Читать книгу Sommer Bibliothek 11 besondere Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 69

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Wir fuhren nach Rikers Island und suchten Norman Brodie in seinem Krankenzimmer auf.

„Sie haben mich ganz schön erwischt!“, meinte er, als er mich sah und deutete auf seine Schulter. „Ein typischer Fall von Polizeibrutalität. Mein Anwalt wird von der Stadt New York eine Entschädigung erstreiten, an die man noch lange denken wird – und wie viel sich die Stadt New York dann von ihnen davon zurückerstatten lässt, wird für Sie eine spannende Frage.“ Er kicherte. „Sollten Sie ein Eigenheim oder einen wertvollen Wagen besitzen, verkaufen Sie ihn besser schon einmal!“

„Ich glaube, Sie sind da in einem Irrtum begriffen“, erwiderte Milo, noch ehe ich dazu etwas sagen konnte.

„Verdammt, es war Notwehr, dass ich Mancuso erschossen habe! Hätte ich zulassen sollen, dass mein Boss über den Haufen geschossen wird? Ihnen wäre das wahrscheinlich lieber gewesen... Auf juristischen Weg hat man ihm ja schließlich bislang nichts anhaben können.“

Ich zeigte ihm ein Foto von Alex Waters, das ich aus dem Computer ausgedruckt hatte und legte es ihm auf die Bettdecke. „Vielleicht wären Sie im Fall Mancuso mit Ihrer Geschichte durchgekommen. Aber nicht bei Waters.“

„Was habe ich mit dem Kerl zu tun?“

„Sie haben ihn erschossen.“

„Hören Sie, verzichten Sie inzwischen vollkommen auf Beweise? Reicht schon eine reine Unterstellung für eine Verurteilung oder wie weit ist unser Rechtssystem bereits heruntergekommen?“

„Wenn jemand wie Sie über die Mängel des Rechtssystems klagt, hat das schon einen eigenartigen Beigeschmack, Mister Brodie“, erwiderte ich. „Der Schalldämpfer Ihrer Waffe wurde beim Mord an Alex Waters verwendet. Für eine Verurteilung dürfte das ausreichen.“

„Ich kenne diesen Waters überhaupt nicht!“

„Das spielt keine Rolle. Sonny Ricone hat Ihnen den Auftrag gegeben, den Handlanger seines Feindes Jaden Nichols aus dem Weg zu räumen. Jedenfalls nehmen wir das an. Aber Sie können natürlich auch die gesamte Schuld auf sich nehmen.“

Er atmete tief durch.

„Ich will einen Anwalt.“

„Wenn er von Ricone bezahlt wird, sollten Sie besser einem Pflichtverteidiger vertrauen, denn Ihr Boss wird doch nur seinen eigenen Kopf aus der Schlinge ziehen wollen...“

Norman Brodie überlegte einige Augenblicke lang. „Verdammt...“, murmelte er.

„Arbeiten Sie mit uns zusammen, dann machen Sie Punkte.“

„Ich will ein konkretes Angebot des Staatsanwalts!“, forderte er.

Milo mischte sich jetzt in das Gespräch ein. „Der zuständige Bezirksstaatsanwalt heißt Robert Thornton und hat eine ausgeprägte Abneigung gegen Prostitution und alles was damit zusammenhängt. Wenn Sie sich da etwas erhoffen wollen, sollten Sie vorher schon mit uns zusammenarbeiten, sonst wird da nicht viel draus. Im Übrigen benötigt er Ihre Aussage dann ohnehin noch einmal vor Gericht!“

„Andernfalls wird Sonny Ricone wahrscheinlich ungeschoren davonkommen und Sie sitzen bis zum Ende Ihres Lebens im Knast“, ergänzte ich. „Falls man nicht sofort auf Mord ersten Grades plädiert und die Todesstrafe beantragt wird, was ich in Ihrem Fall für sehr wahrscheinlich halte.“

Brodie atmete tief durch.

„Okay. Sonny Ricone hat mich beauftragt. Zurzeit herrscht ein Krieg zwischen ihm und Jaden Nichols. Da geht es Auge um Auge, Zahn um Zahn...“

„Mädchen um Mädchen?“, fragte ich.

„Ja, auch das.“

„Was war mit Jack Mancuso?“

„Das war ein gesondertes Problem. Eileen wollte einfach nicht mehr für ihn arbeiten und diesen Nichtsnutz durchfüttern. Daraufhin hat Jack Mancuso sich an Jaden Nichols gewandt. Frei nach der Devise, der Feind meines Feindes ist mein Freund. Nichols kam das natürlich recht. Er hat Mancuso wie einen Kettenhund benutzt, den man nur von der Leine zu lassen braucht, damit er beim Gegner für Terror sorgt!“

„Hängt das alles mit dem Besitzerwechsel im ‚Hidden Joy’ zusammen?“, hakte ich nach. „Es gab doch mal eine Zeit, da sollen sich Nichols und Ricone besser verstanden haben?“

Brodie nickte. „Sonny hat ein paar Schuldscheine aufgekauft und hatte Jaden Nichols in der Hand. Das hat Nichols ihm nie vergessen, darum gab es auch laufend Schwierigkeiten.“ Seine Augen wurden schmal. „Reicht das?“, zischte er.

„Nein, es gibt da noch einen anderen Punkt!“, erklärte ich.

„Schießen Sie los!“

„Wissen Sie irgendetwas von einem Freier, der darauf steht, Frauen die Haare abzuschneiden? Hat irgendeine der Frauen mal darüber berichtet?“

Er atmete tief durch. Mein Instinkt sagte mir, dass er etwas wusste, aber noch mit sich rang, ob er uns das verraten sollte. „Wenn ich Ihnen das erzähle, dann...“ Er sprach nicht weiter.

„Sonny Ricone wird Ihnen ohnehin bald auf Rikers Island Gesellschaft leisten“, erwiderte ich. „Und ich denke, dass man peinlich genau darauf achten wird, dass Sie nicht im selben Zellentrakt untergebracht werden.“

„Darum geht es nicht.“ Einen Augenblick zögerte er noch. „Es gab da einen Kunden, der besonders viel zahlte. Ich bekam heraus, dass Susan Michaels mit diesem Kunden Termine abmachte und dafür wesentlich mehr kassierte als üblich. Natürlich hat sie das Sonny nicht gemeldet, der hätte sonst eine höheren Anteil...“ Brodie biss sich die Lippen. „Ich meine natürlich, er hätte ihre Miete erhöht.“

„Also haben Sie Sonny nichts davon gesagt und mit Susan Michaels einen Deal gemacht.“

Er nickte. „So in etwa.

„Was wissen Sie über den Typ?“

„Dass er Frauen gerne die Haare abrasierte. Aber er war nicht gewalttätig, sondern scherte sie einfach nur kahl wie einen Skinhead. Aber es gibt ja Perücken. Der Kerl kam regelmäßig, immer dann wenn Susans Haare einigermaßen nachgewachsen waren.“

„Zwischenzeitlich wird er sich irgendwo anders geholt haben, was er brauchte“, glaubte Milo.

„Das vermute ich auch. Dafür gab es dann vielleicht einmal im Jahr kleines Vermögen.“

„Wie hieß der Kerl?“

„Randall.“

„War das sein Vorname oder Nachname?“

„Keine Ahnung. Ich weiß noch nicht einmal, ob es sein wirklicher Name war.“

„Hatte Eileen Genardo je mit diesem Typ zu tun?“

„Weiß ich nicht. Möglich wäre es, dass Susan sie weiterempfohlen und dafür einen Teil des Geldes eingesteckt hat. Aber davon weiß ich nichts. Jedenfalls schienen mir ihre Haare immer echt zu sein. Aber ich bin auch kein Experte dafür.“


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