Читать книгу Mimi und der Millionärsklub - Viveca Lärn - Страница 7

Fünftes Kapitel

Оглавление

«Wo findet man Millionäre?», fragte ich meine Mama. Sie lag zusammengerollt auf unserem Sofa und las in einem dicken Buch über den Mississippi. Das ist kein Kaugummi, falls das jemand glauben sollte, sondern ein Fluss in Amerika.

«Millionäre», sagte sie abwesend. «Überall ein bisschen, glaub ich. In Kneipen zum Beispiel. Aber selten im ‹Goldenen Schwan›. Doch, Henry, der, dem die Keksfabrik gehört, der ist Millionär. Ihn triffst du fast jeden Tag im ‹Goldenen Schwan›. Ich glaub, seine Frau kann nicht kochen. Jedenfalls kann sie keinen Punsch machen.»

Mama grunzte und las weiter. So ein Grunzen ist das Zeichen, dass man verduften soll.

«Aber wenn du einen Millionär haben möchtest?», fragte ich eigensinnig. «Wo würdest du dann suchen?»

«Nun hör endlich auf», sagte Mama. «Ich bin doch schon verheiratet.»

Hahaha, sehr witzig. Erwachsene denken nur an sich selbst. Ich zog meine Jacke an und knallte die Tür zu.

«Wo gehst du hin, Mimi?», hörte ich sie schreien.

Aber jetzt hatte sie ihre Chance verpasst, mit mir zu reden.

Ich ging zum Fluss runter und dachte nach. Dort kann man ziemlich gut nachdenken. Da es Sonntagnachmittag war, wimmelte es von Familien, Hunden Rucksäcken und fröhlichen kleinen Rufen. In meiner Stadt machen das alle Familien am Sonntag, nur meine Mama und mein Papa wissen das nicht. Meine Mama liegt lieber auf dem Sofa und liest dicke Bücher und isst dicke grüne Äpfel, dass es im ganzen Haus kracht. Und mein Papa gräbt in seinem Schrebergarten und träumt. Wenn er nach Hause kommt, ist er hungrig und müde und sitzt da und bewundert die Schwielen, die er von seinem kleinen Spaten an den Händen bekommen hat. Meine Eltern sind ego, wahnsinnig ego.

Ich dachte ein bisschen daran, dass, wenn Arne und ich Millionäre wurden, wir kleine Sonntagsausflüge an den Fluss machen könnten. Aber dann brauchten wir nicht zu laufen. Wir konnten uns einfach jeder einen roten Porsche mit eigenem Chauffeur anschaffen, und dann würden wir langsam eine Runde mit runtergedrehten Scheiben fahren und den Enten Kekse zuwerfen.

So ein Sonntagsausflug wäre wunderbar.

Ich bummelte am Fluss entlang und um die Festung herum, ohne jemanden zu treffen, den ich kannte, oder jemanden, der wie ein Millionär aussah. Es wäre gut, wenn man mit einem Millionär bekannt wäre, dann bekäme man sicher ein paar gute Tipps.

Vor dem Hotel sah ich einen alten Mann, dessen Jackett ziemlich reich aussah, aber als ich mich gerade auf ihn stürzen wollte, zog er einen Busfahrplan hervor und begann, darin zu lesen. Dann war er wohl doch kein richtiger Millionär. Oder er ist ein Millionär, der gegen Abgase und für die Umwelt ist.

Als ich ihn das gerade fragen wollte, kam seine Frau aus dem Hotel, und ihr Pelz sah auch reich aus.

«Was für unverschämte Preise, Herbert!», jaulte sie in den höchsten Tönen. «Siebenundachtzig Kronen für ein gewöhnliches Beefsteak. Lass uns lieber zu Hause essen. Meine Schwester kann gut kochen.»

Herbert seufzte und steckte den Busfahrplan in die Hosentasche. «Aber nur, wenn ihr beim ‹Sportspiegel› die Klappe haltet», sagte er mürrisch.

Ich konnte mich nicht entscheiden, ob das nun Millionäre waren oder nicht. Still und elegant verfolgte ich sie die ganze Hauptstraße entlang, bis sie hinter einer schmutzig grauen verrotteten Holztür verschwanden. An der Tür hing ein Schild, auf dem stand, dass betteln verboten war. Da begriff ich endlich, dass sie keine Millionäre sein konnten trotz ihrer reichen Kleidung.

Richtige Millionäre müssen sich doch freuen, wenn jemand um Geld bettelt. Dann kriegen sie ja Gelegenheit, ein bisschen großzügig zu sein.

Richtige Millionäre heißen außerdem Martinsson. Das hat Arne gesagt.

Ich guckte in einige Schaufenster und schrieb mir Sachen auf, die ich nicht vergessen darf zu kaufen, wenn wir Millionäre geworden sind. Eine Popcorn-Maschine zum Beispiel und einen Overall, der von allein leuchtet, Sandalen aus Gold und ein Radiergummi, das wie eine Brombeere ist. Geschenke würde ich auch kaufen, zum Beispiel ein Gebiss für meinen Papa. Seine eigenen Zähne sind so grau.

Plötzlich kam Roberta Karlsson mitten auf der Straße angeschlendert, zusammen mit einem wildfremden Jungen, der genauso groß war wie sie, mindestens zehn.

«Hallo Mimi», sagte Roberta. «Mit dem hier geh ich, falls du weißt, was das bedeutet.»

Der Typ trug keine Mütze, aber eine Brille mit rotem Gestell, und er hatte den Kragen seiner karierten Jacke aufgestellt. Er sah enorm lässig aus.

«Das seh ich doch», sagte ich. «Wie heißt er denn?»

Roberta trat ihn leicht gegen das Schienbein. «Sag, wie du heißt.»

Aber der Typ kaute nur an einem riesigen Kaugummi und starrte in die Luft.

«Glenn heißt er», sagte Roberta. «Das hättest du nicht gedacht, was?»

«Tschüs, ich muss nach Hause», sagte ich.

«Ach», sagte Roberta freundlich, «musst du nach Hause und mit deinen kleinen Puppen spielen?»

Sie weiß nicht viel von meinen Plänen.

«Klar», sagte ich keck. «Tschüs. Und du, Glenn, schwimm schön langsam, ja?»

Dann lief ich hinein. Aber ich guckte durch ein Fenster im Treppenhaus. Die beiden sahen wie am Boden zerstört aus.

Man ist schon überlegen, wenn man fast Millionär ist.

Mimi und der Millionärsklub

Подняться наверх