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2. Vorrang

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Der Nacherfüllung kommt nach der gesetzlichen Regelung grundsätzlich der Vorrang vor den anderen in § 437 Nrn 2 und 3 genannten Rechtsbehelfen des Käufers (Rücktritt und Minderung sowie Schadensersatz statt der Leistung und Aufwendungsersatz) zu, weil der Übergang zu den genannten anderen Rechten des Käufers bei Lieferung einer mangelhaften Sache im Regelfall voraussetzt, dass der Käufer zuvor dem Verkäufer vergeblich eine angemessene Frist für die Nacherfüllung gesetzt hatte (s. § 437 Nrn 2 und 3 in Verb. mit § 281 Abs. 1 S. 1, 284 und 323 Abs. 1), und zwar grundsätzlich erst nach Fälligkeit der Leistung des Verkäufers, nicht schon gleichsam vorbeugend vorher.[17] Durch diesen sog. Vorrang der Nacherfüllung vor den anderen Rechtsbehelfen des Käufers soll dem Verkäufer die Chance einer zweiten Andienung eröffnet werden[18]. Gemeint ist damit die Möglichkeit, durch Nacherfüllung sozusagen „im zweiten Anlauf“ den Vertrag – und damit den daraus resultierenden Gewinn – doch noch zu retten. Die vorrangige Nacherfüllung stellt deshalb auch ein Recht des Verkäufers dar. Daraus folgt insbesondere, dass der Käufer – im Gegensatz zum Mieter und zum Werkbesteller (s. §§ 536a Abs. 2 Nr. 1 und 637) – kein Recht hat, die Mängel selbst zu beseitigen und anschließend Aufwendungsersatz vom Verkäufer zu verlangen[19], entgegen einer verbreiteten Meinung[20] auch nicht analog § 326 Abs. 2 S. 1. Anders verhält es sich nur, wenn der Käufer, und zwar grundsätzlich erst nach fruchtloser Fristsetzung, vom Verkäufer darüber hinaus Schadensersatz verlangen kann (s. §§ 437 Nr 3, 440, 280, 281 und 249).[21]

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Aus dem Gesagten ergibt sich ferner, dass der Käufer, wenn er von dem Verkäufer unter Fristsetzung nach § 439 Nacherfüllung verlangt, zugleich dem Verkäufer die Kaufsache zur Überprüfung der gerügten Mängel zur Verfügung stellen und ihm Gelegenheit zur Untersuchung der Sache und gegebenenfalls zur Nachbesserung geben muss, da der Verkäufer die Möglichkeit zur Überprüfung haben muss, ob die geforderte Nacherfüllung tatsächlich von ihm geschuldet ist, und zwar gerade am Erfüllungsort der Nacherfüllung, widrigenfalls eine etwaige Fristsetzung des Käufers wegen des Verstoßes gegen § 439 unwirksam ist, so dass der Käufer auch nicht nach fruchtlosem Ablauf der von ihm gesetzten Frist zu den anderen Rechtsbehelfen des § 437 übergehen kann.[22] Der Erfüllungs- oder besser: Leistungsort für die Nacherfüllungspflicht des Verkäufers ist umstritten.[23] Im Betracht kommen der Ort, wo sich die Kaufsache nach dem Vertrag bestimmungsgemäß gerade befindet, der ursprüngliche Erfüllungsort für die Leistungspflicht des Verkäufers sowie eine differenzierende Lösung entsprechend § 269 Abs. 1, so dass in erster Linie auf die Vereinbarungen der Parteien und die Natur des Schuldverhältnisses und hilfsweise auf den Wohnsitz oder den Ort der Niederlassung des Verkäufers abzustellen ist. Trotz der damit verbundenen Rechtsunsicherheit hat der BGH[24] sich für die zuletzt genannte differenzierende Lösung entschieden.[25] Bleibt es infolgedessen bei dem Wohnsitz des Verkäufers als Erfüllungsort, so dass der Käufer die Sache zwecks Untersuchung durch den Verkäufer oder Reparatur gegebenenfalls dorthin transportieren muss, so kann er außerdem vom Verkäufer einen Vorschuss für die Transportkosten verlangen (§ 439 Abs. 2), den er freilich zurückzahlen muss, wenn sich sein Nacherfüllungsverlangen später mangels Vorliegens eines Mangels als unbegründet erweist (§ 812 Abs. 1 S. 1).[26]

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Verlangt der Käufer schuldhaft zu Unrecht Nacherfüllung vom Verkäufer, so soll darin nach Meinung des BGH eine Pflichtverletzung liegen, die den Käufer bereits bei leichter Fahrlässigkeit (§ 276 Abs. 2) zum Ersatz der vom Verkäufer infolgedessen grundlos aufgewandten Kosten verpflichtet (§§ 241 Abs. 2, 280 Abs. 1)[27]. Dadurch würde indessen das so genannte Diagnoserisiko zu Unrecht und unter Verstoß gegen die Verbrauchsgüterkauf-Richtlinie nahezu vollständig auf den Käufer verschoben, so dass eine Ersatzpflicht des Käufers höchstens bei grober Fahrlässigkeit, richtiger Meinung nach sogar allein bei unredlicher Vorgehensweise des Käufers in Betracht kommt (s. u. § 24 Rn 17).

BGB-Schuldrecht Besonderer Teil

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