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Tausende verschwinden unter den Augen der Polizei

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Nachdem der Berliner Journalist Dieter Friede von einem Termin im Ostsekor, zu dem er am 2. November 1947 telefonisch bestellt worden war, nicht zurückgekehrt war, kam es am 13. November 1947 zu einer ausführlichen Debatte in der Stadtverordnetenversammlung. Die SPD-Fraktion gab dabei bekannt, daß in Berlin bis zu diesem Zeitpunkt 5413 Personen verschwunden seien, unter denen sich 126 politisch Organisierte, 1255 Jugendliche beziehungsweise Heranwachsende und 2829 ehemalige NSDAP-Mitglieder befänden. Mit den Stimmen der SPD, CDU und LDP (Liberal-Demokratische Partei) sowie gegen die Stimmen der SED und des LDP-Vorsitzenden Dr. Wilhelm Külz wurde folgender Antrag der SPD angenommen: »Der Polizeipräsident hat nicht das Vertrauen des Hauses. Die Versammlung spricht ihm das Mißtrauen aus.«

Aufgrund eines einstimmig gebilligten Antrages der Abgeordneten Ella Barowsky (LDP) erhielt der Magistrat den Auftrag, eine disziplinarische Untersuchung einzuleiten. Dagegen legte die sowjetische Besatzungsmacht Protest ein; und die sich abzeichnende Teilung führte dazu, daß die Untersuchung unterblieb.

Der kommunistisch gelenkte Freie Deutsche Gewerkschaftsbund (FDGB) veranstaltete am 18. November 1947 im Friedrichstadt Palast (Sowjetsektor) eine Protestversammlung, an der nach einem Bericht der sowjetisch lizensierten »Täglichen Rundschau« rund 3000 Polizeiangehörige teilnahmen. Mehrere FDGB-Funktionäre, SED-gebundene Betriebsratsmitglieder, der Sektorassistent des sowjetischen Sektors, Willi Schubert (SED), und der Vizekommandeur Rudolf Wagner (SED) befaßten sich mit den Ausführungen der Stadtverordneten und den Beschlüssen der Stadtverordnetenversammlung. Am Schluß der Veranstaltung protestierten die Teilnehmer gegen die Unterstellung, daß die Polizei im Interesse einer Partei arbeite. Sie nahmen einstimmig eine Entschließung an, die dem Polizeipräsidenten das Vertrauen aussprach und den Protest der Volkspolizei gegen reaktionäre Hetze zum Ausdruck brachte.

Hierzu nahm der Kommandeur der Schutzpolizei, Hans Kanig, in einer Dienstbesprechung Stellung:

In einer Demokratie geht die Macht vom Volke aus. Die Polizei als Schützerin des Volkes und seiner demokratischen Institutionen hat nicht das Recht, gegen die gefaßten Beschlüsse der höchsten demokratischen Instanz, der Volksvertretung, auf diese Weise Stellung zu nehmen, wenn nicht der Sinn einer Polizei in einer Demokratie überhaupt verloren gehen soll. Durch derartige Resolutionen der Polizeiangehörigen wird das Vertrauen der Bevölkerung zu ihrer Polizei, statt gefestigt, nur erschüttert und zudem noch der Anschein erweckt, als wäre die Polizei einseitig ausgerichtet. Die Polizei soll Schützerin der Demokratie sein. Es kann und darf daher nicht Aufgabe der Polizei sein, sich durch Annahme von Resolutionen in die Politik des Stadtparlaments einzumischen.

Den Kommunisten paßten diese klaren Ausführungen des Kommandeurs Hans Kanig natürlich nicht, und so richteten sich ihre Angriffe in verstärktem Maße gegen ihn.

Wenn auch rund 84 Prozent der im Dienst stehenden Schutzpolizeiangehörigen erst nach dem Zusammenbruch bei der Polizei eingetreten waren und nur circa 1500 bereits vor dem 8. Mai 1945 der Polizei angehört hatten, stellten der UdSSR nahestehende Kreise gern heraus, daß im sowjetischen Sektor Berlins nur sieben Prozent der Schutzpolizisten schon während der Zeit von 1933 bis 1945 in der Polizei Verwendung fanden, während es im amerikanischen Sektor 17 Prozent, im britischen Sektor 25 Prozent und im französischen Sektor neun Prozent seien.

Berliner Polizei von 1945 bis zur Gegenwart

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