Читать книгу Die Kunst vom Wahn- und Wahrsagen - Wiebke Friese - Страница 13
Der Ruf des Phoebus Das Orakel von Delphi und die Weissagungen der Pythia
Оглавление„Der Herr, dem das Orakel von Delphi gehört, sagt nicht und verbirgt nicht, er deutet an“ (Plut. 21,404b), erklärte der Apollonpriester und Schriftsteller Plutarch im Jahre 95 n. Chr. einem Freund bei einem Rundgang durch das delphische Heiligtum. Erst kurz zuvor war er über das Parnassgebirge aus dem etwa 45 km westlich gelegenen Charoneia angereist, wo er 50 Jahren zuvor geboren worden war und wo er immer noch mit seiner Frau und seinen zwei Söhnen lebte. Für die kommenden 30 Jahre sollte er nun als einer der beiden Hauptpriester seinen Dienst in einem der berühmtesten Orakel der Welt verrichten. Der Blick, der sich dem Schriftsteller dabei von seiner Wirkungsstätte, dem Tempel des Apollon, aus bot, war sicherlich nicht weniger beeindruckend als heute. Über mehrere Terrassen schmiegt sich das Heiligtum auf etwa 550 m Höhe an den steilen Hang über der Pleistosebene mit ihren weiten Olivenhainen und fruchtbaren Weiden (Abb. 3). In der Ferne sieht man auch heute noch den Hafen von Itea und dahinter die spiegelnde Weite des Golfs von Korinth. Wie aber können wir uns Plutarchs priesterliche Wirkungsstätte zu seiner Zeit vorstellen?