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Drittes Kapitel

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Bevor ich in unser Haus ging, warf ich noch einen Blick in das Schaufenster vom Süßigkeitenladen. Man muss ja immer auf dem Laufenden sein, ob neue Kaugummibilder gekommen sind. Eddie guckte auch interessiert, aber Arne trat nur nach einem vereisten Schneehaufen vor unserer Tür. In dem Augenblick kam Linda aus Elnas Schuhladen, Hand in Hand mit ihrer Mama. Ihr Gesicht leuchtete auf, als sie uns entdeckte, und sie zeigte auf ihre Füße.

«Kommt mal her und riecht an meinen Stiefeln, Arne und Mimi!», schrie sie.

«Nein, pfui Teufel», sagte Arne, «nicht für eine Million.»

Lindas Mama blieb stehen und sah ärgerlich aus.

«Das sind Stiefel mit Geruch, bist du schwer von Begriff?», sagte Linda wütend und streckte einen Fuß vor.

Aber Arne hielt sich die Nase zu, und da taten Eddie und ich das auch.

«Ich riech lieber an meinen eigenen Stiefeln, wenn ich was erleben will», sagte Arne mit erstickter Stimme.

«Was ist das denn für ein Benehmen!», rief Lindas Mama.

«Das sind Stiefel mit Geruch aus Amerika, schnallt ihr das nicht?», fauchte Linda. «Echte Mondstiefel mit Kaugummigeruch. Reib mal an den Zehen, dann riechst du es.»

«Niemals!», sagte ich und guckte Arne an.

Arne stöhnte nur und hielt sich die Nase zu.

«Komm, Linda, wir gehen», sagte ihre Mama streng. «Diese Kinder können das Wort Erziehung wahrscheinlich nicht mal buchstabieren.»

«Doch!», schrien Arne und ich im Chor. «E-R-Z-I-E-H-U-N-G!!» Linda und ihre Mama waren schon ein Stück weg, und ihre Rücken sahen richtig aufgeblasen aus. Plötzlich drehte Linda sich um und rief: «Erziehung schreibt sich aber mit k am Ende, falls ihr das noch nicht wisst!»

Wir gaben keine Antwort.

«Das waren die blödesten Stiefel, die ich jemals gesehen hab», sagte Arne. «Und ich hab schon ziemlich viel blöde Stiefel gesehen. In Stockholm zum Beispiel, der königlichen Hauptstadt.»

«Hast du da denn königliche Stiefel gesehen?», fragte ich. «Mit Kronen drauf?»

Arne nickte.

«Ich will auch Stiefel mit Geruch haben», sagte Eddie schluchzend. «Nie krieg ich Stiefel mit Geruch und nichts.»

«Halt die Klappe», sagte Arne. «Wir können uns keine Stiefel mit Geruch leisten. Du bist ja beknackt.»

Eddie dachte lange nach, während er in seinen Taschen suchte, vermutlich nach Geld. Aber er fand keins, nur einen Haufen anderer mehr oder weniger schrecklicher Sachen, die ich lieber nicht aufzählen will.

Arne setzte sich auf die Straße. Das macht er immer, wenn er nachdenkt. Wir setzten uns neben ihn.

«Ich hab keins gefunden», sagte Eddie, «kein Geld.»

«Still», sagte Arne. «Ich denk über was Wichtiges nach.»

«Wollen wir so lange Ball spielen?», fragte Eddie mich, und seine Augen leuchteten, dass ich ihn am liebsten hochgehoben und umarmt hätte. Das hätte ich leicht gekonnt, obwohl er sechs Jahre alt ist und ich acht, es sind also eigentlich nur zwei Jahre Unterschied zwischen uns. Aber ich heb Eddie nicht einfach hoch, wenn er mich nicht darum bittet. Man will ja schließlich keine runtergehauen kriegen.

Arne dachte lange nach, mindestens vier Minuten. Währenddessen wurde es ganz dunkel, und die Straßenbeleuchtung ging an.

Schließlich war er fertig.

«Wir müssen Millionäre werden», sagte er ernst.

«Warum nicht?», sagte Eddie und zuckte mit den Schultern.

«Klingt gut», sagte ich.

Wir saßen lange auf der Straße und dachten nach. Zum Glück gibt es Thermohosen. Wir grübelten und überlegten, aber weder Arne noch mir fiel auch nur ein einziger Nachteil ein, wenn man Millionär ist.

«Vielleicht», sagte Arne, «kriegt man Ärger, wenn man mitten in der Nacht durch eine dunkle Gasse geht. Da stürzt sich vielleicht eine Alte aus einem Tor auf einen und haut einem mit einem Knüppel auf den Schädel, und dann klaut sie den ganzen Packen Scheine, und da liegt man dann allein auf der Straße, nackt und arm.»

«Ja, das schon», sagte ich, «aber sonst gibt es wohl meistens nur Vorteile.»

Später am Abend, als Mama mir gute Nacht sagte, fragte ich, was sie tun würde, wenn sie Millionärin wäre. Dann würde sie auf der Stelle kündigen, sagte sie, und nicht einen einzigen Handschlag mehr in ihrem ganzen Leben tun.

«Aber wenn du nicht mehr im ‹Goldenen Schwan› arbeitest, kannst du ja nie mehr lachen und mit Roberto und Rodolfo italienische Pastalieder singen», sagte ich.

«Nein, das nicht», sagte Mama seufzend. «Aber ich kann ja ein eigenes Restaurant eröffnen und die beiden anstellen.»

«Doch nicht hier zu Hause bei uns?», fragte ich.

Am nächsten Morgen beim Frühstück fragte ich Papa, was er tun würde, wenn er Millionär werden würde. Er zögerte nicht eine Sekunde. Dann würde er sechzehn Kartons mit exklusiven Zwiebeln aus Holland kaufen, eine Kreuzung von dunklen Tulpen und blassen Orchideen.

«Warum nur sechzehn?», fragten Mama und ich im Chor. «Wenn du Millionär bist, kannst du sechzehntausend kaufen!»

«Aber das macht nicht solchen Spaß», antwortete Papa schniefend.

Mimi und der Millionärsklub

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