Читать книгу Verdächtige Stille - Veronika Wetzig - Страница 34
Sonntag, 30. Oktober, 12:05
Оглавление„Was machst du da?“
„Ich versuche noch einmal, Sophie zu erreichen.“ Wild drückt Ben auf den Tasten herum, bis er endlich die Nummer gefunden hat. Es klingelt gerade zwei Mal, als am anderen Ende Sophies Stimme ertönt.
„Ja, hallo?“, Sophies Stimme ist nur undeutlich zu verstehen, im Hintergrund hört Ben geschäftiges Treiben.
„Sophie, bist du das?“
„Ja Ben. Ich hab schon ein paar Mal versucht dich zu erreichen, aber es hat niemand abgenommen. Was ist denn passiert?“ Ben will gerade anfangen zu sprechen, da unterbricht ihn Sophie gleich wieder. „Warte mal, ich muss mir kurz eine ruhige Ecke suchen, ich verstehe dich kaum.“
Langsam nehmen die Geräusche im Hintergrund ab.
„So, jetzt ist es besser. Ich bin gerade auf einem Markt in Marseille. Und hier geht es zu wie in einem Ameisenhaufen. Also, was ist los, was ist mit Marie?“
„Marie wurde entführt!“, so jetzt ist es raus, denkt Ben, inzwischen war ihm alles egal, er will nur noch das Leben seiner Familie retten und dafür braucht er Geld – viel Geld.
„Entführt?“, fassungslos sucht Sophie nach Worten. „Wieso?“
„Wieso weiß ich nicht!“, schmettert Ben ihr genervt entgegen. „Keine Ahnung, aber ich brauche deine Hilfe.“ Ben ist jetzt nicht mehr zu stoppen, die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus. „Bis morgen Abend brauche ich eine Million Euro. Sonst sehe ich Marie nie wieder. Also was ist, kannst du mir helfen?“ Am anderen Ende entsteht eine kurze Pause.
„Ben, oh mein Gott, das ist ja schrecklich. Was ist mit Annely, geht es ihr gut?“
„Ja, sie ist bei meinen Eltern, sie hat zum Glück nichts mitbekommen. Aber inzwischen hat der Typ schon Kontakt zu mir aufgenommen und mir deutlich gemacht, dass er es wirklich ernst meint. Also was ist, kannst du das Geld besorgen?“ Ben redet weiter hektisch auf Sophie ein und lässt ihr keine Gelegenheit, das eben Gehörte zu verarbeiten.
„Hast du die Polizei informiert?“, obwohl etliche Kilometer zwischen ihnen liegen, hört Ben die Verzweiflung aus Sophies Stimme.
„Nein, habe ich nicht. Und das werde ich auch nicht. Inzwischen hat der Typ unsere Katze zu Hackfleisch verarbeitet und Felix´ Werkstatt steht in Flammen. Wer weiß, wozu er sonst noch fähig ist. Du bist meine letzte Hoffnung.“
„Eine Million? Das ist viel Geld!“ Ben lässt ihr kurz Zeit, darüber nachzudenken.
„Also gut, Ben. Ich versuche alles Menschenmögliche, damit du morgen Abend das Geld hast, okay? Ich muss das nur irgendwie von hier aus organisieren. Ich melde mich auf jeden Fall bei dir.“
Hörbar atmet Ben angestrengt aus. „Okay Sophie. Danke“, mehr fällt ihm nicht ein. „Meine Nummer hast du ja jetzt, hier bin ich durchgehend zu erreichen.“
„Ja, ja, mach dir keine Sorgen. Ich besorge das Geld und melde mich dann bei dir. Halte durch!“
„Alles klar“, erschöpft lässt Ben sich in den Autositz fallen.
„Also, was ist nun?“ Felix trommelt mit seinen Fingern auf das Lenkrad.
„Sophie besorgt das Geld. So wie es sich angehört hat, sollte das kein Problem sein. Hoffen wir nur, dass die Transaktion nach Deutschland dann auch reibungslos verläuft.“
„Dann können wir jetzt los, oder? Ich meine, da brennt gerade meine Existenz ab und ich würd schon mal ganz gern nach dem Rechten sehen.“
Ben sieht seinen Bruder schuldbewusst an: „Entschuldige, momentan weiß ich gar nicht, woran ich zuerst denken soll. Also fahr schon, ich komm mit.“
Gemeinsam hängen beide einer Weile ihren Gedanken nach, während Felix den Wagen über die Landstraße jagt. Schließlich durchbricht Ben die Stille: „Meinst du, ich sollte Annely zu mir holen? Wenn der Typ wirklich auch noch hinter ihr her ist – ich hätte sie am liebsten bei mir, um zu wissen, dass es ihr gut geht.“
Felix denkt einen Moment nach: „Ich halte das für keine gute Idee. Zum einen: was soll der Typ jetzt noch mit Annely, wo er doch Marie hat. Und zum anderen ist sie bei Mum und Dad vielleicht gerade in Sicherheit. Außerdem hast du ja morgen Abend noch die Geldübergabe vor dir. Da kannst du sie ja schlecht mitnehmen, oder?“
Ben murmelt nur etwas Unverständliches vor sich hin.
„Wenn wir wissen, was mit meiner Werkstatt ist, kann ich ja Clara bitten, noch einmal bei unseren Eltern anzurufen. Wir finden bestimmt einen Vorwand und dann weißt du, dass alles OK ist.“
Ben nickt nur.
Doch Felix hat nun keine Zeit mehr, weitere Überzeugungsarbeit zu leisten. Gerade passiert er die Ortseinfahrt und hält beim Anblick der dicken schwarzen Rauchwolken den Atem an.