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2.3Vom Herrenchiemseer Verfassungsentwurf über den Parlamentarischen Rat bis zum Inkrafttreten des Grundgesetzes

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35Auf der Grundlage dieses Dokuments setzten die Ministerpräsidenten der damals in den westlichen Besatzungszonen vorhandenen elf Länder einen „Ausschuss von Sachverständigen für Verfassungsfragen“ ein, der im August 1948 in Herrenchiemsee einen Verfassungsentwurf ausarbeitete.12

Über diesen Entwurf beriet sodann der Parlamentarische Rat, der aus 65 von den Landtagen gewählten Ländervertretern zusammengesetzt war, unter ihnen – entgegen der noch immer vorkommenden Rede von den Verfassungsvätern – vier Frauen, namentlich Dr. Elisabeth Selbert (SPD), Friedrike Nadig (SPD), Dr. Helene Weber (CDU) und Helene Wessel (Zentrum).13 Der Parlamentarische Rat trat im September 1948 seine Arbeit in Bonn an. Am 8. Mai 1949 nahm er mit 53 Ja-Stimmen gegen 12 Nein-Stimmen das Grundgesetz an.14 Die Nein-Stimmen kamen von der CSU (6), die den Entwurf als zu zentralistisch ansah, der KPD (2), der Deutschen Partei (2) und dem Zentrum (2). Anschließend erklärten die Volksvertretungen der Länder die Annahme des Grundgesetzes, ausgenommen der Bayerische Landtag, der das Grundgesetz mit 101 Stimmen gegen 64 Stimmen bei 9 Enthaltungen ablehnte, jedoch die Zugehörigkeit Bayerns zur Bundesrepublik Deutschland mit 97 gegen 6 Stimmen bei 70 Enthaltungen bejahte und die Rechtswirksamkeit des Grundgesetzes in Bayern für den Fall der Annahme durch zwei Drittel der Volksvertretungen der Länder ebenfalls bejahte.15 Somit war das Zustimmungserfordernis des Art. 144 Abs. 1 GG („Dieses Grundgesetz bedarf der Annahme durch die Volkvertretungen in zwei Dritteln der deutschen Länder, in denen es zunächst gelten soll“) erfüllt. Die Militärgouverneure stimmten der Verfassung am 12. Mai 1949 unter Aufrechterhaltung des Vorrangs des Besatzungsstatuts, des Berlinvorbehalts und unter weiteren Vorbehalten zu.

36Das Grundgesetz wurde am 23. Mai 1949 verkündet und trat gemäß Art. 145 Abs. 2 GG mit Ablauf dieses Tages in Kraft.16 Am 14. August 1949 fanden die Wahlen zum ersten Bundestag statt, der am 7. September 1949 zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentrat; am 12. September erfolgte die Wahl des ersten Bundespräsidenten (Theodor Heuss); am 15. September wurde der erste Bundeskanzler (Konrad Adenauer) gewählt, und am 20. September 1949 war die Regierungsbildung mit der Ernennung der Bundesminister abgeschlossen. Spätestens an diesem Tage war die Gründung der Bundesrepublik Deutschland vollzogen.

37Die Verfassung der DDR trat am 7. Oktober 1949 in Kraft. Auch sie ging vom Fortbestand Deutschlands aus. Gleiches gilt für die Alliierten, von denen die westliche Seite 1951, die Sowjetunion 1955 den Kriegszustand „mit Deutschland“ für beendet erklärten.17 Die Teilung Deutschlands sollte 40 Jahre andauern.

Rechtsprechung: BVerfGE 36, 1 – Grundlagenvertrag.

Literatur: C. Diestelkamp, Die Verfassungsentwicklung in den Westzonen bis zum Zusammentreten des Parlamentarischen Rates, NJW 1989, 1312; M. Etzel, Die Aufhebung von nationalsozialistischen Gesetzen durch den Alliierten Kontrollrat (1945–1948), 1992; M. Feldkamp, Der Parlamentarische Rat 1948–1949. Akten und Protokolle, 1998; K. Kröger, Die Entstehung des Grundgesetzes, NJW 1989, 1318; H. Säcker, Der Verfassungskonvent 1948, DÖV 1999, 784; C. Sitter, Die Rolle der vier Frauen im Parlamentarischen Rat: Die vergessenen Mütter des Grundgesetzes, 1995; K. Stern, Staatlichkeit und Verfassungsgebung in Deutschland vor 50 Jahren: Das Schicksalsjahr 1948, DÖV 1998, 795; H. von Wedel, Das Verfahren der demokratischen Verfassungsgebung, dargestellt am Beispiel Deutschlands 1848/49, 1919, 1948/49, 1975; Zum Nationalsozialismus s. W. Kohl/M. Stolleis Im Bauch des Leviathan. Zur Staats- und Verwaltungslehre im Nationalsozialismus, NJW 1988, 2849; I. von Münch (Hrsg.)/U. Brodersen, Gesetze des NS-Staates, 3. Aufl. 1994; M. Stolleis, Geschichte des Öffentlichen Rechts in Deutschland, Band 3. Staats- und Verwaltungsrechtswissenschaft in Republik und Diktatur 1914–1945, 1999; H. Wilms, Die Staatsrechtslehre im Nationalsozialismus, DVBl. 2000, 1237; Heiko Holste, Die Zerstörung des Rechtsstaates durch den Nationalsozialismus, JA 2009, 359.

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