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Prolog: Quentin

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Der kleine Korken tauchte in der ansonsten völlig ruhigen Wasseroberfläche plötzlich unter. Dann war er wieder da. Kreisförmige Wellen breiteten sich langsam aus und verloren sich in der Weite des Sees. Dann tauchte der Korken erneut unter. Noch einmal. Und noch einmal. Dann war er verschwunden. Das Einzige, was noch aus dem Wasser herausschaute, war ein alter Bindfaden, der sich schnell wegbewegte.

Einen Wimpernschlag später straffte sich der Faden. Katapultierte den Korken wieder über die Wasseroberfläche. Nach dem Korken ein weiteres kurzes Bindfadenstück. Dann durchbrach ein stattlicher Karpfen zappelnd die Oberfläche und flog in hohem Bogen ans Ufer.

Im Nu hatte Quentin die improvisierte Angel zur Seite geworfen, war bei dem Fisch und beendete das Leiden des unfreiwilligen Landgängers mit einem kurzen, handlichen Holzstück. Quentin betrachtete seinen Fang. Bei der Vorstellung an die erste richtige Mahlzeit seit – er wusste selbst nicht mehr, seit wie vielen Tagen er sich nur von Beeren, Wurzeln und Quellwasser ernährt hatte – lief ihm das Wasser im Mund zusammen.

Quentin riss ein Streichholz an, schirmte es mit der Hand gegen den Wind ab und hielt es an die dürren Reiser und Stöcke, die er im Wald gesammelt hatte. Gierig sprangen die Flammen an dem trockenen Holz empor und setzten das kleine Feuer in Gang. Der Junge blickte kurz in die kleine Schachtel. Nur noch fünf Streichhölzer. Wenn sie aufgebraucht waren, musste er eine Unterkunft gefunden haben. Und etwas zu arbeiten. Teller waschen. Oder Müll raustragen. Oder Schuhe putzen. Egal, es würde sich schon etwas finden. Viel wichtiger war im Moment ohnehin der Fisch, der sorgfältig in einen Lehmmantel verpackt unter dem Feuer garte. Quentins Magen knurrte laut.

Dann war das Feuer heruntergebrannt. Quentin schob mit einem Holzstück vorsichtig die Glut auf die Seite und rollte die hart gebrannte Lehmform aus der heißen Feuerstelle. Er schob die Glut wieder zurück in das Loch und legte etwas trockenes Holz nach. Es wurde langsam kühl, dicke Wolken zogen in der Ferne über den Horizont. Dabei war der Sommer eigentlich noch lange nicht vorbei. Quentin wartete ungeduldig darauf, dass die Lehmform abkühlte.

Endlich war es so weit! Der Lehm war zumindest so weit erkaltet, dass Quentin ihn anfassen konnte. Obwohl er sich kaum noch beherrschen konnte, brach Quentin vorsichtig die schützende Hülle auf. Der Duft raubte ihm fast die Sinne.

Behutsam zog er die Haut vom Karpfen ab und steckte sich das erste Stück Fisch in den Mund. Den Ausdruck vollkommener Glückseligkeit, der sich Sekunden danach auf seinem Gesicht ausbreitete, hätte kein Künstler auf der Welt auch nur annähernd wirklichkeitsgetreu auf eine Leinwand malen können.

Der 7. Lehrling

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