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5.4Verfassungsänderungen nach der Föderalismusreform I, insbesondere Föderalismusreform II und weitere Änderungen

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61aIm Jahre 2009 erfolgte erneut eine Vielzahl von Verfassungsänderungen. Sie waren zum einen Folge davon, dass der Vertrag von Lissabon mit Wirkung zum 1. September 2009 in Kraft trat und bildeten zum anderen den zweiten Teil der Föderalismusreform. Mit der 53. Änderung des Grundgesetzes14 schuf der Verfassungsgesetzgeber die nötigen Regelungen, um die Subsidiaritätsklage gemäß Art. 5 Abs. 3 EUV iVm. Art. 8 des Subsidiaritätsprotokolls innerstaatlich umzusetzen.15 Dies betrifft die Einführung des Art. 23 Abs. 1a GG sowie die Ergänzung des Art. 45 GG (Ausschuss für die Angelegenheiten der EU) um Satz 3. Zeitgleich wurde zudem das Antragsquorum für die abstrakte Normenkontrolle von einem Drittel auf ein Viertel der Mitglieder des Bundestages herabgesetzt.

Das 54. Änderungsgesetz16 enthielt mit der Verlagerung der Ertragskompetenz der Kraftfahrzeugsteuer und sonstiger den motorisierten Verkehr betreffender Steuern von den Ländern auf den Bund einen ersten Schritt zur Neuregelung der Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern. Die Änderungen betrafen Art. 106, 107 und 108 sowie einen neuen Art. 106b GG. Bevor mit dem 57. Änderungesetz vom 29.7.2009 der zweite Schritt erfolgte, schuf der Verfassungsgesetzgeber mit Art. 45d GG noch die Grundlage für ein parlamentarisches Gremium zur Kontrolle der Nachrichtendienste17 und passte durch Änderung des Art. 87d GG die Luftverkehrsverwaltung den europäischen Vorgaben an.18

Das 57. Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 29.7.200919 enthält den zweiten Schritt der Föderalismusreform II, dessen finanzrechtlicher Inhalt im Wesentlichen mit dem Stichwort der Schuldenbremse durch Änderung bzw. Einführung der Art. 109, 109a, 115 und 143d GG erfasst werden kann. Darüber hinaus wurde der Abschnitt Gemeinschaftsaufgaben in seinem Titel um den Aspekt der Verwaltungszusammenarbeit erweitert und um Art. 91c und 91d GG ergänzt. Art. 91c GG befasst sich mit der informationstechnischen Zusammenarbeit von Bund und Ländern, während Art. 91d GG die gemeinsame Durchführung von Vergleichsstudien ermöglicht. Zudem wurde die Investitionshilfekompetenz des Bundes gemäß Art. 104b GG für den Fall von Naturkatastrophen und außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen, erweitert. Eine grundlegende Neufassung des Bund-Länder-Finanzausgleichs blieb dagegen aus.

Im Jahre 2010 reagierte der Verfassungsgesetzgeber mit Art. 91e GG auf die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, mit der die Zusammenarbeit von Bund und Kommunen im Rahmen der Gewährung von Arbeitslosenhilfe und Sozialleistungen für verfassungswidrig erklärt worden war20 und schuf für diese Mischverwaltung die verfassungsrechtliche Grundlage.

Die 59. Änderung des Grundgesetzes vom 11.7.201221 führte mit Art. 93 Abs. 1 Nr. 4c GG die Beschwerde von Parteien gegen ihre Nichtanerkennung bei Wahlen (Nichtanerkennungsbeschwerde) ein.

Seit dem 1.1.2015 ist eine erneute Änderung des Art. 91b GG in Kraft.22

61bIm Jahr 2017 wurden zwei verfassungsändernde Gesetze erlassen. Das 61. Änderungsgesetz ermöglicht im Anschluss an die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zum NPD-Parteiverbotsverfahren durch Ergänzung des Art. 21 GG um einen neuen Absatz 3, Parteien, deren Verfassungswidrigkeit das Bundesverfassungsgericht festgestellt hat, die jedoch mangels hinreichender Gefährlichkeit nicht verboten werden können, von der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen.23

Das 62. Änderungsgesetz soll den informationstechnischen Zugang zu Verwaltungsdienstleistungen verbessern und enthält zum anderen diverse Neuregelungen in Bezug auf die Finanzbeziehungen zwischen Bund und Ländern.24 Durch das 63. Änderungsgesetz werden in Art. 104d GG nunmehr auch Finanzhilfen im Bereich des sozialen Wohnungsbaus ermöglicht und die Regelungen über die Finanzhilfen im Bereich der Bildungsinfrastruktur erneut modifiziert.25 Durch das 64. Änderungsgesetz wurde die Gesetzgebungskompetenz für die Grundsteuer als Abweichungsgesetzgebungskompetenz ausgestaltet.26 Die Finanzverfassung wird damit in zunehmendem Maße kleinteilig und unübersichtlich.

Literatur: U. Battis/N. Eder, Der Krebsgang der Föderalismusreform, NVwZ 2019, 592; U. Häde, Zur Föderalismusreform in Deutschland, JZ 2006, 930; I. Härtel, Föderalismusreform II – Bund-Länder-Finanzbeziehungen im Lichte aktueller Ordnungsanforderungen, JZ 2008, 437; Ch. Hillgruber, Der Nationalstaat in der überstaatlichen Verflechtung, HStR II, 3. Aufl. 2004, § 32 Rn. 75–112; H. Hofmann, Föderalismusreformen im Verfassungsstaat, DÖV 2008, 833; F. Shirvani, Die europäische Subsidiaritätsklage und ihre Umsetzung ins deutsche Recht, JZ 2010, 753; U. Steiner, 70 Jahre Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland, Jura 2019, 441; N. Ullrich, Staats- und Verfassungsjubiläen 2019 – Gelingen und Scheitern deutscher Aufbrüche, JA 2019, 328.

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