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1.7 Eigenschaftentheorie

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Was macht einen guten Führer aus?

Im Zusammenhang mit der Verbreitung der Massenpsychologie entstand die Eigenschaftentheorie oder auch „Great Man Theory“ – die Theorie vom „großen Mann“. Sie untersucht, was Führer von Geführten unterscheidet beziehungsweise wodurch sich gute Führer von schlechten abheben, und analysiert Personen, die es von sich aus in Führungspositionen geschafft haben. Sie hat eine enge Nähe zum Sozialdarwinismus und diente lange Zeit auch als Ideologie zur Herrschaftssicherung. Demnach verfügten Abkömmlinge aus Adelshäusern per se über bessere Führungseigenschaften als Angehörige der Unterklassen. Was gut ist beziehungsweise als Führungserfolg erkannt wird, drückt sich in der Karriere aus. Jedoch müssen die Eigenschaften, welche die Karriere begünstigten, nicht immer diejenigen sein, die ein Unternehmen erfolgreich machen.

Eigenschaften des Führers

Als Eigenschaften gelten über längere Zeiträume hinweg breite und stabile Persönlichkeitsmerkmale, die sich in unterschiedlichen Situationen als konsistent erweisen. Bis zu 500 verschiedene Eigenschaften wurden in der einschlägigen Literatur bis etwa in die 50er-Jahre des letzten Jahrhunderts hinein identifiziert. Aber nur bei den folgenden Führereigenschaften stimmten nach Untersuchungen des US-Führungsforschers Ralph M. Stogdill zehn oder mehr Untersuchungen überein:

Intelligenz

Schulische Leistungen

Zuverlässigkeit beim Einsatz der Verantwortung

Aktivität und soziale Teilnahme

Sozioökonomischer Status

Soziabilität

Initiative

Ausdauer

Sachkenntnis

Selbstvertrauen

Begreifen der Situation

Kooperationsbereitschaft

Beliebtheit

Anpassungsfähigkeit

Wortgewandtheit

Schlüsselqualifikationen

Einiges hiervon findet sich im Katalog der Schlüsselqualifikationen wieder, der im ersten und zweiten Band dieser Buchreihe vorgestellt wurde. Das gilt dort besonders für die Bereiche Sozialkompetenz und persönliche Kompetenz.

Sozialkompetenz

Merkmale sozialer Kompetenz

Sozialkompetenz zeigt sich in der Fähigkeit und Bereitschaft, sich auf andere Menschen einzustellen, sich gruppen- beziehungsweise personenorientiert zu verhalten. Im beruflichen Kontext versteht man unter Sozialkompetenz die Fähigkeit, umsichtig, partnerschaftlich und verantwortungsbewusst mit Menschen und Mitteln umzugehen. Dies wiederum setzt Empathie voraus. Damit ist die Fähigkeit gemeint, sich in das Denken und Fühlen eines anderen Menschen hineinzuversetzen. Toleranz und Akzeptanz sind ergänzende Persönlichkeitsmerkmale, die den sozial kompetenten Menschen auszeichnen.

Persönliche Kompetenz

Nicht auf ein Merkmal reduzierbar

Zahlreiche empirische Studien Mitte des 20. Jahrhunderts – besonders hervorzuheben ist die Untersuchung Stogdills von 1948 – konnten die Eigenschaftentheorie nicht belegen. Kein Merkmal erwies sich als „die Führungseigenschaft“ des Great Man. Es gab zwar einzelne Untersuchungen, mit deren Hilfe sich eine bestimmte Eigenschaft isolieren ließ. Diese jedoch konnten in späteren Unter suchungen nicht bestätigt werden.

Auch Neuberger ist der Meinung, dass Führung eine ganz andere Qualität hat als in der „Great Man Theory“ postuliert ist: „Es geht um die verlässliche und berechenbare Erledigung von Daueraufgaben, nicht um tollkühne Heldenstreiche oder den mitreißenden Aufbruch zu neuen Ufern.“

Das bedeutet jedoch nicht, dass es eine solche Eigenschaft nicht gibt, sondern nur, dass sie mit den zur Verfügung stehenden Mitteln bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

Wie kommt der Führer zu seinem Status?

Nach dem „Fiasko“ des eigenschaftsorientierten Ansatzes ging man dazu über, bestimmte Eigenschaften miteinander zu kombinieren, um vielleicht so zu einheitlichen Ergebnissen zu kommen. Aber auch diese Hoffnung wurde nicht erfüllt. Stogdill, der über hundert Untersuchungen auf gemeinsame Ergebnisse hin überprüft hat, schreibt: „Führung scheint nicht eine Sache des passiven Status oder des einfachen Besitzes von Eigenschaftskombinationen zu sein.“ (Bass and Stogdill 1994) Vielmehr ist er der Meinung, dass eine dynamische Beziehung zwischen den Mitgliedern einer Gruppe besteht, in welcher der Führer seinen Status erhält, indem er sich aktiv in eine Gruppe einbringt und dort sein Wissen und Können unter Beweis stellt.

Stogdill hat damit den Weg zum interaktionstheoretischen Ansatz bereitet und gleichzeitig den grundlegenden Mangel der Eigenschaftsforschung aufgezeigt, nämlich die Einseitigkeit dieses Ansatzes.

Persönlichkeitstests

Die große Verbreitung von Persönlichkeitstests im Rahmen der Bewerberauswahl für Führungspositionen zeigt, dass eigenschaftstheoretische Erklärungsversuche immer noch beliebt sind. Sie geben eine erste, wenn auch vage Sicherheit, ob das Eignungsprofil des Bewerbers zum Anforderungsprofil der Stelle passt. Darin liegt im Wesentlichen ihr Wert.

GABALs großer Methodenkoffer

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