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6. Aliud
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Nach § 434 Abs. 3 steht es einem Sachmangel gleich, wenn der Verkäufer eine andere Sache (aliud) oder eine zu geringe Menge liefert (zu der so genannten Minuslieferung s. Rn 32). Mit dieser (nur schwer verständlichen) Vorschrift wollten die Verfasser des SMG von 2001 gleichsam mit einem Streich die zuletzt unter dem alten Recht nahezu unverständlich gewordene aliud-Problematik im Wege der prinzipiellen Gleichstellung des aliud mit dem Sachmangel aus der Welt schaffen. Ganz gelungen ist dies freilich aus in der Natur der Sache liegenden Gründen nicht.
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Unter der Geltung des früheren Rechts (§ 480 aF und § 378 HGB aF) war es üblich geworden, bei der Behandlung des aliud zunächst zwischen dem Stück- und dem Gattungskauf und sodann innerhalb des Ersteren weiter zwischen dem sogenannten Identitäts- und dem Qualitätsaliud zu unterscheiden. Ein Identitätsaliud liegt beim Stückkauf vor, wenn statt der verkauften individuellen Sache eine andere geliefert wird, während ein Qualitätsaliud anzunehmen ist, wenn die gelieferte Sache zu einer anderen Gattung als vereinbart gehört, wenn z. B. die „goldene“ Uhr nur vergoldet ist oder wenn das verkaufte Meisterwerk lediglich eine billige Kopie darstellt[63]. Bei dem Gattungskauf erzwang die komplizierte frühere Regelung daneben noch die zusätzliche Unterscheidung zwischen der Schlechtlieferung (peius) und der Falschlieferung (aliud)[64]. Alle diese Unterscheidungen hatten sich jedoch als ausgesprochen schwierig, ja weithin unmöglich erwiesen. Deshalb ordnet jetzt § 434 Abs. 3 die prinzipielle Gleichstellung des aliud mit dem Sachmangel an.
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Beim Stückkauf gilt nach überwiegender Meinung die Gleichstellung der Falschlieferung mit einem Sachmangel durch § 434 Abs. 3 nicht nur für das Qualitätsaliud (Paradigma: Verkauf einer bloß vergoldeten Uhr als „goldene“), sondern auch für das Identitätsaliud, d. h. für die Lieferung einer ganz anderen Sache als vereinbart[65]. Zusätzliche Probleme ergeben sich dann freilich beim Verbrauchsgüterkauf aus dem unklaren Verhältnis des § 434 Abs. 3 zu § 241a Abs. 1 idF von 2014, nach dem durch die Lieferung unbestellter Sachen grundsätzlich überhaupt kein (Zahlungs-)Anspruch des Unternehmers gegen den Käufer begründet wird. Eine angemessene Lösung ist hier in der Mehrzahl der Fälle nur möglich, wenn man dem § 434 Abs. 3 im Rahmen eines schon bestehenden Kaufvertrages grundsätzlich den Vorrang vor § 241a zubilligt und ergänzend darauf abstellt, ob der Käufer das aliud, die „falsche“ Sache als Erfüllung angenommen hatte. Denn wenn der Käufer die Sache als nicht geschuldet zurückweist, liegt nichts anderes als ein gescheiterter Erfüllungsversuch seitens des Verkäufers vor, sodass der Käufer nach wie vor den (ursprünglichen) Erfüllungsanspruch hat (§ 433 Abs. 1 S. 1). Nimmt der Käufer dagegen die Sache irrtümlich als Erfüllung an, sodass die Gefahr auf ihn übergeht (§ 446), so ist es entsprechend dem Wortlaut des § 434 Abs. 3 für den Regelfall durchaus angemessen, i von einem Vorrang der Vorschriften über die Sachmängelhaftung auszugehen – mit der Folge vor allem, dass jetzt der Erfüllungsanspruch des Käufers als Nacherfüllungsanspruch im Sinne der §§ 437 Nr 1 und 439 der besonderen Verjährungsfrist des § 438 unterliegt. Nur wenn die gelieferte Sache ausnahmsweise wertvoller als geschuldet ist (sogenanntes melius), wenn z. B. die „vergoldete“ Uhr tatsächlich aus purem Gold ist, kann der Verkäufer immer noch kondizieren (§ 812 Abs. 1 S. 1), freilich mit Rücksicht auf § 434 Abs. 3 lediglich Zug um Zug gegen das Angebot der geschuldeten Sache.[66]
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Beim Gattungskauf hat § 434 Abs. 3 der Sache nach zur Folge, dass der Käufer ein Wahlrecht erwirbt: Er kann einmal die Falschlieferung zurückzuweisen, sodass es dann auch nicht zur Konkretisierung kommt (§§ 243 Abs. 1, 293, 294) und er den ursprünglichen Erfüllungsanspruch behält. Er kann aber auch die „falsche“ Lieferung als Erfüllung annehmen – in diesem Fall mit der Folge, dass sich seine Rechte fortan allein nach den §§ 434 Abs. 3, 437 und 439 f richten, sodass sein (fortbestehender) Erfüllungsanspruch (§ 433 Abs. 1 S. 1) jetzt dem Regime des Nacherfüllungsanspruchs untersteht und damit vor allem in der besonderen Frist des § 438 verjährt (§§ 437 Nr 1, 439). Diese Lösung versagt nur, wenn die gelieferte Sache ausnahmsweise höherwertig als geschuldet ist (sog. melius), weil der Käufer dann wohl niemals von seinen Gewährleistungsrechten Gebrauch machen wird. Deshalb bleibt hier (wiederum) nichts anderes übrig, als – diesmal zum Schutze des Verkäufers – diesem nach wie vor die Leistungskondiktion zuzubilligen (§ 812 Abs. 1 S. 1), freilich nur Zug um Zug gegen das Angebot einer der geschuldeten Gattung entsprechenden Ware[67].