Читать книгу Staatsrecht I - Ute Mager - Страница 23
3.2Notstandsverfassung 1968
Оглавление40Vervollständigt wurden die Regelungen der Wehrverfassung durch das 17. Gesetz zur Ergänzung des Grundgesetzes vom 24. Juni 19687, die sog. Notstandsverfassung. Der neu eingefügte Abschnitt Xa mit den Art. 115a–115l GG regelt unter der Überschrift „Verteidigungsfall“ ausführlich den äußeren Notstand, insbesondere die Modifikationen in den Zuständigkeiten der obersten Staatsorgane. Die Vorschriften zum inneren Notstand finden sich in Art. 35 Abs. 2 und 3 sowie Art. 87a Abs. 4 und Art. 91 GG. Da manche in den Bestimmungen der Notstandsverfassung die Gefahr eines Übergangs zur Diktatur sahen, wurde außerdem Art. 20 GG um die Regelung eines Widerstandsrechts ergänzt. Dessen Ausübung ist an die vorherige Ausschöpfung (zumindest) des Rechtswegs geknüpft. Gibt es keine rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit mehr, hat das GG allerdings bereits seine Verbindlichkeit verloren und kann damit auch den Widerstand nicht mehr als verfassungsmäßig deklarieren. Gibt es eine rechtsstaatliche Gerichtsbarkeit, ist „andere Abhilfe“ möglich. Art. 20 Abs. 4 GG ist deshalb – zukunftsgerichtet – ein Fall symbolischer Gesetzgebung; auf die Vergangenheit bezogen, enthält er die Rechtfertigung und Anerkennung der Widerstandskämpfer im Dritten Reich.
41Besonders umstritten war die im Zusammenhang mit der Notstandsverfassung vorgenommene Änderung des Art. 10 GG.8 Danach kann ein Gesetz bestimmen, dass Eingriffe in das Brief-, Post- oder Fernmeldegeheimnis dem Betroffenen nicht mitgeteilt werden müssen, wenn die Beschränkung dem Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder des Bestandes oder der Sicherung des Bundes oder eines Landes dient. Der damit ausgeschlossene individuelle Rechtsschutz gegen derartige Maßnahmen – der eine Ergänzung der Rechtsweggarantie des Art. 19 Abs. 4 GG um einen Hinweis auf die Ausnahme des Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG notwendig machte – wird kompensiert durch eine parlamentarische Kontrolle.