des Alters war sie eine schöne Frau, die seit Jahren mit Christian glücklich verheiratet war. Katja blickte stolz auf ihre hübsche Tochter, die bisher keine Probleme bereitete und anscheinend blieben sie auch von den oft so heftigen Ärgernissen der Pubertät verschont.

Christian hatte einen Arm um Katja gelegt. Seine grauen Schläfen standen ihm gut. Er hatte sich sein jungenhaftes Aussehen bewahrt, nun zwinkerte er seinem Freund zu.

Nelly rief: „Danke, Onkel Benni, ich habe dich lieb. Ist dein Bein wieder besser? Du humpelst nicht mehr.“

„Ja, die Wunde ist verheilt und es drückt nicht mehr so sehr im Kunstbein. Ich muss halt vorsichtiger sein. Jetzt hast du auch deinen Papa wieder öfter bei dir. Es tut mir leid, dass ich ihn so oft gebraucht habe.“

„Ach, Onkel Benni, das ist schon in Ordnung. Papa arbeitet gerne hier. Und ich bin ja schon groß und komme sehr gut alleine klar.“

„Benni“, mischte sich nun Christian ein, „du kannst doch nichts dafür, dass sich der Stein gelöst hat und du den Hang hinuntergefallen bist. Aber ich muss Nelly Recht geben, du läufst schon wieder viel besser. Hast du auch ein Geschenk für das Kind?“

„Papa, ich bin kein Kind mehr, sondern eine junge Dame. Bitte blamiere mich nicht. Hast du ein Geschenk, Onkelchen?“

„Komm mit, Schatz.“

Nelly folgte Benjamin und Katja küsste Christian sanft. Er schlang die Arme um seine Frau und presste seine Lippen gierig auf ihre. Nelly drehte sich um und schüttelte den Kopf: Nein, so etwas, ihre alten Eltern benahmen sich manchmal wie Teenager. Als Nelly mit Benjamin hinter dem Haus angekommen war, hörten alle nur noch einen Schrei. Vor der Vinothek saß ein kleiner Mischlingshund mit schwarzen Locken und schaute verwundert auf den kreischenden Menschen. Bellend sprang er an Nelly hoch und versuchte, ihr Gesicht zu lecken.

„Ist der für mich? Ist das mein Geschenk?“

Benjamin nickte.

„Er heißt Wuschel und sucht ein neues Frauchen. Willst du sein Frauchen sein?“

„Das haben Mama und Papa tatsächlich erlaubt?“

Benjamin nickte wieder.

„Krass. Mein Hund … ich habe einen eigenen Hund. Krass, cool. Komm, Wuschel, ich habe dich lieb!“

Sie bückte sich und drückte den kleinen Kerl, der nun seelenruhig Nellys Gesicht abschleckte, an sich. Mit Tränen in den Augen sah sie auf zu Benjamin, der sich über Nellys Begeisterung freute.

„Danke, Onkel Benni, du bist der Beste! Was für ein krasser Geburtstag. Wenn Simona den sieht!“

Katja und Christian waren zu ihnen getreten und schauten Nelly gerührt zu, die den kleinen Hund streichelte und küsste. Das Mädchen leinte den Hund an und dann liefen sie wieder nach Hause, wo Nelly Wuschel mit in ihr Zimmer nahm. Christian hatte die anderen Sachen getragen: Körbchen, Decke, Futter- und Wassernapf, Spielzeug. Der Futtersack stand schon zwei Wochen in der Doppelgarage hinter einem Karton.

Tränen im Sommer

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