Читать книгу Roberta, mein Tagebuch und ich - Viveca Lärn - Страница 13

14. September

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Wir waren gerade mit dem Essen fertig, da klingelte es an der Tür. Es war Roberta, obwohl man sie kaum erkennen konnte, weil sie so eine große Sonnenbrille trug.

»Damit ich nicht auffalle«, sagte sie.

Ich fragte Mama, ob ich mir ihre Sonnenbrille leihen dürfe, und ausnahmsweise fragte sie nicht, wofür ich sie haben wollte. Sonst fragt sie viel zuviel. Jetzt war ich ganz sicher, daß sie mich fragen würde, wofür ich die Sonnenbrille brauchte, weil es draußen stürmte und regnete. Und ich überlegte mir schon eine gute Antwort.

Aber Mama fragte nichts, sondern fing sofort ganz lieb an, nach der Sonnenbrille zu suchen.

Sie suchte in den Schubläden in der Küche und in der Kommode im Flur und im Badezimmer und in einem Kleiderschrank. Roberta und ich standen im Flur und warteten ruhig ab, und Papa raschelte mit der Abendzeitung.

»Hurra«, sagte Mama, als sie die Sonnenbrille fand. (Sie hat in einem Gewürzregal gelegen.)

Ich setzte sie auf und wollte gerade die Wohnungstür hinter Roberta und mir zuschlagen, als Papa rief:

»Mimi!«

Ich steckte den Kopf in den Flur und fragte, was er wollte.

»Wozu brauchst du die Sonnenbrille bei Sturm und Regen?« fragte Papa.

Ich brummte nur irgendwas vor mich hin und machte die Tür zu.

»Du hast es gut, daß du nur einen Erwachsenen zu Hause hast«, sagte ich zu Roberta auf der Treppe. »Bei uns sind es immer zwei Große gegen eine Kleine.«

Roberta gab keine Antwort. Sie versuchte, in ihrem Notizbuch zu lesen. Das ist nicht ganz leicht in einem dunklen Treppenhaus mit der Sonnenbrille auf der Nase. Aber es war ein aufregendes Gefühl.

Bestimmt waren wir so gut getarnt, daß wir überhaupt nicht auffielen, wie wir zu Enoks Laden schlichen.

Enok war allein. Er stand an der Tür zu seinem kleinen Büro und hörte sich den Wetterbericht an. Er gab uns ein Zeichen, still zu sein. Roberta nahm die Sonnenbrille ab, schlug das Notizbuch auf und schrieb: Dämlich

Dann machte sie es schnell wieder zu, setzte sich die Brille auf, und Enok stellte das Radio ab und lächelte uns an.

»So, so, da krieg ich also wieder Besuch«, sagte er. »Wollt ihr Schuhe anprobieren?«

»Nein, nein«, sagte ich. »Wir wollen bloß reden.«

»Wir wollen ein paar Fragen stellen«, sagte Roberta und warf mir einen bösen Blick zu. Es paßte ihr wohl nicht, daß ich zuerst geredet hatte.

»Wie nett«, sagte Enok.» Müßt ihr das für die Schule?«

»Das nicht«, sagte Roberta. »Wir sammeln Antworten. Nur so.«

Enok setzte sich auf einen Schemel. Er sah müde aus. Oben auf dem Kopf, wo er eine Glatze kriegte, war er ganz blank.

»Geburtstag?« fragte Roberta.

»Ja, am 13. November«, sagte Enok. »Dann werde ich sechzig.«

»Oh!« sagte ich.

Roberta schrieb. »Lieblingsblume?« fragte sie weiter.

»Hm«, machte Enok. »Das ist Linnéa, die kleine Blume, die wild im Wald wächst. Manchmal sehe ich Linnéa, wenn ich angeln geh.«

»Idol?«

»Idol?« fragte Enok. »Was meinst du damit?«

»Ja, ob du zum Beispiel Michael Jackson magst«, sagte Roberta.

»Wie war der Name?« fragte Enok. »Ist das jemand aus deiner Klasse?«

»Das ist ein amerikanischer Sänger«, antwortete Roberta und verdrehte die Augen. »Hast du ein Idol? Einen Lieblingsstar?«

»Nein, das glaub ich nicht«, sagte Enok. »Aber ich hab ein Lieblingslied, das heißt ›Schöner Gigolo, armer Gigolo‹.«

»Lieblingsfarbe?«

»Grün«, antwortete Enok, ohne nachzudenken.

»Das hab ich mir gedacht«, sagte ich. »Du trägst immer grüne Sachen, und du magst den Wald.«

Enok sah beeindruckt aus. Roberta guckte böse.

»Verhörst du ihn oder ich?« fragte sie.

»Du«, sagte ich.

»Kann ich dann weitermachen?«

Ich nickte. Enok lächelte mir zu. Er hat ganz hellblaue Augen. Mama hat eine Perlenkette, die hat genau dieselbe Farbe.

»Wie groß bist du, und wieviel wiegst du?« fragte Roberta.

»Einhundertsiebzig Zentimeter«, antwortete Enok, »und wieviel ich wiege, bleibt ein Geheimnis.«

Roberta und ich sahen uns an. Er war tatsächlich sehr geheimnisvoll.

»Das war alles für heute«, sagte Roberta und schlug das Notizbuch zu.

»Kommt mal wieder vorbei«, sagte Enok. »Ich hab gern Besuch. Besonders, wenn er keine Schuhe anprobieren will!«

Roberta, mein Tagebuch und ich

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