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2.2 Von Pflicht- und Akzeptanzwerten zu Selbstentfaltungswerten

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Selbstentfaltung statt Pflicht und Gehorsam

Kennzeichnend für diesen Prozess ist die Ablösung materialistischer Wertvorstellungen („Schaffe, schaffe, Häusle baue …“) durch intrinsische Werte wie Lebenslust und Selbstentfaltung. Man spricht in diesem Zusammenhang auch von der Substitution alter Pflicht- und Gehorsamswerte (Fleiß, Treue, Ordnung) durch individuelle Freiheits- und Selbstentfaltungswerte (Gleichberechtigung, Toleranz und Zivilcourage). Das Prinzip „Leistung“ verschwindet dabei nicht, sondern wird nur nach Sozial- und Herkunftsgruppen, Alter und Geschlecht, Religion und Wohnort neu geordnet.

Vier Gruppen

Der Werteforscher Helmut Klages unterteilt die Menschen im Kontext der Wertediskussion in vier Gruppen:

1 Aktive Realisten

2 Nonkonforme Idealisten

3 Ordnungsliebende Konventionalisten

4 Perspektivlose Resignierte

Realisten und Resignierte

Der aktive Realist ist der interessanteste Mitarbeitertyp. Er erwartet Freiraum für Selbstorganisation, -entfaltung und Kreativität und hinterfragt Hierarchien und starre Strukturen. Von den perspektivlosen Resignierten sind dagegen weder Innovationen noch Führungsqualitäten zu erwarten.

Die vier Gruppen auf einen Blick


Phänomene des Wertewandels

Beispiele für den Wertewandel sind folgende Entwicklungen beziehungsweise Phänomene:

Freizeitorientierung

Ablehnung von Bindung, Unterordnung und Verpflichtung

Betonung des eigenen Lebensgenusses, eines hedonistischen Lebensstils

Erhöhung der Ansprüche in Bezug auf eigene Selbstverwirklichungschancen

Bejahung der Gleichheit und Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern

Betonung der eigenen Gesundheit

Hochschätzung einer ungefährdeten und bewahrten Natur

Skepsis gegenüber den Werten der Industrialisierung wie beispielsweise Gewinn, Wirtschaftswachstum, technischer Fortschritt

Abwendung von der Arbeit als einer Pflicht hin zum „Mittelzum-Zweck“-Charakter

Ordentlichkeit und Pünktlichkeit sind nicht mehr erstrebenswerte Tugenden

Familie und Partnerschaft sind wichtigste Lebensinhalte

Technikskepsis bis hin zur Technikfeindlichkeit

Verstärktes Kommunikations- und Geselligkeitsbedürfnis

Der Anspruch auf höhere Lebensqualität und Detailkritik am Arbeitsplatz nimmt zu

Bedeutungsgewinne und -verluste

Die Entwicklung der Freiheits- und Entfaltungswerte wie Selbstverwirklichung, Genuss und Erlebnis haben in der postmodernen Generation massiv an Bedeutung gewonnen. Tugenden wie Sparsamkeit, Bescheidenheit und Freundlichkeit fallen dem Wertewandel hingegen teilweise zum Opfer. Auf dem Weg in das 21. Jahrhundert wird die Freizeit zum eigentlichen Motor des gesellschaftlichen Wandels. Weitere Individualisierungsschübe durch Auflösung traditioneller industriegesellschaftlicher Lebensund Zeitformen sind in den nächsten Jahren zu erwarten.

Alte und neue Werte im Vergleich

Alte Werte Neue Werte
Selbstdisziplin Partizipation
Pflichterfüllung Selbstentfaltung
Ordnung Autonomie
Gehorsam Selbstverwirklichung
Fremdbestimmung Eigenverantwortung
Orientierung auf morgen Aufgehen im Heute
Ergebnisorientierung Erlebnisorientierung
Fortschrittsoptimismus Zukunftspessimismus
Naturnutzung Naturschonung
Haben (Karriere) Sein (Leben)
Christliche Religiosität Beliebige Spiritualität
Männlichkeitsbetonung Weiblichkeitsorientierung
Erst Arbeit, dann Vergnügen Vergnügen bei der Arbeit
Arbeit und Freizeit getrennt Arbeit und Freizeit vermengt

Individualisierung, aber sozial

Dieser Individualisierungsprozess wird sich weiter fortsetzen. Hier geht es jedoch um eine neue, sozial vermittelte Individualität. Werte wie zum Beispiel Freundschaft, Ehrlichkeit und Toleranz werden an Bedeutung gewinnen. Menschen werden sich in Interessen-Netzwerken organisieren, ehrenamtliches Engagement wird eine Renaissance erleben und zwischenmenschliche Kommunikation an Bedeutung gewinnen.

GABALs großer Methodenkoffer

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