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Tagebuchblatt aus der Sinaiwüste - Von Richard Euringer

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17. Juni 1916: Morgens fünf Uhr Postenschüsse. Startalarm. Drei feindliche Schiffe, zwei Flugzeuge vor El Arisch an der Küste gemeldet. Wir starten. Drei Besatzungen. Berthold und ich vertreiben Flugzeugmutterschiff durch dreizehn Zehnkilobomben und Maschinengewehrfeuer aus zuletzt fünfhundert Meter Höhe, bei starker Abwehr. Mittags sind alle drei Schiffe abgezogen, ohne Arisch bombardiert zu haben. Ein Hilfskreuzer, zwei Torpedoboote. Wir haben im ganzen einundzwanzig Bomben geworfen. Sämtliche Maschinengewehrgurte verschossen. Offenbar hatten die Schiffe Befehl, unter Leitung der Wasserflieger uns das Lager zusammenzuschießen. Sie kamen nicht so weit. Abends Ritt zum Mittelmeer. (Eine Stunde mit dem Gaul.) Herrlicher Abend. Bad unter Palmen.

18. Juni 1916: Wir haben uns so eingerichtet, dass jeder Pilot mit seinen Monteuren bei seiner Maschine im Flugzeugzelt schläft. Die Nacht war kalt. Nun glüht die Hitze. Es ist 7 Uhr 30 morgens. Mein Zelt, das südlichste der sechs, steht mit Front nach dem Gebirge, vor sich als Startplatz das trockene Flussbett. Links dämmen sich Flugsanddünen an. Der Seewind flappt durch die Flugzeltplanen. Es gibt ein Gefühl, als kühle die Zugluft. Die Leute haben das Zelt verlassen. Unterm Tragdeck meines Rumpler liege ich schamhaft nackt gereckt auf der Bahre meines Feldbettes. Eine der beiden Frühstartmaschinen fehlt noch. Die andere ist heil zurück. Der Wadi schläft. Die Wüste schweigt. Dösig, die Grünbrille auf der Nase, schleicht der Posten um die Zelte. Irgendwo summt es von Insekten. Irgendwo singt ein silberner Ton, vom Seewind verweht. Es wird die letzte Maschine sein. Es böet gehörig; die Höhe röhrt. Eine plötzliche Unruhe gibt meinem Ohr ein, über dem Gleitlaut der Flugzeugflächen singe die Höhe ihren Ton fort. Geblendet taumele ich heraus. Mannschaften starren über mein Zelt weg. Was macht er!??? Was soll das?!!— — Steil geneigt drückt er die Maschine nieder mitten in das Fliegerlager, reißt sie hoch — — Die Meldetasche, die er abwirft, nein, die Bombe sehe ich im Augenblick, da kreisrund feindlich als Zielscheibe die Ententekokarde aufkreischt! Dann platzt das Trommelfell. Wie Vom Erdboden rasiert, liegen Menschen auf dem Bauch. Es schießt vom Himmel! Das sind nicht wir, das sind die andern! Die Tommies! — Von Insekten kreist das Blau. Achtung! Bombe. Zwanzig Schritt vor meinen Augen donnert sie in Dittmars Zelt. Brand!! Das spreißelnde Scheitern der Maschine überkracht der nächste Schlag. Im Aufrauschen der Stichflamme gaukelt ein Bristol, flattert ab, während übers Mannschaftszelt plötzlich Sandfontänen steigen. Sprengstücke heulen um den Platz. Aus den Dünen wimmern Menschen. Ich kann nicht helfen; an Knien und Armen verbrüht vom Sand, den bloßen Nacken verbrannt von Sonne, umspritzt vom Feuer der Maschinengewehre, erwarte ich die nächste Bombe. Vor Bülows Zelt raucht ein Pflock, ein Blindgänger, oder was es sein mag. Da ich aufstürze, haut mich die nächste Bombe wieder platt auf das Gesicht. Warum schießen die Türken nicht!? Die Hänge liegen doch bekränzt von osmanischer Infanterie! An der Küste steht Artillerie! Sind sie denn alle ausgerissen? Gottlob, da pfeffern unsere Kerle!

Es muss sein — ich denke nichts mehr — sause in mein Flugzelt, stecke ein Bein durch die Lederhose — — Jacke um! — — Tropenhelm — — Karabiner — — Querschläger klinken an die Streben. — — Ich komme so weit nicht, wie ich will: Bülows Maschine welkt zum Skelett, gespenstisch, in aufgerissenen Planen. Ein verrückt gewordener Gaul wankt in die Startbahn, legt sich um, reckt die Stelzen aus dem Bauch. Unteroffizier Ande sprudelt Blut. Da er mir klagen will, was ihm weh tut, quillt ihm die Lunge aus dem Mund. — Dann schlage ich an. Es ist die Verzweiflung, was kreuz und quer von allen Seiten regellos über die Köpfe wegknallt. Der Platz geht unter. Das Lager ist hin. Unsere Maschinen, unsere Zelte. Schießt ihnen die Kühler ein! Rattert ihnen die Kolben ab! Sägt ihnen die Propeller durch! Funkt ihnen Feuer ins Benzin! Nieder mit dem Wespenschwarm! — Sandfontänen schütten uns zu. Ein blutender Flieger buddelt mich aus. Patronen!!

Das Aas von Tommy hält uns nieder. Achtung! — Bombe! — Die Scherben stieben. — Das galt meinem Zelt.

Aber da rast ein Gestell vom Himmel, stürzend wie ein Meteor. Im Augenblick, da ich anlege, schlägt mir einer den Lauf aus der Hand: dann ist es ein Rumpler, der gelandet, wahnsinnig mitten durch den Schwarm. Ich mag nicht hinsehen; sie schlagen ihn tot, mit Bomben, mit Zwanzigkilobomben, sie zertätschen ihn zu Brei. Oder es geschieht ein Wunder —

Das Wunder ist dies: als wolle er dem Rumpler aufhocken, taucht ein Bristol aus dem Geschwader, schmeißt nicht, schießt nicht, streckt die Flugbahn, angehagelt von Pistolen, Karabinern, schwebt aus, endlos, den Wadi entlang, der Küste zu,—— da knickt er herab.

Und da blättert auch der zweite, sackt herunter, mit lastendem Rumpf, schleift einen Ölschweif hinter sich her, hungert über El Arisch hin, sucht die See. Dem dritten laufen die Leute nach, über die Dünen. Der kommt nicht mehr heim. Eine Flamme schlägt zum Himmel.

Albert Mühlig-Hofmann Gunther Plüschow
Wilhelm Siegert Hugo Geyer
Josef Kissenberth Max Immelmann
Franz Schneider Friedrich Christiansen

Mein Tagebuch verzeichnet: 18. Juni 1916: Bombenangriff auf unsern Flugplatz El Arisch. Captain Tipton heruntergeholt und gefangen. Er war früher Zeppelinjäger in England, dann Flieger gegen die Senussis. Ein Bristol brennend in die Dünen. Ein Bristol in die See. Ertrunken. Angriff (sechs und drei Flugzeuge) dauerte von etwa acht bis neun Uhr fünfzehn morgens.

Fünfzig Bomben schätzungsweise. Aus Höhe dreißig bis fünfhundert Meter. Volltreffer: Zelt und Maschine Dittmar. Bülows Maschine restlos vernichtet. Pfalzeindecker stark beschädigt. Kahnts Rumpler: Motor durchschossen. Zwei Maschinengewehre unbrauchbar. — Pferde: zwei tot, vier verwundet. Eins entlaufen. — Vier Zelte durchsiebt. Kleidungsstücke vielfach zerrissen.

Mein guter Tropenwaffenrock. Um mein Zelt in rund hundert Meter Umkreis sieben Bomben eingeschlagen. Mehrfach durchlöchert. Maschine heil. — Unteroffizier Flugzeugführer Ande: Sprengstück in Lunge. Unteroffizier Flugzeugführer Kahnt: Rückenschuss. Drei Mann: große Fleischwunde an Schulter. Sprengstück Oberschenkel durchschlagen. Starke Fleischwunde an Gefäß, Brust, Hand. Starke Fleischwunde Oberarm und Unterarm. Verletzungen am Oberschenkel. Platz übersät mit Sprengstücken. — Captain Tipton, Chef des Angriffsgeschwaders, sagt aus: „We were told to stop you.“ („Wir hatten Befehl, euch das Handwerk zu legen.“) — Wir traktierten ihn mit Whisky.

Abends waren wir wieder so weit, dass wir — drei Maschinen stark — Port Said mit Gegenbesuch beehrten.

Am 28. Juni mittags 12 Uhr 22 kam unser Junker mit dem englischen Heeresbericht vom 22. Juni 1916.

Wortlaut: „Gestern warfen elf Flugzeuge Bomben auf den neuen Flugplatz südlich Arisch. Zwei außerhalb des Platzes befindliche Flugzeuge wurden vernichtet. Ein Flugzeugführer und mehrere Maschinisten getötet. Von den zehn Flugzeugzelten des Feindes brannten zwei vollständig nieder. Durch vier auf die Zelte geworfene Bomben wurden mindestens fünf Flugzeuge kampfunfähig gemacht. Die Flieger machten auf das Lager des Feindes einen Angriff mit Bomben und Maschinengewehrfeuer und warfen sechsundsiebenzig Bomben ab. Wir verloren drei Flugzeuge.“

Flieger am Feind

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