Читать книгу Roberta, mein Tagebuch und ich - Viveca Lärn - Страница 9

5. September morgens

Оглавление

Weißt du, was ein Wanderweg ist, Botilda? Ein Wanderweg ist natürlich ein Weg, auf dem man wandert. Er ringelt sich durch die Natur. Du weißt nicht, was Natur ist? Natur ist alles, die Berge und Tannen und Flüsse und Teiche und Leberblümchen und Moos und Tannennadeln. Das hat uns unsere Lehrerin erklärt, als wir loswanderten.

Jedesmal wenn es etwas Interessantes am Weg zu sehen gab, blieb sie stehen und zeigte darauf.

»Das ist eine Birke«, sagte sie einmal.

Ein andermal sagte sie: »Dort ist ein Bach, und an seinem Ufer wächst eine Ulme. Ulmen gefällt es so nah am Wasser.«

Björn lief immer vorneweg. Plötzlich blieb er stehen und zeigte auf etwas. »Das ist eine Bierdose!« schrie er. »Bierdosen gefällt es im Moos.«

Aber unsere Lehrerin schüttelte düster den Kopf. »Man darf die Natur nicht verschmutzen«, sagte sie. »Und warum nicht? Was meint ihr?«

Ich meldete mich. »Dann hört die Natur irgendwann auf«, sagte ich.

Die Lehrerin sah mich lange an. Dann sagte sie: »Das war eine sehr gute Antwort, Mimi. Die wollen wir nicht vergessen. Wenn wir die Natur verschmutzen, hört sie irgendwann auf, Natur zu sein.«

Meine Backen wurden ganz heiß. Ich legte meine Hände dagegen. Mindestens fünfzig Grad, viel heißer als damals, als ich Mumps hatte. Ich hatte plötzlich Lust zu singen und zu tanzen. Aber ich ließ es lieber sein. Ich hielt den Apfel vom Hausmeister nur ein bißchen fester.

Der Weg machte viele Kurven und war sehr steil. Es ging einen großen Hügel bergauf und einen winzigen Hügel bergab, und dann kamen wir zu einem See. Baden konnte man dort nicht, denn es gab keinen Strand. Aber auf dem Wasser schaukelten lauter rote Seerosen.

»Hier ist das Wasser ganz sauber«, sagte unsere Lehrerin. »Fast wie in den Bergen.«

Ich mußte an meinen Freund Lasse denken, den ich in den Sommerferien in den Bergen getroffen hatte. Was er jetzt wohl tat? Vielleicht saß er in seiner Hütte mit seiner Katze und schaute in die Natur hinaus. Ich hatte solche Sehnsucht nach Lasse und seinen hübschen Ohren.

»Nein«, sagte die Lehrerin, »hier können wir nicht baden. Aber im Frühling fahren wir jede zweite Woche ins Hallenbad und baden. Das wird bestimmt Spaß machen.«

Wenn Lasse nur zu mir nach Göteborg kommen könnte, dachte ich. Dann würde ich ihm den Vergnügungspark und diesen Wanderweg zeigen. Aber zuerst würde ich alle Bierdosen aus dem Weg räumen, damit er es nicht zu schmutzig bei uns an der Westküste findet. Mein Onkel Albin sagt immer, daß es bei uns in Südschweden schmutzig ist. Dabei hab ich mal gesehen, wie er eine Zigarettenkippe weggeworfen hat und draufgetreten ist. Mitten in den Bergen!

Unsere Lehrerin entdeckte vier Pfifferlinge. Sie stürzte sich darauf und steckte sie in ihren Korb.

»Die kriegt bestimmt der Zweimetermann«, flüsterte Linda mir zu.

Wir fingen so wahnsinnig an zu kichern, daß wir uns auf den Bauch ins Herbstlaub legen mußten, um uns erst mal richtig auszukichern.

»Ja, wollt ihr zwei denn nichts essen?« fragte die Lehrerin streng. Hoffentlich hatte sie nicht mitgekriegt, was wir gesagt hatten!

»Doch, gleich«, japsten wir.

Im Apfel vom Hausmeister waren zwei Würmer.

Der Weg nach Hause war breit und schön und führte fast nur bergab. Janna brachte uns einen prima Reim bei. Wenn man im Takt geht, muß man sagen:

»Klotz, Klotz, Klotz am Bein,

Klavier vorm Bauch,

wie lang ist die Chaussee?«

Das sagten alle Mädchen mindestens tausendmal. Unsere Lehrerin hielt sich die Ohren zu und sagte, wir sollten aufhören. Aber sie machte nur Spaß.

Roberta, mein Tagebuch und ich

Подняться наверх