Читать книгу Staatsrecht I - Ute Mager - Страница 11
3.Stellung des Staatsorganisationsrechts im Rechtssystem (inkl. unionsrechtlicher und völkerrechtlicher Bezüge)
Оглавление6Abgeleitet aus den genannten grundlegenden Rechtsbeziehungen lässt sich ein Überblick über das Rechtssystem gewinnen und die Stellung des Staatsorganisationsrechts darin bestimmen.
Die Rechtsbeziehungen zwischen den prinzipiell gleichgeordneten Privatpersonen sind Gegenstand des Privatrechts. Die besondere Rechtsmacht der organisierten Staatlichkeit ist Gegenstand des Öffentlichen Rechts. Infolge der Monopolisierung der Gewaltausübung (Gewaltmonopol) beim Staat ist auch das Strafrecht zu einer Materie des Öffentlichen Rechts geworden, das jedoch aufgrund seiner vorstaatlichen Wurzeln und seines spezifischen Zwecks ein eigenes Fachgebiet bildet. Das Öffentliche Recht (im eigentlichen oder engeren Sinne) lässt sich weiter gliedern in das Staatsrecht und in das Verwaltungsrecht. Das Staatsrecht umfasst die für das konkrete Staatswesen maßgeblichen Grundentscheidungen über die Bildung, Ausübung und Kontrolle der Staatsgewalt – das ist das Staatsorganisationsrecht –, über das Verhältnis zwischen der organisierten Staatlichkeit und den Individuen bzw. der Gesellschaft – dies ist Gegenstand des Grundrechtsabschnitts – sowie über das Verhältnis des Staates nach außen, das in den „Staatsrecht III“ genannten Vorlesungen vertieft behandelt wird. Der Gegenstand des Völkerrechts ist demgegenüber das Recht, das von Staaten für ihr Verhältnis untereinander gesetzt wird. Das allgemeine und besondere Verwaltungsrecht umfasst die inhaltlichen und verfahrensbezogenen Regelungen über die verschiedensten Betätigungsfelder der Exekutive (= vollziehenden Gewalt), von denen beispielhaft das Polizeirecht, das Baurecht und das Kommunalrecht genannt seien. Da das Staatsrecht die Grundentscheidungen über die organisierte Staatlichkeit sowie ihr Verhältnis zur Gesellschaft umfasst, ist es von grundlegender Bedeutung für das Verwaltungsrecht. Verwaltungsrecht ist vor allem im Bereich des Gefahrenabwehrrechts zum großen Teil „konkretisiertes Verfassungsrecht“12.
7Der Begriff des Verfassungsrechts wird vielfach identisch mit dem Begriff des Staatsrechts gebraucht (materielles Verständnis).13 Zuweilen bezeichnet er nur das in der jeweiligen Verfassungsurkunde niedergelegte Staatsrecht (formelles Verständnis).14 Soweit der Begriff auf den Inhalt einer Verfassungsurkunde verweist, kann er auch vollkommen vom Staatsbegriff gelöst werden15: Die Verwendung des Verfassungsbegriffs reicht von der Betriebsverfassung über die Kommunalverfassung und die Verfassung der Europäischen Union16 bis hin zur Verwendung des Verfassungsbegriffs im Völkerrecht.17
8Das Herzstück des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland findet sich im Grundgesetz, erschöpft sich darin aber nicht, geht also über das Verfassungsrecht im formellen Sinne hinaus. Einfache Gesetze, die staatsrechtliche Regelungen enthalten, sind etwa das Staatsangehörigkeitsgesetz, das Bundeswahlgesetz, das Gesetz über die Wahl des Bundespräsidenten, das Bundesministergesetz oder das Abgeordnetengesetz. Auch Geschäftsordnungen können staatsrechtlichen Inhalt haben, etwa die Geschäftsordnungen des Bundestages, des Bundesrates oder der Bundesregierung. Ganz überwiegend finden sich entsprechende Rechtssetzungsbefugnisse in der Verfassungsurkunde selbst,18 worin sich die grundlegende Funktion der Verfassung für die gesamte Rechtsordnung zeigt.
9Festzuhalten ist, dass das Staatsorganisationsrecht der Teil des Staatsrechts und damit des Öffentlichen Rechts ist, der sich mit den grundlegenden Entscheidungen über die Konstituierung der Staatsorgane, deren Aufgaben und Rechtsverhältnisse untereinander sowie den Staatsfunktionen und deren Kontrolle befasst.