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2. Abweichung von der vereinbarten Beschaffenheit (§ 434 Abs. 1 S. 1)

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Nach S. 1 des § 434 Abs. 1 liegt ein Sachmangel zunächst vor, wenn die Sache bei Gefahrübergang nicht die „vereinbarte Beschaffenheit“ aufweist (subjektiver Fehlerbegriff, s. o. Rn 8). Jede (ausdrückliche oder konkludente) Einigung der Parteien über die geschuldete Beschaffenheit der Kaufsache führt folglich zur Anwendbarkeit des S. 1 des § 434 Abs. 1, wenn die tatsächliche Beschaffenheit hinter der vereinbarten zurückbleibt.

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Der Begriff der Beschaffenheit in § 434 ist neu, seine Auslegung daher umstritten, nicht zuletzt deshalb, weil von der engen oder weiten Definition des Begriffs der Beschaffenheit die Reichweite der Sachmängelhaftung des Verkäufers, insbesondere in Abgrenzung zu dessen Haftung aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen (culpa in contrahendo, cic), abhängt.[7] Im Wesentlichen lassen sich drei verschiedene Auffassungen über das Verständnis des Begriffs der Beschaffenheit in § 434 Abs. 1 S. 1 unterscheiden: Man kann dem Begriff der Beschaffenheit zunächst (im Anschluss an die Rechtsprechung zu dem früheren § 459 Abs. 1[8]) grundsätzlich auf die physischen Eigenschaften der Kaufsache beschränken.[9] Gegen eine derart restriktive Interpretation des § 434 Abs. 1 S. 1 spricht indessen der Wille der Verfasser des SMG von 2001, zum Schutze des Käufers die Haftung des Verkäufers für Sachmängel insgesamt zu verstärken und deshalb die herkömmliche Unterscheidung zwischen der Sachmängelhaftung und der Haftung für das Fehlen zugesicherter Eigenschaften im Kaufrecht aufzugeben. Aber auch die entgegengesetzte Auffassung, zur vereinbarten Beschaffenheit einer Sache gehöre heute auf dem Boden der Vertragsfreiheit (§ 111 Abs. 1) letztlich alles, worüber sich die Parteien im Einzelfall als vom Verkäufer geschuldet geeinigt haben, verdient als zu weitgehend keine Billigung. Deshalb wird heute überwiegend der Beschaffenheitsbegriff in § 434 Abs. 1 S. 1 über die physische Beschaffenheit der Kaufsache hinaus auf sämtliche Eigenschaften einer Sache im Sinne des früheren § 459 Abs. 2 erstreckt (vgl § 434 Abs. 1 S. 3), so dass dazu auch alle rechtlichen und tatsächlichen Verhältnisse gehören, die aufgrund ihrer Art und Dauer auf die Wertschätzung der Sache von Einfluss sein können, und zwar einschließlich der Beziehungen der Sache zu ihrer Umwelt[10]. Insbesondere die Rechtsprechung hat sich mehrfach dieser Meinung angeschlossen, die nicht zuletzt den Vorteil hat, der Haftung des Verkäufers für die Verletzung vorvertraglicher Aufklärungspflichten einen nennenswerten Anwendungsbereich neben der umfassend verstandenen Sachmängelhaftung zu belassen; wichtig etwa beim Unternehmenskauf (s. u. § 5 Rn 53).

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Je nach den Abreden der Parteien gehören danach zur Beschaffenheit einer Sache bei Grundstücken z. B. Größe, Ertrag, Höhe der Betriebskosten[11], Bebaubarkeit oder Baureife sowie die Nachbarschaft zu einem kontaminierten Grundstück, von dem auf dem Umweltweg, d. h. über die Luft oder das Grundwasser schädliche Stoffe auf das Grundstück gelangen können,[12] außerdem bei Kunstwerken ihre Herkunft von einem bestimmten Künstler (s. Rn 24), ferner bei Maschinen ihre Verwendbarkeit an einem bestimmten Platz oder in einem bestimmten Zusammenhang, z. B. zusammen mit anderen Maschinen, sofern vertraglich dafür vorgesehen,[13] sowie schließlich bei Kraftfahrzeugen deren Leistung, Farbe, Alter oder Unfallfreiheit oder auch der Fortbestand einer Herstellergarantie.[14] Im Einzelfall kann ferner bereits der bloße Verdacht einer negativen Beschaffenheitsabweichung für die Annahme eines Mangels ausreichen, sofern der Verdacht auf konkreten Umständen beruht und vom Käufer nicht durch zumutbare Prüfungsmaßnahmen beseitigt werden kann, weil dann die Verkäuflichkeit der Sache massiv beeinträchtigt ist[15].

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Der Verkäufer haftet folglich nach Maßgabe der §§ 434 Abs. 1 S. 1 und 437, falls die Parteien eine Vereinbarung über die in dem genannten weiten Sinne zu verstehende Beschaffenheit der Sache (o. Rn 11 f) getroffen haben und der Sache tatsächlich die deshalb vom Verkäufer geschuldete Beschaffenheit im Augenblick des Gefahrübergangs (im Sinne der §§ 446 und 447) fehlt (s. o. § 3 Rn 11 ff). Ob eine derartige Vereinbarung über die Beschaffenheit der Sache vorliegt, beurteilt sich nach den §§ 133, 157 und 242, so dass eine Beschaffenheitsvereinbarung grundsätzlich auch konkludent abgeschlossen werden kann[16], wobei jedoch Zurückhaltung geboten ist, um die Haftung des Verkäufers für Mängel nicht übermäßig auszudehnen (s. Rn 14). Lediglich, wenn für den Vertrag eine besondere Form vorgeschrieben ist, z. B. nach § 311b Abs. 1, bedarf auch die Beschaffenheitsvereinbarung (als Teil des Vertrages) dieser Form[17].

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Eine (konkludente) Beschaffenheitsvereinbarung (Rn 13) setzt eine Einigung der Parteien über die geschuldete Beschaffenheit der Kaufsache voraus (§ 311 Abs. 1). Sie muss deshalb sorgfältig von einer bloßen Beschreibung der Kaufsache, von einfachen Wissenserklärungen des Verkäufers oder von einseitig gebliebenen Vorstellungen des Käufers unterschieden werden, denen der Verkäufer nicht zumindest konkludent zugestimmt hat.[18] Für die Annahme einer Beschaffenheitsvereinbarung genügt es folglich nicht, wenn dem Verkäufer die Vorstellungen des Käufers über die Beschaffenheit der Sache lediglich bekannt sind; erforderlich ist vielmehr, dass sich der Verkäufer darüber hinaus mit den Vorstellungen des Käufers erkennbar einverstanden erklärt, und zwar in dem Sinne, dass er für alle Folgen des Fehlens der fraglichen Beschaffenheit der Sache einzustehen bereit ist, wobei „strenge Anforderungen“ gelten[19]. So verhält es sich z. B., wenn der Verkäufer dem Käufer bei den Vertragsverhandlungen eine Probe oder ein Muster vorgelegt hat und der Vertrag auf dieser Grundlage abgeschlossen wurde[20]. Gleich steht der Fall, dass der Verkäufer bei Abschluss des Vertrages bestimmte Eigenschaften der Kaufsache hervorhebt und der Käufer auf dieser Grundlage den Vertrag abschließt; Beispiele sind die Bezeichnung eines Kraftfahrzeugs als „fahrtauglich“ oder eines Boots als „seetauglich“,[21] oder bei dem Verkauf eines Oldtimers die Vorlage einer Bescheinigung nach § 23 StVZO über den fahrtauglichen Zustand des über 30 Jahre alten Fahrzeugs.[22] Nicht ausreichend ist es dagegen, wenn der Verkäufer lediglich Angaben des Vorbesitzers über bestimmte Eigenschaften der verkauften Sache wiedergibt (Paradigma: „keine Unfallschäden laut Angaben des Vorbesitzers“)[23] oder wenn in dem Vertragsformular die entsprechenden Spalten überhaupt frei bleiben[24]. In diesen Fällen kann sich aber eine Haftung des Verkäufers immer noch aus den subsidiär, d. h. bei Fehlen einer Beschaffenheitsvereinbarung eingreifenden Nrn 1 und 2 des § 434 Abs. 1 S. 2 ergeben (Rn 18, 21 ff). Unabhängig davon haftet der Verkäufer außerdem aus cic, wenn er bei den Vertragsverhandlungen die Angaben des Vorbesitzers über die Beschaffenheit der Sache, z. B. über frühere Unfälle eines Gebrauchtwagens, unrichtig oder unvollständig wiedergibt (§§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 280)[25].

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Wenn ein Grundstück als „Baugrundstück“ verkauft wird, gehört die Bebaubarkeit des Grundstücks zu der vom Verkäufer geschuldeten Sollbeschaffenheit (s. auch u. Rn 19). Eigenschaften des Grundstücks, die die Bebauung erschweren oder verhindern, führen folglich in diesem Fall zur Annahme eines Sachmangels[26]. Beispiele sind öffentlich-rechtliche Baubeschränkungen oder Bauverbote, die ihre Ursache in der Beschaffenheit des Grundstücks und nicht etwa in Rechten Dritter haben[27], sowie nachbarrechtliche Beschränkungen des Eigentums einschließlich eines entschuldigten Überbaus[28]. Ebenso zu behandeln sind bei Verkauf eines „Wohnhauses“ der baurechtswidrige Zustand des Hauses, der zur Folge hat, dass jederzeit mit einer Abbruchverfügung zu rechnen ist[29], sowie bei Verkauf einer „Wohnung“ das Fehlen der Baugenehmigung, so dass eine Untersagung der Nutzung als Wohnung droht,[30] oder das Fehlen der vereinbarten Wohnfläche[31]. Freie Sicht infolge der mangelnden Bebaubarkeit eines Nachbargrundstückes kann ebenfalls ohne weiteres zur vereinbarten Beschaffenheit eines verkauften Grundstücks gehören[32].

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Schier unerschöpflich ist die Rechtsprechung zu Mängeln beim Autokauf.[33] Ein „Neuwagen“ ist grundsätzlich mangelhaft, wenn er technische Mängel aufweist, die die Zulassung hindern oder die Gebrauchsfähigkeit beeinträchtigen (s. auch Rn 24). Beispiele sind das wiederholte Aufleuchten von Warnanzeigen für Fehler, bei denen das Fahrzeug nicht mehr verkehrssicher ist[34], sowie das ständige Auftreten immer neuer Mängel (Stichwort: Montagsauto)[35]. Ebenso ist es zu beurteilen, wenn das gelieferte Fahrzeug eine andere Farbe als vereinbart aufweist[36]. Ein überhöhter Benzinverbrauch des Autos kann gleichfalls zur Annahme eines Mangels führen, jedenfalls bei Überschreitung der Normwerte um mindestens 10%[37]. Dagegen ist ein Fahrzeug grundsätzlich auch noch nach einer sogenannten Tageszulassung als „fabrikneu“ anzusehen[38]. Und wenn von einem Werksangehörigen ein so genannter „Jahreswagen“ verkauft wird, so bedeutet dies, dass es sich bei dem Fahrzeug um einen „Neuwagen“ handelt, der von dem Verkäufer nicht länger als ein Jahr gefahren wurde[39].

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Bei gebrauchten Kraftfahrzeugen muss das Vorliegen einer Beschaffenheitsvereinbarung besonders sorgfältig geprüft werden. Die Angabe des Verkäufers in dem Vertragsformular „Datum der Erstzulassung laut Kraftfahrzeugbrief“ kann z. B. auch eine bloße Wissenserklärung des Verkäufers sein, aus der nicht ohne weiteres auf eine konkludente Beschaffenheitsvereinbarung hinsichtlich des Alters des Fahrzeugs geschlossen werden darf.[40] Dagegen bedeutet die Angabe „TÜV oder Hauptuntersuchung neu“, dass sich das Fahrzeug in einem verkehrssicheren Zustand befindet und die letzte Hauptuntersuchung durchgeführt wurde.[41] Außerdem bezieht sich die Angabe eines „Kilometerstandes“ in dem Vertragsformular nach Treu und Glauben nicht lediglich auf den (leicht manipulierbaren) Stand des Tachometers, sondern auf die bisherige Laufleistung des Fahrzeugs (§§ 133, 157)[42].

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