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1. Kapitel:Verfassungsänderung

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62Die Verfassung enthält die grundlegenden Entscheidungen über die Rechtsverhältnisse in einem Gemeinwesen.1 Damit verbindet sich geradezu notwendig die Vorstellung der Dauerhaftigkeit. Die Verfassungsänderung steht daher im Vergleich mit gewöhnlicher Gesetzgebung unter besonderen Bedingungen. Schon die Paulskirchenverfassung verlangte für Verfassungsänderungen ein erhöhtes Quorum „in beiden Häusern“2 sowie die Zustimmung des Reichsoberhaupts (§ 196). Nach Art. 76 WRV war eine Verfassungsänderung im Wege des Gesetzgebungsverfahrens möglich, bedurfte aber einer 2/3-Mehrheit von mindestens 2/3 der gesetzlichen Mitgliederzahl des Reichstags. Die Weimarer Erfahrungen lehrten dann allerdings, dass ein besonderes Quorum als einziges Erfordernis für eine Verfassungsänderung die Verbindlichkeit und den beurkundenden Charakter des Verfassungstexts nicht wahren können. Die zwar als „unsittlich“ kritisierte, aber doch überwiegend nicht für verfassungswidrig befundene Praxis der stillschweigenden Verfassungsänderung und der Verfassungsdurchbrechung3 machte es möglich, dass die nationalsozialistische Machtergreifung sich in den Mantel formaler Legalität hüllen konnte.

Art. 79 GG ist Reaktion auf diese Erfahrungen. Er enthält formelle Voraussetzungen und – erstmalig in der deutschen Verfassungsgeschichte – auch materielle Grenzen für Verfassungsänderungen. Anknüpfen konnten die Verfassungseltern dabei an Vorarbeiten aus der Weimarer Staatsrechtslehre, in deren Methodenstreit4 zwischen Rechtspositivismus5 und geisteswissenschaftlicher Richtung6 die Frage der Verbindlichkeit der Verfassung eine wichtige Rolle spielte.7

Staatsrecht I

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