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18 »Sie sind definitiv schon auf dem richtigen Kontinent.«

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Clemens Hagedorn

Einer der Vorteile, wenn man als Nationaler Sicherheitsberater des Bundeskanzlers arbeitete, war die Tatsache, dass ich auf Staatskosten reisen konnte. Ein Nachteil war, dass sich wesentlich mehr Menschen für das interessierten, was ich tat. Vor allem die Medien. Und Aufmerksamkeit war das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Daher griffen wir zu einer List, damit ich mich mit Clemens Hagedorn treffen konnte, ohne dass irgendein übermotivierter Journalist Wind davon bekam und Fotos machte. Diese List erforderte jedoch auch eine gewisse Reisebereitschaft des Architekten. Denn ein Trip nach Thailand wäre schwerlich als dienstlich notwendig zu erklären gewesen.

Ich nutzte also ein Treffen des UN-Sicherheitsrates, um mich mit Hagedorn zu treffen. Meine Assistentin war so aufmerksam gewesen, mir eine Suite im »Millennium Hilton Hotel« zu buchen, deren Kosten wahrscheinlich ein Loch in die Staatskassen riss. Die Suite hatte vierhundertzweiundzwanzig Quadratmeter, und der Blick auf die City war atemberaubend. Leider war Helen nicht mit. Als Schwangere sollte man auf Langstreckenflüge verzichten. Ich machte ein paar Fotos mit meinem Handy und schickte sie ihr. Als Antwort erhielt ich einen Mittelfinger. Dabei wollte ich nur nett sein.

Am ersten Abend meines dreitägigen Aufenthaltes in New York besuchte mich Hagedorn in meiner Suite. Ich erklärte ihm in wenigen Minuten, um was es ging.

Wie immer hörte er mir schweigend zu, ohne sich Notizen zu machen. Aus Erfahrung wusste ich, dass er das nicht brauchte.

Als ich geendet hatte, sah er sich um. »Ich nehme an, Sie haben sich zuvor versichert, dass es hier in Ihrem Zimmer keine Wanzen gibt?«

»Ja. Das ist inzwischen zu einer Notwendigkeit geworden«, bestätigte ich. Tatsächlich hatten meine Sicherheitsleute das erforderliche Equipment immer dabei.

»Gut. Also wovon Sie sprechen nennt man imperium in imperio.«

»Ach …«

»Im Englischen spricht man vom Deep State.«

»Das sagt mir schon eher was.«

»Ich vermute, in Ihren ersten Monaten haben Sie schon Bekanntschaft damit gemacht«, mutmaßte Hagedorn.

»In der Tat, das habe ich.«

»Vermutlich war das nur die Spitze des Eisberges. Diese drei Beratungsunternehmen, die Sie erwähnten, ich denke, die befinden sich ganz unten in der Nahrungskette.«

»Na ja«, sagte ich skeptisch. »Diese Konzerne sind schon groß …«

»Gemessen am Umsatz vielleicht. Aber hier geht es nicht um Umsatz, hier geht es um Cash, also um liquide Geldmittel. Natürlich erwirtschaften Dienstleistungsunternehmen enorme Gewinne. Aber die können nicht so ohne Weiteres für Dinge verwendet werden, wie Sie sie beschreiben. Konzerne sind gegenüber einem Aufsichtsrat verantwortlich. Und vergessen Sie nicht die Aktionäre, die ihre jährlichen Dividenden haben wollen. Es ist unmöglich, Millionenbeträge aus dem Gewinn einer Aktiengesellschaft abzuziehen, ohne die Bilanz zu fälschen. Und das werden sie nicht tun, weil es zu riskant wäre.

»Wenn Sie recht haben und diese drei am Ende der Nahrungskette stehen, wo muss ich dann hinsehen?«

»Sie sind definitiv schon auf dem richtigen Kontinent.«

»Aber wo genau setze ich an?«

»Sie wollen doch eigentlich, dass ich das tue, oder?«

»Ich könnte Ihre Hilfe gebrauchen, ja«, gab ich zu.

Er nickte, als hätte er das schon gewusst. »Wissen Sie, hier geht es nicht unbedingt darum, die Weltherrschaft an sich zu reißen. Das wäre viel zu banal. Sie müssen nicht im Oval Office sitzen, um an den Fäden zu ziehen. Um derjenige zu sein, der das Sagen hat. Die Typen, die Sie suchen, sind der Öffentlichkeit weitestgehend unbekannt. Es sind die Superreichen, die kaum in Erscheinung treten. Aber diese Leute verfügen über ein Milliardenvermögen. Allein deren jährliche Zinseinkünfte übersteigen unsere Vorstellungskraft. Das sind die, die alle Fäden in der Hand haben. Wenn die hier an einer Strippe ziehen, fällt in Europa irgendwo einer um.«

»Sie übertreiben jetzt aber …«, wagte ich zu hoffen.

Er schüttelte den Kopf. »Nein, das tue ich nicht.«

»Finden Sie diese Strippenzieher für mich.«

»Mit dem allergrößten Vergnügen. Aber eines muss Ihnen klar sein: Sie können nicht das Geringste gegen sie unternehmen.«

»Muss ich aber.«

»Herr Eichborn, diese Leute haben weltweit die wichtigsten Regierungen in der Hand. Sie beschäftigen eigene Armeen. Das sind keine einfachen Menschen, das sind Supermächte.«

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