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Erste Bomben auf Dünkirchen - Von Wilhelm Siegert

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„as ist die Mehrheit? Mehrheit ist der Unsinn! Verstand ist stets bei Wen’gen nur gewesen!“

Als ich in Metz in den Monaten Februar und April l913 mit der Ausbildung von Nachtflügen begann, wackelten verschiedene Köpfe. Es ging dabei viel besser, als man hatte zu glauben wagen können. Kein ernster Unfall trat ein. Die vorurteilsvollen Gespenster und gespensterischen Vorurteile verflüchtigten sich unter Zurücklassung des üblichen Gestankes, als wir ihnen zu Leibe rückten. Trotzdem mussten erst die Ausschreibungen der Nationalflugspende die nicht befehlsmäßig erfassbare Fliegerwelt zu neuen Nachtflügen ermuntern. Aber auch da ließen nur Einzelpersönlichkeiten sich von Überzeugung und Ehrgeiz treiben.

So war denn mein Plan, bei Nacht Bombenflüge im Geschwader zu unternehmen, prädestiniert zu dem Urteil, das schon 1913 mein eigener Adjutant in einer Denkschrift über Nachtflüge niedergelegt hatte: „Geradezu frevelhaft!“ Denn immerhin schrieben wir erst den Winter 1914/15. Aber ich ließ nicht locker, denn umsonst hatte ich doch nicht das „Fliegerkorps der Obersten Heeresleitung“ unter dem sinnigen Namen „Brieftauben-Abteilung 0“ in die Hände gedrückt bekommen. Man stelle sich vor: 36 Flugzeuge mit je 100 PS, fabelhaft bewaffnet mit Seitengewehren, Selbstladepistolen und Schnellfeuerflinten, die aus einem Museum „besorgt“ worden waren! Was tat’s, dass man drüben längst Maschinengewehre hatte! Kapitän solch einer Streitmacht zu sein, verpflichtet, und ich wusste wirklich, dass mein stolzes Kollegium Haare auf den Zähnen hatte. Also zitterten wir eines Nachts Ende Januar 1915 los. Vierzehn Flugzeuge, vom gitterschwänzigen Archäopterix der bayerischen „Hiasln“ bis zur schnittigen Albatros B I und der alten guten Tante Aviatik. Dazu leichte Bewölkung und schneidender, böiger Wind. Hempel flog mich unvollkommen befingerten Chef auf stolzer Aviatik. Ostende hatte ein Leuchtfeuer nach oben gestellt; dann ging’s ein paar Kilometer über See, bei fünfundzwanzig Grad Kälte in kriegmäßiger Höhe von eintausendeinhundert Metern. Der Mond beschien die Brandung der Nordsee. Dahinter fuchtelten Scheinwerfer, spielten Leuchtkugeln aller Farben Ball, flammten Mündungsfeuer auf, brannten Gehöfte und Fabriken. Unsere Sternsignale: „Nicht schießen!“ tropften herab, Sprengpunkt um Sprengpunkt der englischen Flugabwehr kam herauf, so dass man jedes Mal das Zifferblatt der Höhenmesser und Tourenzähler ablesen konnte. Das Strahlen- und Flammengewirr machte neuesten Kunstrichtungen alle Ehre. Und dazu hörte man das Knacken von Granaten, deren Brüllen das Toben des Motors Gott sei Dank überschrie. Zauberflötendekoration, bei der der Funkenflug unter uns stampfender Kriegsschiffe nicht fehlte und manchmal auch das Aufglühen eines Auspufftopfes eines unserer Flugzeuge. Ohne Positionslichter nachtwandelten wir vertrauend auf Wahrscheinlichkeitsgesetze. Bis strahlend wie eine Geburtstagstorte die Festung Dünkirchen vor uns lag, um die man ebenso sinnig wie unzweckmäßig Scheinwerfer im Kranze aufgebaut hatte.

Und so gerieten wir denn in die richtige Festesstimmung und landeten unsere einhundertdreiundzwanzig Bomben in diesen lichtumrahmten schwarzen Trichter, wo jeder Aufschlag als Blitz und Treffer säuberlich erkennbar war. Wir sahen uns nicht und flogen nachtwandlerisch unter-, über- und nebeneinander, aber des Kindes Engel lenkte alle Bomben um uns herum. Dann ging’s mit Kompass, denn Wolken kamen in rauen Mengen, heim, um mit Liebe die Geschoßnarben zu verkleben, die uns wohl hauptsächlich das heiße Interesse eigener Truppen beigebracht hatte. Natürlich hatten wir nur „Greise, Frauen und Kinder“ getroffen, wie sich das immer für die „feigen Überfälle fliegender Boches“ auf all die „harmlosen Städte“ unserer lieben Nachbarn im ganzen Orlog geziemte. Nur eigenartig, dass man dann für Racheschießen so viel Pulver verschwendete. Zumal wir längst die „offene Stadt Verdun“ mit unseren nächtlichen Besuchen beehrten, als unser harmloser Platz in Ghistelles beaast wurde, an dem nur einige ausgediente Waggons standen, an Stelle unseres .schönen Schlafwagenzuges.

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