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5. Kapitel:Bedeutende Verfassungsänderungen infolge und nach der Wiedervereinigung 5.1Die Ergebnisse der Arbeit der Gemeinsamen Verfassungskommission

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54Der Einigungsvertrag enthielt in seinem Art. 5 die Empfehlung an die gesetzgebenden Körperschaften des vereinten Deutschlands, sich innerhalb von zwei Jahren „mit den im Zusammenhang mit der deutschen Einigung aufgeworfenen Fragen zur Änderung oder Ergänzung des Grundgesetzes zu befassen“. Als Gegenstände nennt Art. 5 EV insbesondere das Verhältnis zwischen Bund und Ländern, die Neugliederung im Raum Berlin/Brandenburg, die Aufnahme von Staatszielbestimmungen sowie die Frage der Anwendung von Art. 146 GG, der die Geltung des Grundgesetzes auf den Tag befristet, an dem „eine Verfassung in Kraft tritt, die von dem deutschen Volke in freier Entscheidung beschlossen worden ist.“ Nachdem der große Schritt der Wiedervereinigung als Beitritt gemäß Art. 23 GG aF. vollzogen war, sprach jedoch nichts mehr für die Notwendigkeit, die verfassungsgebende Gewalt zu aktivieren, zumal das Grundgesetz im Ganzen akzeptiert war, wenn nicht gar identitätsstiftend wirkte.

55Auf Grund der Empfehlung in Art. 5 EV bildeten Bundestag und Bundesrat im Jahre 1992 eine aus je 32 Mitgliedern des Bundestages und des Bundesrates zusammengesetzte Gemeinsame Verfassungskommission und erteilten ihr den Auftrag, Vorschläge für Verfassungsänderungen zu erarbeiten.1 Innerhalb der Kommission war mit 2/3-Mehrheit zu entscheiden. Für das Verfahren galt die Geschäftsordnung des Bundestages.

Von den vielen Reformvorschlägen in den Beratungen fanden nur wenige die erforderliche 2/3-Mehrheit. Von der Kommission beschlossen und in den Verfassungstext eingegangen sind die Ergänzung des Art. 3 Abs. 2 GG um die Verpflichtung zur Förderung der tatsächlichen Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern (Satz 2) und des Art. 3 Abs. 3 GG um ein Verbot der Benachteiligung wegen einer Behinderung (Satz 2), die Aufnahme des Staatsziels Umweltschutz (Art. 20a GG), die Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung durch Einbeziehung der Grundlagen der finanziellen Eigenverantwortung (Art. 28 Abs. 2 Satz 2 GG), die Erleichterung der Neugliederung der Länder (Neufassung des Art. 29 GG und Einfügung von Art. 118a GG betr. Berlin und Brandenburg) sowie eine Stärkung der Gesetzgebungskompetenzen der Länder (Änderung von Art. 72, 74 und 75 GG).

Insgesamt mündete die angestrebte Verfassungsreform in eine Summe einzelner Verfassungsänderungen. Da es in Bezug auf die Gesamtverfassung an echter Reformnotwendigkeit fehlte und die erforderliche 2/3-Mehrheit eine erhebliche Hürde für Änderungen errichtete, kann das letztlich bescheidene Ergebnis nicht verwundern, zumal die drängendsten Änderungen infolge der europäischen Integration bereits vorab realisiert worden waren.

Staatsrecht I

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