Читать книгу Gewalt des Glaubens: Kampf um die Freiheit - Werner Diefenthal - Страница 28
ОглавлениеMünster, Januar 1534
Markus saß immer noch im Verlies. Die Warterei war das Schlimmste für ihn. In den letzten Wochen hatte man ihn mehrmals verhört und über die Stärke der Truppen, deren Standorte und Bewaffnung ausgefragt, aber allen dunklen Vorahnungen zum Trotz war er nicht gefoltert worden.
Der junge Soldat hatte nur das preisgegeben, was er sich gemeinsam mit Hauptmann von Waldow ausgedacht hatte. Dabei war er so nah an der Wahrheit geblieben, wie es möglich war, ohne zu viel zu verraten. Scheinbar gaben sie sich mit den Auskünften zufrieden.
Alleine die Art der Verhöre zeigte Markus, dass man nicht wirklich gut organisiert war in der Stadt. Er selber hätte keinen Moment Ruhe gegeben, bis ein Soldat der Gegenseite wirklich alles von sich gegeben hätte, angefangen von der Mannschaftsstärke bis hin zur Anzahl der Messer des Kochs und die Menge der vorhandenen Hufnägel.
Zwischendurch hatte man ihn zur Arbeit verdonnert. Zuerst hatte er Schweineställe ausgemistet, dann musste er Abfälle verbrennen. Dementsprechend roch er. Aber er war froh gewesen, für einige Stunden aus dem Dunkel des Verlieses entfliehen und sich verausgaben zu können. Seitdem lag er in den Nächten nicht mehr wach.
Die größte Überraschung war allerdings, dass Bernd Rothmann ihn persönlich befragt hatte. Dabei war es weniger um militärische Belange gegangen, sondern um Glaubensfragen. Markus hatte schnell begriffen, dass der Prediger herausfinden wollte, ob er sich wirklich taufen lassen wollte oder ob er es nur vorgab.
Dank der langen Gespräche, die er vorher noch mit Roland Braunshorn geführt hatte, war er gut vorbereitet und hatte die Hoffnung, die richtigen Antworten gegeben zu haben, doch sicher war er sich nicht. Es war möglich, dass man ihn durchschaut hatte und ihn am Ende doch an der Zinne aufknüpfen würde.
Als der Magistrat der Stadt im Dezember in einem verzweifelten Versuch, doch noch die Herrschaft in Münster zu behalten, die Täufer ausgewiesen hatte, wurde Markus im Verlies mehr oder weniger vergessen. Nur am Rande bekam er mit, wie sich die Bürger gegen diesen Entschluss zur Wehr setzten und sich die Täufer bereits nach kurzer Zeit mit einigem Blutvergießen den Weg zurück in die Stadt erkämpften.
Er schreckte auf, als sich die Tür öffnete. Einer der Wachsoldaten bedeutete ihm, dass er folgen sollte. Er wurde in einen Raum geführt, in dem ein Zuber mit dampfendem Wasser stand, auf einem Hocker lag saubere Kleidung.
»Du solltest dich baden, du stinkst zum Gott erbarmen«, grinste der Wachmann. »Aber komm nicht auf dumme Gedanken, ich beobachte dich. Wenn du fertig bist, kommt der Barbier und wird wieder einen Menschen aus dir machen.«
Markus nickte nur. Er zog sich aus und ließ sich unter lautem Stöhnen in den Zuber gleiten. Er tat so, als ob ihm alle Knochen wehtaten, damit man annahm, er wäre körperlich erschöpft. Langsam schrubbte er sich von Kopf bis Fuß, genoss das warme Wasser. Ein Blick aus dem Fenster zeigte ihm, dass der Himmel trüb und wolkenverhangen war. Im Anschluss daran wurden ihm die Haare geschnitten und der Bart gestutzt. Langsam fühlte er sich wieder etwas wohler in seiner Haut. Als er sich anzog, wunderte er sich über die Kleidung.
Eine weite, schwarze Hose, ein weißes Hemd, dazu ein paar Sandalen. Darüber wurde ein langes, weißes Gewand gestreift, das ihm fast bis zu den Knöcheln reichte. Es wurde ihm ein wenig unwohl.
»Ist das … ist das für meine Hinrichtung?«
Die Wache schüttelte lachend den Kopf.
»Dein Taufkleid, Bursche. Und jetzt komm, du wirst erwartet.«