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Zum Scheitern verurteilt?

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Die Nachkriegsordnung wurde unter denkbar schlechten Bedingungen entworfen. Eine Welt in Aufruhr und Elend, zwischen Nationalismus und Kommunismus, machte es zu einer kaum lösbaren Aufgabe, dauerhaften Frieden zu schaffen. Das Pariser Vertragswerk stellte keinesfalls einen bloßen Gewaltfrieden dar, wie dessen Gegner es unaufhörlich behaupteten. Die Sieger unterließen es sehr wohl, die Besiegten ohne jegliche Gnade zu bestrafen. Es handelte sich aber auch um keinen Versöhnungsfrieden, der Europa wohl gutgetan hätte. Nach der Einschätzung Henry Kissingers kam das Vertragswerk einem »zerbrechlichen Kompromiss zwischen amerikanischem Utopismus und europäischer Paranoia« gleich. Der ehemalige US-Außenminister und Friedensnobelpreisträger hielt dessen Bestimmungen für »zu drückend, um zur Aussöhnung zu führen«, und gleichzeitig für »nicht rigoros genug, um eine dauerhafte Unterwerfung zu gewährleisten«.

Die Besiegten des Krieges sahen ihre Friedensverträge allerdings als Diktat. Sie sprachen von vollkommener Demütigung, hinter der am Schluss sogar die völlige Vernichtung stehen mochte. In Verdrehung der Tatsachen sprach man im Deutschen Reich davon, erst aufgrund von Wilsons 14 Punkten um Waffenstillstand angesucht zu haben. Deutschland sei jedoch getäuscht und in Versailles betrogen worden. In Wirklichkeit hatte das Reich aber nicht wegen des Friedensprogramms des US-Präsidenten den Krieg beendet, vielmehr waren die eigenen Kräfte derart geschwunden, dass es keine Aussicht auf einen Sieg mehr gab. Erst im Zeichen der eigenen Schwäche griff man auf eine Friedenskonzeption zurück, die den Besiegten auf Grundlage des nationalen Selbstbestimmungsrechts schonen sollte. Die politische Rechte – allen voran in Deutschland und Ungarn, viel weniger einflussreich dagegen in Österreich – rief jedenfalls nach Vergeltung und Revision. Die Linke unter der Führung Sowjetrusslands, das gar nicht an der Konferenz teilgenommen hatte, verfolgte wiederum ohnedies ein anderes Ziel, nämlich die von vielen gefürchtete Konzeption einer kommunistischen Weltordnung.

In den Siegerstaaten, vor allem unter den Großmächten, herrschte nach der Friedenskonferenz keineswegs ungetrübte Zufriedenheit vor. Die maßgeblichen Persönlichkeiten in Frankreich waren sich trotz des Sieges der Schwäche ihres eigenen Landes durchaus bewusst. Deshalb hatten sie ursprünglich aus Angst vor dem übermächtigen Nachbarn im Osten eine Aufteilung Deutschlands angestrebt. Doch dafür waren die angelsächsischen Partner nicht zu haben. Für die Realisierung des Völkerbunds machte Wilson zwar Abstriche bei seinen 14 Punkten, eine Zertrümmerung des Deutschen Reiches vermochte er mit seinen Prinzipien aber nicht zu vereinbaren. Vielerorts wurden freilich die mühsam erzielten Kompromisse als faul angesehen, die all das Elend des Krieges schwerlich rechtfertigten. In Italien sprachen die Chauvinisten von einem »verstümmelten Sieg« und auch Japan, eigentlich ebenfalls ein Profiteur des Krieges, fühlte sich hinsichtlich seiner Ambitionen in Ostasien keineswegs zufriedengestellt.

Woodrow Wilson hatte zur Verhinderung von zukünftigen Kriegen die Gründung des Völkerbunds mit aller Vehemenz vorangetrieben. Für diesen Einsatz erhielt er schließlich den Friedensnobelpreis, doch die USA selbst sollten am Ende dieser Vorläuferinstitution der Vereinten Nationen gar nicht beitreten und in Europa künftig lediglich wirtschaftliche Interessen verfolgen. Bedroht von Revision und Revolution blieben als Schutzmächte des Pariser Friedens, der zugleich eine neue Weltordnung einläuten sollte, nur zwei geschwächte Siegerstaaten übrig: Großbritannien, das unter der riesigen Ausdehnung seines Empires litt, und das vom Krieg ausgeblutete Frankreich, das sich gegen seinen übermächtigen und unruhigen Nachbarn Deutschland am Ende wohl selbst helfen musste. So stand am Beginn der Zwanzigerjahre der Ausklang einer großen Friedenskonferenz, die in Europa geschwächte Sieger und wütende Verlierer zurückließ.

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